Rio de Janeiro. Eine Drogenbande befreite um sich schießend einen Anführer aus einer Klinik in Rio. Die Polizei war gewarnt – reagierte aber nicht.

Blutige Befreiungsaktion im Krankenhaus: In Rio de Janeiro hat eine Gruppe schwerbewaffneter Männer einen mutmaßlichen Drogenboss aus einer Klinik befreit. Dabei wurde ein Patient getötet, ein Polizist und ein Krankenpfleger wurden verletzt. Brasilianische Medien berichten, dass bis zu 25 Bewaffnete in das Hospital Municipal Souza Aguiar eindrangen, um Nicolas Labre Pereira de Jesus zu befreien. Das Krankenhaus in der Nähe des Maracana-Stadions ist eines von fünf Krankenhäusern in Rio für die eventuelle Behandlung von Olympia-Touristen.

Der auch „Fat Family“ genannte 28-jährige Kriminelle war vor rund einer Woche in das Krankenhaus eingeliefert worden. Bei einem Feuergefecht mit der Polizei war er im Gesicht verletzt worden. „Fat Family“ ist den Behörden zufolge der Bruder des Drogenbarons Marco Antonio Pereira Firmino da Silva aus Sao Paolo und war erst Ende April aus dem Gefängnis entlassen worden.

Angreifer zündeten drei Granaten

Augenzeugen berichteten laut lokalen Medien, dass das Befreiungskommando mit fünf Autos und vier Motorrädern vorgefahren sei. Danach hätten die Angreifer sich in zwei Gruppen aufgeteilt. Die eine bewachte die Rezeption des Krankenhauses, die andere stürmte in den sechsten Stock des Gebäudes, um den Drogenboss zu befreien. Die Kriminellen hatten zu Beginn des Einsatzes drei Granaten gezündet, meldet die Zeitung „O Dia“ . Ein Foto zeigt ein völlig durchlöchertes Auto. Bei Feuergefechten wurden drei Personen verletzt – ein Patient, ein Pfleger und ein Polizist. Der Patient erlag im Laufe des Sonntags den Verletzungen. Ein Querschläger hatte ihn getroffen.

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Wie die Polizei am Sonntag mitteilt, konnten zwei der mutmaßlichen Befreier anhand von Aufzeichnungen der Überwachungskameras identifiziert werden. Nach ihnen wird zurzeit gefahndet, eine hohe Belohnung wurde ausgesetzt. Offenbar hatte „Fat Family“ Besuch empfangen können, der die Gegebenheiten für eine Flucht in aller Ruhe ausspähen konnte.

Polizei hatte Hinweise auf Befreiung

Die Polizei hat inzwischen einen Bericht der Internetseite veja.com bestätigt, dass sie Hinweise auf die bevorstehende Befreiung hatte. Veja hatte gemeldet, dass die Polizei seit Donnerstag von entsprechenden Plänen gewusst, aber die Sicherheitsvorkehrungen nicht verstärkt habe. Vor der Presse wies das allerdings Colonal Luiz Henrique Pires zurück.

Der Sprecher der Militärpolizei sagte, die Polizei habe Schritte unternommen. Es sei jedoch unmöglich, nach jedem Hinweis 30 oder 40 zusätzliche Polizisten bereitzustellen. Zudem kritisierte er, dass die meisten Krankenhäuser Rios nicht ausreichend für die Behandlung von Polizeigefangenen ausgestattet seien. Das sei jedoch kein neues Problem, ähnliche Vorfälle habe es bereits vorher gegeben, so Pires. Für Hinweise zur Ergreifung sind umgerechnet rund 800 Euro ausgesetzt.

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Das Krankenhaus Aguiar war im Vorfeld der Olympischen Spiele, die im August ausgetragen werden, modernisiert worden. Es ist eines von fünf Krankenhäusern in Rio, die man ausgewählt hatte, um dort Touristen während der Spiele zu behandeln. Es liegt in der Nähe des Maracana-Stadions. Außerdem steht es auf einer Empfehlungsliste der US-Botschaft für amerikanische Olympia-Touristen.

Erst am vergangenen Freitag hatte Gouverneur Francisco Dornelles für den Bundesstaat Rio de Janeiro den Notstand angerufen. Exakt 50 Tage vor Beginn der Olympischen Spiele setzte er damit der Bundesregierung in Brasilia die Pistole auf die Brust, forderte finanziellen Hilfe, da sonst grundlegende Aufgaben, darunter die öffentliche Sicherheit, nicht mehr zu gewährleisten seien. Noch am Wochenende hatte Interimspräsident Michel Temer 850 Millionen US-Dollar an Unterstützung zugesichert. Den finanziellen Engpass erklärt der Gouverneur mit der allgemein schlechten wirtschaftlichen Lage in Brasilien und rückläufigen Öllizenzgebühren.