München. Michael Praetorius zündete seine Fahrkarte an und bescherte der Münchner S-Bahn einen Shitstorm. Nun haben sich die Chefs erklärt.

Soviel immerhin hat Michael Praetorius mit seiner medienwirksamen Fahrkartenverbrennung erreicht: Die Kontrolleure der Münchner S-Bahn sollen künftig besser für Konfliktsituationen geschult werden. Und eine persönliche Entschuldigung von den Chefs der Münchner S-Bahn gab es bei einem Treffen am Sonntag auch noch. Mehr hatte der Münchner Publizist und Medienberater auch nicht erwartet: „Die Bahn ist ja bekanntlich sehr Shitstorm-resistent, darum waren meine Erwartungen an das Treffen auch sehr gedämpft“, sagte Praetorius unserer Redaktion.

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Vor gut drei Wochen war Praetorius Zeuge geworden, wie ein Fahrkartenkontrolleur in der S-Bahn vom Münchner Flughafen in die Stadt eine junge Chinesin zur Polizei schleppte, weil diese ihre Fahrkarte nicht abgestempelt hatte. Die Frau sprach kein Deutsch, verstand nicht, was der ruppige Bayer von ihr wollte und brach in Tränen aus, als dieser ihr vor versammeltem Publikum den Ausweis einzog und sie quasi abführte. Praetorius stieg damals mit aus, hob bei nächster Gelegenheit die 60 Euro Bußgeld ab und ersparte der Frau so weiteren Ärger.

Kontrolleure haben keinen Spielraum

Seinem eigenen Ärger machte Praetorius anschließend in einem Video Luft, das er bei Facebook postete. Darin berichtet er von der Bahn-Episode, zündet sein Monatsticket an und kündigt einen Boykott der Münchner S-Bahn an. Das Video stieß auf viel Resonanz, wurde bei Facebook knapp 700.000 Mal angeklickt (Stand: 20. Juni) und löste einen veritablen Shitstorm aus. Die Bahnverantwortlichen versuchten die Sache am Telefon zu klären, darauf ließ sich Medienprofi Praetorius aber nicht ein. Aus der gemeinsamen S-Bahnfahrt mit Rüdiger Grube, dem Chef der Deutschen Bahn, wurde zwar nichts. Aber zwei andere hohe Tiere hat Praetorius immerhin treffen können – und wieder lief die Kamera.

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„Der Knackpunkt ist, dass die Kontrolleure überhaupt keinen Ermessensspielraum haben und daran wird sich auch nichts ändern“, so Praetorius nach dem Treffen zu unserer Redaktion. „Statt Kulanz zu zeigen, sollen sie die Leute an die Beschwerdestelle verweisen.“ Auch das unübersichtliche Tarifsystem und das Abstempeln wird den Fahrgästen erhalten bleiben.

Bahn vergibt große Chance

Immerhin entschuldigten sich Norbert Specht vom Münchner Verkehrs- und Tarifverband und Franz Lindemair von der Deutschen Bahn für das Verhalten des Kontrolleurs. Dieser habe seine Kompetenzen überschritten, Kontrolleure dürften weder Pässe abnehmen noch Leute zur Polizei bringen. Auch habe der Mann sich nicht ausgewiesen und nicht auf die Beschwerdestelle der Bahn hingewiesen.

Für Praetorius vergibt die Bahn bei dieser Gelegenheit eine große Chance: „Bei diesem Shitstorm kamen auch so viele tolle Vorschläge und Ideen von den Nutzern, aber ich glaube, da prallen zwei Welten aufeinander.“ Das Problem der Bahn sei strukturell: „Bei der Bahn ist immer jemand anders zuständig, immer hat jemand anders die Schuld. Ich glaube, daran könnte selbst Bahnchef Grube nichts ändern.“

Boykott ist beendet

Seinen Streit mit dem Unternehmen will Praetorius trotzdem beilegen – und wieder die S-Bahn benutzen. „Man kommt an den öffentlichen Verkehrsmitteln auch nicht vorbei“, sagt er. Er sehe sich selbst auch nicht als großer Bahn-Revolutionär, aber kritischen Auges Bahn fahren wird er weiterhin – und helfen, wenn jemand Hilfe braucht.

Zu der Frau aus der S-Bahn hat Praetorius keinen Kontakt. „Ich wollte sie nicht in die Medien ziehen, aber die Bahn hätte ihr gerne einen Blumenstrauß geschenkt.“