Luxemburg . Ein Wirtschaftsprüfer und ein Buchhalter hatten fragwürdige Steuerdeals enthüllt. Nun sind sie zu Bewährungsstrafen verurteilt worden.

Im „Luxleaks“-Prozess sind die beiden Enthüller fragwürdiger Steuerdeals internationaler Konzerne mit den Luxemburger Finanzbehörden zu Bewährungsstrafen verurteilt worden. Ein dritter Angeklagter, ein Journalist, wurde am Mittwoch vom Bezirksgericht Luxemburg freigesprochen. Die beiden Enthüller (Whistleblower), die für die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) gearbeitet hatten, kündigten Berufung an.

Die Enthüllungen aus den Jahren 2012 und 2014 über die Steuerdeals mit großen Konzernen, die in einigen Fällen in Luxemburg nicht einmal ein Prozent ihres Gewinns als Steuer zahlen mussten, hatten in der Europäischen Union zu eine Debatte über mehr Transparenz geführt. Auch andere Staaten, vor allem Irland und die Niederlande, hatten sich jahrelang in einer Art „Steuerwettbewerb“ mit Luxemburg befunden.

Strengere Regeln für Offenlegung von Steuervereinbarungen

Die „Luxleaks“-Enthüllungen hatten dazu beigetragen, dass in der EU strengere Regeln für die Offenlegung bestehender Steuervereinbarungen beschlossen wurden. Der Hauptangeklagte Antoine Deltour (30), der vor seinem Ausscheiden bei PwC rund 45.000 Seiten Dokumente über Steuervorbescheide („Tax Rulings“) großer Konzerne kopiert hatte, wurde zu zwölf Monaten Haft auf Bewährung und einer Geldbuße von 1500 Euro verurteilt. Sein Buchhalter-Kollege Raphaël H. (39) bekam eine Bewährungsstrafe von neun Monaten und eine Geldbuße von 1000 Euro. Beide müssen außerdem gemeinsam einen Euro als symbolischen Schadenersatz an PwC zahlen.

Der französische Journalist Edouard Perrin (43), der über die Steuerarrangements mit internationalen Konzernen wie Ikea oder McDonalds berichtet hatte, wurde vom Vorwurf der Anstiftung zum Diebstahl freigesprochen. „Das ist eine Warnung an die Whistleblower“, sagte Deltour beim Verlassen des Gerichtssaals.

„Urteil ist ein Skandal“

Raphaël H. sagte, das Gericht habe zwar grundsätzlich eingeräumt, es mit Hinweisgebern und nicht mit einfachen Kriminellen zu tun zu haben, sei aber dennoch zu einer Verurteilung gelangt. „Ich werde dagegen kämpfen, notfalls jahrelang und bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.“

Kritik kam auch von Politikern. „Das Urteil ist ein Skandal“, sagte der SPD-Europaabgeordnete Peter Simon. Wer auf einen offensichtlichen Missstand aufmerksam mache, werde „für eine Zivilcourage bestraft und an den Pranger gestellt“. „Dieser Mut hätte belohnt und nicht bestraft werden müssen“, erklärte der FDP-Europaabgeordnete Michael Theurer. Als „zutiefst bedauerlich“ kritisierten die Grünen im Europaparlament das Urteil. Kritik kam auch von Journalisten-Verbänden. (dpa)