Addis Abeba. In Äthiopien herrscht die schlimmste Dürre seit Jahrzehnten. Unterstützung kommt unter anderem von der Schauspielerin Natalia Wörner.

Der Ort, den sich Natalia Wörner für die Begegnung mit den Kindern ausgesucht hat, ist heiß und liegt in der Wüste. Eine holprige Schotterpiste führt von der Straße aus links hinein in das staubige Grau der Afar-Region im Nordosten Äthiopiens. 45 Grad, kein Schatten.

Mitten im Nichts, zwischen ein paar Kamelen und kleinen, runden Hütten, einem braun-schlammigen Tümpel und verdorrten Büschen steht ein weißes Zelt, ein einfaches Gerüst, bespannt mit luftdurchlässiger Plane. Die Kindernothilfe hat es gekauft. Es ist die mobile Schule des Nomaden-Clans, der hier seit einigen Wochen lebt. Wenn der Tümpel ausgetrocknet ist, ziehen sie weiter, das Schulzelt kommt dann mit.

Staunende Kinderaugen schauen Natalia Wörner an

Natalia Wörner, seit 2006 Botschafterin der Kindernothilfe, hat ihre Flip Flops vor dem Zelt ausgezogen und sich innen auf den Boden gesetzt. Auf die bunten Plastikstühlen in Rosa, Grün und Blau passen nur die Kinder. Hier ist die 49-Jährige nicht Schauspielerin und auch nicht die neue Freundin des deutschen Bundesjustizministers Heiko Maas, sondern die große Frau mit der hellen Haut, die von den Kindern mit großen, mal staunenden, mal ein bisschen ängstlichen Augen angestarrt wird.

Wörner, die durch Rollen in Filmen wie „Die Säulen der Erde“ (2010) und „Die Kirche bleibt im Dorf“ (2012) bekannt wurde und aktuell in der TV-Reihe „Die Diplomatin“ zu sehen ist, besucht eines der Projekte der Kindernothilfe, die sie unterstützt. Hören, was die Menschen beschäftigt. Fragen, was sie brauchen. „Es ist ein riesiger Unterschied, ob ich von den Projekten höre oder selbst dort bin“, sagt sie. Deshalb sitzt die Schauspielerin bei dieser Hitze in einem langen Kleid, ein Tuch auf dem Kopf, auf dem staubigen Boden in der äthiopischen Wüste und hört zu.

Hilfe für die Kinder in Äthiopien

Ein Zelt als Schule: Ein Mitglied des Nomaden-Clans in der Afar-Wüste hat sich zum Lehrer ausbilden lassen und unterrichtet die Kinder vormittags für einige Stunden.
Ein Zelt als Schule: Ein Mitglied des Nomaden-Clans in der Afar-Wüste hat sich zum Lehrer ausbilden lassen und unterrichtet die Kinder vormittags für einige Stunden. © Steffi Dobmeier | Steffi Dobmeier
Die deutsche Schauspielerin Natalia Wörner besucht eine Unterrichtsstunde. Die Kinder sitzen auf bunten Plastikstühlen, wenn es nicht reicht, setzen sie sich auf den Boden.
Die deutsche Schauspielerin Natalia Wörner besucht eine Unterrichtsstunde. Die Kinder sitzen auf bunten Plastikstühlen, wenn es nicht reicht, setzen sie sich auf den Boden. © Frank Rothe | Frank Rothe
Am liebsten lesen die Kinder. Egal ob Buchstaben des äthiopischen Alphabets, Zahlen oder Tiernamen.
Am liebsten lesen die Kinder. Egal ob Buchstaben des äthiopischen Alphabets, Zahlen oder Tiernamen. © Frank Rothe | Frank Rothe
Besonders stolz sind sie, wenn sie endlich ihren Namen schreiben können.
Besonders stolz sind sie, wenn sie endlich ihren Namen schreiben können. © Frank Rothe | Frank Rothe
Jeden Vormittag treffen sich die etwa 35 Kinder in dem Zelt, das die Kindernothilfe gekauft hat. Wenn die Jungen und Mädchen zu unruhig werden, dann wird gesungen und getanzt.
Jeden Vormittag treffen sich die etwa 35 Kinder in dem Zelt, das die Kindernothilfe gekauft hat. Wenn die Jungen und Mädchen zu unruhig werden, dann wird gesungen und getanzt. © Frank Rothe | Frank Rothe
Einige Schüler hat Lehrer Abdu Mohammed Ali schon angesteckt. Aisha (11) sagt, sie möchte später auch Lehrerin werden.
Einige Schüler hat Lehrer Abdu Mohammed Ali schon angesteckt. Aisha (11) sagt, sie möchte später auch Lehrerin werden. © Steffi Dobmeier | Steffi Dobmeier
Das Zelt ist mit einer luftdurchlässigen Plane bespannt. Draußen ist es mehr als 45 Grad heiß, im Schulzelt erstaunlich kühl.
Das Zelt ist mit einer luftdurchlässigen Plane bespannt. Draußen ist es mehr als 45 Grad heiß, im Schulzelt erstaunlich kühl. © Frank Rothe | Frank Rothe
Außer dem weißen Schulzelt und den kleinen Hütten – Aris genannt – gibt es in der Afar-Wüste an der Grenze zu Djibouti nicht viel.
Außer dem weißen Schulzelt und den kleinen Hütten – Aris genannt – gibt es in der Afar-Wüste an der Grenze zu Djibouti nicht viel. © Frank Rothe | Frank Rothe
In Äthiopien gibt es immer wieder schlimme Trockenphasen, in den vergangenen 30 Jahren acht Mal. Das Wetterphänomen El Niño hat die Lage verschlimmert.  So gravierend wie derzeit war die Dürre seit den achtziger Jahren nicht mehr.
In Äthiopien gibt es immer wieder schlimme Trockenphasen, in den vergangenen 30 Jahren acht Mal. Das Wetterphänomen El Niño hat die Lage verschlimmert. So gravierend wie derzeit war die Dürre seit den achtziger Jahren nicht mehr. © Steffi Dobmeier
Die Nomaden sind an das unwegsame Gelände und auch an die Hitze gewöhnt. Die Nahrungsmittelknappheit und die Dürre treffen sie dennoch besonders hart.
Die Nomaden sind an das unwegsame Gelände und auch an die Hitze gewöhnt. Die Nahrungsmittelknappheit und die Dürre treffen sie dennoch besonders hart. © Steffi Dobmeier
Der Clan der Nomaden lebt seit Jahrhunderten in der Wüste im Nordosten Äthiopiens. Die Frauen, die oft mehr als fünf Kinder haben, sind für Essen und Erziehung zuständig.
Der Clan der Nomaden lebt seit Jahrhunderten in der Wüste im Nordosten Äthiopiens. Die Frauen, die oft mehr als fünf Kinder haben, sind für Essen und Erziehung zuständig. © Frank Rothe | Frank Rothe
Die Kindernothilfe unterstützt die Nomaden zusammen mit lokalen Partnerorganisationen mit regelmäßigen Lebensmittellieferungen. Helfer bringen Säcke mit Mais und Wasserkanister in die Wüste, manchmal werden auch Ziegen verteilt.
Die Kindernothilfe unterstützt die Nomaden zusammen mit lokalen Partnerorganisationen mit regelmäßigen Lebensmittellieferungen. Helfer bringen Säcke mit Mais und Wasserkanister in die Wüste, manchmal werden auch Ziegen verteilt. © Frank Rothe | Frank Rothe
Weil die Ziegen unterschiedlich groß sind, werden sie unter den Nomadenfamilien verlost. Natalia Wörner hat dabei geholfen. Vor allem...
Weil die Ziegen unterschiedlich groß sind, werden sie unter den Nomadenfamilien verlost. Natalia Wörner hat dabei geholfen. Vor allem... © Frank Rothe | Frank Rothe
... die Kinder freuen sich über die Tiere. Sie beginnen sofort damit...
... die Kinder freuen sich über die Tiere. Sie beginnen sofort damit... © Frank Rothe | Frank Rothe
.. die Ziegen an Leinen zu binden und mit ihnen herumzutollen.
.. die Ziegen an Leinen zu binden und mit ihnen herumzutollen. © Frank Rothe | Frank Rothe
Der schlammige Tümpel ist die einzige Wasserquelle in der Nähe. Tiere und Menschen trinken daraus, die Nomaden nutzen das Wasser auch, um sich zu waschen.
Der schlammige Tümpel ist die einzige Wasserquelle in der Nähe. Tiere und Menschen trinken daraus, die Nomaden nutzen das Wasser auch, um sich zu waschen. © Frank Rothe | Frank Rothe
Mit der kleinen blauen Kanne holt ein Junge Wasser aus dem Tümpel zum Kochen.
Mit der kleinen blauen Kanne holt ein Junge Wasser aus dem Tümpel zum Kochen. © Frank Rothe | Frank Rothe
Die Schwankungen des Wetters haben zu einer schlimmen Nahrungsmittelknappheit in Teilen des Landes geführt. Besonders betroffen sind die Nomaden, die schon seit Jahrhunderten von der Viehzucht leben. Ohne Gras und Wasser können die Ziegen keine Milche geben – und die Kinder haben nichts zu essen.
Die Schwankungen des Wetters haben zu einer schlimmen Nahrungsmittelknappheit in Teilen des Landes geführt. Besonders betroffen sind die Nomaden, die schon seit Jahrhunderten von der Viehzucht leben. Ohne Gras und Wasser können die Ziegen keine Milche geben – und die Kinder haben nichts zu essen. © Frank Rothe | Frank Rothe
„Bald müssen wir wieder weiterziehen“, sagt Mohammed, der Chef des Nomaden-Clans. Das Wasser im Tümpel wird immer weniger.
„Bald müssen wir wieder weiterziehen“, sagt Mohammed, der Chef des Nomaden-Clans. Das Wasser im Tümpel wird immer weniger. © Frank Rothe | Frank Rothe
Im Schnitt ziehen die Nomaden drei Mal im Jahr weiter. Sie nehmen ihre Zelte und auch die Schule mit.
Im Schnitt ziehen die Nomaden drei Mal im Jahr weiter. Sie nehmen ihre Zelte und auch die Schule mit. © Steffi Dobmeier
Unterstützung kommt von der Kindernothilfe auch für ein anderes Projekt. In Martula Mariam, einige Stunden nördlich der Hauptstadt Addis Abeba, verteilen lokale Partnerorganisationen Essen in einer Schule.
Unterstützung kommt von der Kindernothilfe auch für ein anderes Projekt. In Martula Mariam, einige Stunden nördlich der Hauptstadt Addis Abeba, verteilen lokale Partnerorganisationen Essen in einer Schule. © Frank Rothe | Frank Rothe
Früher kamen von den 630 Schülerinnen und Schülern etwa 400 nicht regelmäßig zum Unterricht. Sie mussten zu Hause mithelfen, für Essen sorgen oder waren ohne Nahrung schlicht zu schwach für den teils langen Weg zur Schule.
Früher kamen von den 630 Schülerinnen und Schülern etwa 400 nicht regelmäßig zum Unterricht. Sie mussten zu Hause mithelfen, für Essen sorgen oder waren ohne Nahrung schlicht zu schwach für den teils langen Weg zur Schule. © Frank Rothe | Frank Rothe
Das Projekt gibt es erst seit wenigen Wochen. Der gesamte Schulbezirk ist von der Dürre betroffen.
Das Projekt gibt es erst seit wenigen Wochen. Der gesamte Schulbezirk ist von der Dürre betroffen. © Steffi Dobmeier
Inzwischen kommen wieder fast alle Kinder zum Unterricht. Für viele ist das Essen – entweder frisches Brot oder Reis, von sechs Müttern morgens gebacken und gekocht  – die einzige Mahlzeit am Tag.
Inzwischen kommen wieder fast alle Kinder zum Unterricht. Für viele ist das Essen – entweder frisches Brot oder Reis, von sechs Müttern morgens gebacken und gekocht – die einzige Mahlzeit am Tag. © Frank Rothe | Frank Rothe
Auf dem Schulgelände wurde ein Brunnen gebohrt. Mit dem Grundwasser, das aus großen gelben Kanistern kommt, ...
Auf dem Schulgelände wurde ein Brunnen gebohrt. Mit dem Grundwasser, das aus großen gelben Kanistern kommt, ... © Steffi Dobmeier
... waschen sich die Schülerinnern und Schüler vor und nach dem Essen die Hände.
... waschen sich die Schülerinnern und Schüler vor und nach dem Essen die Hände. © Frank Rothe | Frank Rothe
In der Gegend gibt es inzwischen mehrere Brunnen. Traditionell sind die Frauen dafür zuständig, Wasser für die Familien zu besorgen. Schon junge Mädchen schleppen die schweren Kanister kilometerweit nach Hause.
In der Gegend gibt es inzwischen mehrere Brunnen. Traditionell sind die Frauen dafür zuständig, Wasser für die Familien zu besorgen. Schon junge Mädchen schleppen die schweren Kanister kilometerweit nach Hause. © Frank Rothe | Frank Rothe
Die Familien in Martula Mariam arbeiten vor allem als Bauern, so wie der 66-jährige Lule Mekonnen. „Die Ernte wird immer weniger“, sagt er. Seit mehreren Monaten bekommt er Unterstützung von der Regierung. 15 Kilogramm Mais pro Familie. „Aber das reicht nicht.“
Die Familien in Martula Mariam arbeiten vor allem als Bauern, so wie der 66-jährige Lule Mekonnen. „Die Ernte wird immer weniger“, sagt er. Seit mehreren Monaten bekommt er Unterstützung von der Regierung. 15 Kilogramm Mais pro Familie. „Aber das reicht nicht.“ © Frank Rothe | Frank Rothe
Die Bauern in der Gegend säen spezielle hitzeresistente Saat aus. Mais, Gerste, Weizen. Sie haben eine Schulung bekommen, wie sie ihre Landwirtschaft nachhaltig gestalten können.
Die Bauern in der Gegend säen spezielle hitzeresistente Saat aus. Mais, Gerste, Weizen. Sie haben eine Schulung bekommen, wie sie ihre Landwirtschaft nachhaltig gestalten können. © Frank Rothe | Frank Rothe
Die Kinder der Familie helfen mit. Natalia Wörner hat ihnen bei der Arbeit über die Schulter geschaut.
Die Kinder der Familie helfen mit. Natalia Wörner hat ihnen bei der Arbeit über die Schulter geschaut. © Frank Rothe | Frank Rothe
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Aisha steht an einer Seite des Zeltes. Die Elfjährige liest Buchstaben vor, die auf ein Stück Stoff gedruckt an der Wand hängen. Das äthiopische Alphabet. Als sie fertig ist, klatschen die anderen Kinder, es sind etwa 35, und Aisha lächelt ein bisschen stolz. Taye, acht Jahre alt, ist aufgestanden und zu einem anderen Stück Stoff an der Zeltwand gegangen. Darauf: Tiere. Der Junge liest vor, die Klasse spricht im Chor nach. „Reyta“ – Ziege. „Aguru“ – Stier. Natalia Wörner hat mit ihrem Smartphone Fotos und Videos gemacht. Aisha kichert und hält sich verschämt die Hand vor den Mund, als sie sich auf dem Display erkennt. Die meisten der Kinder haben sich noch nie auf einem Bild gesehen.

Die äthiopische Regierung blockiert Hilfe von außen

Natalia Wörner weiß, dass sie mit ihrer Bekanntheit helfen kann, den Blick auf die humanitäre Situation in Katastrophengebieten zu lenken. Das nutzen sie und die Organisation gleichermaßen. Für ihr Engagement hat ihr Bundespräsident Joachim Gauck erst diesen März das Bundesverdienstkreuz verliehen.

Die Schauspielerin war unter anderem in Russland und Kenia, in Indonesien und im Libanon. Sie hat traumatisierte und missbrauchte Kinder besucht, HIV-infizierte Kinder und solche, die auf der Straße leben. Hier in Äthiopien sind es Mädchen und Jungen, die kaum Schulbildung, nichts zu essen und vor allem nichts zu trinken haben. In dem afrikanischen Land, das zu den ärmsten der Welt zählt, gibt es alle paar Jahre schlimme Dürrephasen, die zu extremer Lebensmittelknappheit führen. Die Hälfte der knapp 100 Millionen Äthiopier ist unterernährt, im Durchschnitt werden die Menschen nur 56 Jahre alt. Und die Regierung, von der viele sagen, sie herrsche undemokratisch, spielt das wahre Ausmaß der Katastrophe herunter, weil sie das Bild eines funktionierenden Staates aufrechthalten will.

Der heiße Wind fühlt sich an wie ein Föhn auf höchster Stufe

Doch dieses Bild täuscht. Derzeit herrscht die schlimmste Dürre seit den achtziger Jahren. Eigentlich ist gerade Regenzeit, nur: Es regnet nicht. „Wir warten seit zwei Jahren darauf“, sagt Lehrer Abdu Mohammed Ali.

Die Dürre ist schlimmer als während des Katastrophenjahres 1984. Die Nomaden in der Afar-Wüste, die seit Jahrhunderten von der Viehzucht leben, verlieren viele Tiere wegen der Hitze.
Die Dürre ist schlimmer als während des Katastrophenjahres 1984. Die Nomaden in der Afar-Wüste, die seit Jahrhunderten von der Viehzucht leben, verlieren viele Tiere wegen der Hitze. © Steffi Dobmeier

Jeden Vormittag sitzt er mit seinen Schülern in dem Zelt, in dem es kühler ist, als draußen, wo einem der heiße Wind entgegenschlägt als würde man sich einen Föhn auf höchster Stufe vor das Gesicht halten. Abdu Mohammed Ali ist der einzige Erwachsene des islamischen Clans, der eine Ausbildung hat. Lesen und Schreiben, ein bisschen Mathematik, auch einige Lieder und Tänze bringt er den Kindern bei, unterstützt vom DEC, dem Development Expertise Center, einem der lokalen Partner der Kindernothilfe.

Die Wüste und die Hauptstadt – andere Welten

„Damit unterstütze ich meinen Clan“, sagt der 25-Jährige. Vor allem die vielen Kinder, die einen Großteil der 250 Nomaden ausmachen. Einige hat er schon angesteckt. Aisha will auch Lehrerin werden, und der neunjährige Mohammed will in die Politik. „Wenn ich groß bin will ich irgendwo Chef sein“, erzählt er. Deswegen sitzt er gerne in der ersten Reihe, das Heft auf dem Schoß, den Stift in der rechten Hand. „Am liebsten was mit Bildung. Vielleicht werde ich auch Bildungsminister.“

Es ist ein langer Weg von der vertrockneten Afar-Wüste in der Nähe der Grenze zu Djibouti bis in die Hauptstadt Addis Abeba, wo die Ministerien stehen. Nicht nur geografisch, es sind nicht nur die etwa 500 Kilometer Luftlinie – es ist eine andere Welt. Hier die staubige Wüste und die winzigen Hütten aus Stöcken und Stroh, in denen oft acht, neun Menschen schlafen, dort die großen Häuser mit Wasserhahn. Und während in Addis Abeba ein Hochhaus nach dem anderen in den Himmel wächst, und die vielen Autos kaum gute Luft zum Atmen lassen, wird die Region im Nordosten immer mehr auf das Wesentliche zurückgeworfen: Überleben.

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„Wir können einfach in unsere Taschen greifen und die Wasserflasche herausholen“, wird Natalia Wörner später sagen, als sie nach einigen Stunden in der Hitze ein paar Schluck Wasser trinkt. „Die Kinder hier können das nicht. Das macht mich fassungslos.“

Zwei Kinder von Mussa Ali sind gestorben

Dass die Schauspielerin politisch ist, sich engagiert und zu Themen öffentlich Stellung bezieht, ist nicht neu. Sie hat gute Kontakte in die Regierung, kennt „Frank“, den Außenminister Frank-Walter Steinmeier, seit vielen Jahren, reiste mit ihm und seinem Tross nach Asien, um sich auf eine Rolle vorzubereiten. Neu ist, dass alles, was sie sagt, seit dem Bekanntwerden ihrer Beziehung zu einem Politiker unter Beobachtung steht. Was das verändert hat? „Irgendwie nichts und irgendwie ganz schön viel“, sagt sie. „Meine Tätigkeiten werden sich dadurch nicht verändern“. Für Dinge, die ihr wichtig sind, werde sie sich auch weiterhin einsetzen. Auch deshalb ist sie nach Äthiopien gefahren. In das Land, das in den vergangenen Jahrzehnten zum Synonym für Armut und Hunger geworden ist.

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Ohne die Kanister mit Wasser, die Säcke voll Mais und die Ziegen, die die lokalen Hilfsorganisationen in Zusammenarbeit mit der Kindernothilfe regelmäßig in die Region bringen, könnten die Menschen wohl nicht überleben. Und trotzdem sterben Kinder.

Mussa Ali hat einen Sohn und eine Tochter verloren. Der 47-Jährige weiß nicht, ob sie verhungert oder verdurstet sind. „Wir waren mit den Ziegen auf der Suche nach Gras und sind tagelang durch die Wüste gelaufen.“ Er sitzt in seinem Ari, der Kugelhütte, auf dem Boden und erzählt. Irgendwann konnten die beiden nicht mehr, sie blieben einfach liegen. „Wenn es nichts zu essen und zu trinken gibt – was kann ich tun?“

Die Nomaden trinken braunes Wasser aus dem Tümpel

Die Afar-Nomaden, die seit Jahrhunderten von der Viehzucht leben, sind an das unwegsame Gelände gewöhnt, auch an die Hitze, die hier im Sommer auf knapp 50 Grad steigt. Aber nicht daran, dass Kinder sterben, weil sie nichts zu essen und trinken haben.

Mehr als 430.000 Kinder mussten bisher nach Schätzungen von Unicef wegen akuter Mangelernährung ärztlich behandelt werden. Insgesamt sechs Millionen Kinder sind gefährdet..
Mehr als 430.000 Kinder mussten bisher nach Schätzungen von Unicef wegen akuter Mangelernährung ärztlich behandelt werden. Insgesamt sechs Millionen Kinder sind gefährdet.. © Steffi Dobmeier

Noch trinken Mussa Ali und der Rest des Clans Wasser aus dem Tümpel, aus dem auch die Kamele und Ziegen trinken, der Waschgelegenheit ist und so braun, dass man sich nicht vorstellen mag, wie das Wasser schmeckt. „Wir haben keine Wahl. Immerhin ist es so heiß, dass wir das Wasser nicht abkochen müssen“, sagt der Clanchef, der auch Mohammed heißt, so wie fast alle Jungen und Männer hier, und man weiß nicht recht, ob er einen Witz machen will oder wirklich daran glaubt.

Die Kindernothilfe unterstützt Partner vor Ort

Besonders hart trifft es immer die Kinder, die Schwächsten, das ist in Äthiopien nicht anders, als in anderen Regionen der Welt, in denen Naturkatastrophen zu humanitären Notständen führen. Die Kindernothilfe kümmert sich mit den Partnern vor Ort um Bildung wie bei den Afar-Nomaden, verteilt in anderen Gegenden des Landes Essen in Schulen, versorgt Bauern mit hitzeresistentem Saatgut und schult sie in nachhaltiger Landwirtschaft. „Was wir hier tun, ist nur ein Tropfen“, sagt Natalia Wörner. „Aber einer, der verdammt wichtig ist für die Kinder.“

Als sie nach einigen Stunden in der Wüste im Bus sitzt, die kleine Plastikflasche mit Wasser auf dem Schoss, wirkt sie mitgenommen. Im Rückspiegel wird das Nomadendorf immer kleiner, mittendrin das weiße Zelt. Davor stehen Kinder und winken.