Hamburg. Ein Unwetter mit Windhose hat in Hamburg gewütet. Die Feuerwehr rief den Ausnahmezustand aus. Ein Experte spricht von einem Tornado.
Ein Unwetter mit einer Windhose hat im Hamburger Osten eine Schneise der Zerstörung hinterlassen. „Auf Hunderten Metern Länge gibt es massive Schäden“, sagte ein Feuerwehrsprecher am späten Dienstagabend. Die Einsatzleitung hat den Ausnahmezustand erklärt. Verletzt wurde bislang niemand.
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) geht davon aus, dass am Dienstag ein Tornado über dem Hamburger Osten gewütet hat. Es „spricht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit alles dafür“, sagte eine DWD-Sprecherin. Angesichts der Bilder und Berichte über entwurzelte Bäume, Hagel mit mehr als drei Zentimetern Größe und Starkregen, könne dies angenommen werden, sagte sie.
Eine endgültige Bestätigung dafür werde es – wenn überhaupt - jedoch wohl erst später geben können. Damit von einem Tornado gesprochen werden kann, muss die Trichterwolke auch den Boden erreichen. Die Hamburger Feuerwehr rückte wegen dem Unwetter zu Hunderten Einsätzen aus und erklärte den Ausnahmezustand.
Mehr 1000 Helfer sind im Einsatz
Die Einsatzkräfte vor Ort haben mit zahlreichen Widrigkeiten zu kämpfen. „Wir müssen uns den Weg freikämpfen“, sagte der Feuerwehr-Sprecher. Überall liegen Bäume auf der Straße, die Sägen dröhnen durch die Nacht. Dutzende umgestürzte Bäume lägen allein auf einer vierspurigen Straße, sagte der Feuerwehr-Sprecher.
„Es gibt unzählige abgedeckte Dächer und vollgelaufene Keller, mehr als 1000 Feuerwehrleute und das Technische Hilfswerk sind im Einsatz“, sagte ein Feuerwehrsprecher am Dienstagabend. Angaben über Verletzte gab es zunächst keine.
Die Einsatzkräfte seien bereits zu mehr als 300 Einsätzen ausgerückt. Mithilfe eines Helikopters der Bundespolizei verschaffe sich die Feuerwehr einen Überblick über die Lage, sagte der Sprecher.
Auch Wetterexperte spricht von Tornado
Frank Böttcher, Geschäftsführer des Instituts für Wetter- und Klimakommunikation in Hamburg, sprach gegenüber unserer Redaktion von einem Tornado: „Die Zelle zog zunächst über Tonndorf weiter in Richtung Nordosten nach Farmsen und Rahlstedt, bevor er sich schließlich über Wandsbek aufgelöst hat“, sagte Böttcher. „Es ist das erste Mal in der Geschichte der Stadt, dass ein Tornado über die Gebiete nördlich der Elbe hinweg zieht.“
Ursprünglich sei der Tornado in einer Linie von Gewittern entstanden, so Böttcher. „Dabei entstand zunächst über Sasel und Rahlstedt eine Gewitterzelle mit kräftigem Regen. Westlich davon ist dann gegen 18.25 Uhr ein starker Aufwind entstanden, der die warme und feuchte Luft in die Höhe gerissen hat. Dieser Aufwand rotierte und bildete kurz darauf einen Tornado.“
Trümmerteile flogen durch die Gegend
Zwischenzeitlich habe der Wirbelsturm sogar Bodenkontakt gehabt, so der Wetterexperte. „Auf dem Video konnte man erkennen, wie Trümmerteile durch die Gegend geflogen sind.“ Der Tornado habe schwere Sturmböen bis hin zu Orkanböen mit sich gebracht. „Da wird einem schon ganz anders, wenn so einer auf dich zudreht“, schildert ein Augenzeuge aus Berne. Inzwischen habe sich der Orkan jedoch aufgelöst, so Böttcher am Abend.
Tornado und Unwetter über Hamburg
Feuerwehr und Technisches Hilfswerk rückten zu zahlreichen Einsätzen aus. Insgesamt waren rund zwanzig freiwillige Feuerwehren und einige Berufsfeuerwehren aus dem gesamten Stadtgebiet im Einsatz, darunter auch Höhenretter der Feuerwehr.
Nach Angaben eines Sprechers der Polizei wurden zahlreiche Dächer abgedeckt, Bäume stürzten um, ein Dachstuhl stand nach einem Blitzeinschlag in Flammen. Informationen zu möglichen Verletzten gab es zunächst nicht.
Tornado für Hamburg extrem außergewöhnlich
Ein Tornado wie dieser sei für Hamburg extrem außergewöhnlich, so Wetterexperte Frank Böttcher: „Drei wesentliche Elemente sind für die Entstehung von Tornados relevant. Zum einen bedarf es großer Temperaturgegensätze zwischen warmen Luftmassen am Boden und kalter Luft in der Höhe. Feucht warme Luft ist die zweite Zutat, die dazu führt, dass Luftpakete schneller und weiter nach oben steigen. Der dritte Faktor besteht aus unterschiedlichen Windrichtungen am Boden und in der Höhe. Steigt ein Luftpaket dann auf, muss es seine Richtung im Aufwind ändern und es kann zur Tornadobildung kommen.“
Der Deutsche Wetterdienst warnt für Dienstagabend vor schweren Gewittern in Hamburg mit extrem heftigem Starkregen und Hagel. Niederschlagsmengen zwischen 40 und 70 Liter pro Quadratmeter in der Stunde sowie schwere Sturmböen mit Geschwindigkeiten bis 100 Kilometern pro Stunde seien möglich. Die Hamburger Feuerwehr fordert die Menschen daher über Twitter auf, in ihren Häusern zu bleiben.
Die Aufräumarbeiten sollten mindestens noch die ganze Nacht über dauern. Mithilfe eines Helikopters der Bundespolizei mussten sich die Helfer am Abend zunächst ein Bild vom Ausmaß der Verwüstung machen.
Auch etwas abseits der Schneise, die der Sturm hinterlassen hat, kam es in der Hansestadt vereinzelt zu schweren Schäden. Im Stadtteil Rahlstedt fing laut Feuerwehr ein Dachstuhl nach einem Blitzeinschlag Feuer - in Sasel wurde eine Straße überschwemmt. Satellitenbildern zufolge seien örtlich teils mehr als 50 Liter Regen pro Quadratmeter niedergegangen, sagte die DWD-Sprecherin. (dsa/josi/zv/dpa)
Dieser Artikel ist zuerst auf abendblatt.de erschienen.