Berlin/Düsseldorf. Beim Germanwings-Absturz verliert ein Düsseldorfer Tochter und Enkel. Jetzt stellt er Strafanzeige gegen die Hausärztin des Copiloten.

Nach dem Absturz der Germanwings-Maschine vor mehr als einem Jahr hat ein Hinterbliebener die Hausärztin des psychisch kranken Copiloten angezeigt. Es handelt sich um einen Mann, der seine Tochter und seinen 18 Monate alten Enkel verloren hatte, als der Copilot das Flugzeug absichtlich zum Absturz brachte, wie die Zeitung „Die Welt“ berichtete. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf bestätigte am Montag den Eingang der Anzeige.

Nach Informationen der „Welt“ wirft der Düsseldorfer der Ärztin vor, weder den Arbeitgeber des Copiloten, die Lufthansa, noch das Luftfahrtbundesamt (LBA) über die von ihr diagnostizierten seelischen Störungen informiert zu haben. Die ärztliche Schweigepflicht gelte in einem solchen Fall nicht mehr, argumentierte der Mann in seiner Strafanzeige, die der „Welt“ nach eigenen Angaben vorliegt.

Anzeige wird geprüft

Über die Anzeige sagte Staatsanwalt Christoph Kumpa am Montag: „Sie liegt vor und wird im Rahmen des Todesermittlungsverfahrens geprüft.“ Ob noch weitere Anzeigen von Angehörigen vorlägen, sei ihm nicht bekannt. Es gebe aber zahlreiche Anzeigen von Nichtbetroffenen gegen „alle möglichen“ Beteiligten.

Der Germanwings-Absturz – eine Chronik

Katastrophe in den französischen Alpen: Eine Germanwings-Maschine auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf stürzte am 24. März 2015 in der Nähe von Seyne-les-Alpes ab und zerschellte im Gebirge. Alle 150 Menschen an Bord des Airbus A320 kamen ums Leben.
Katastrophe in den französischen Alpen: Eine Germanwings-Maschine auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf stürzte am 24. März 2015 in der Nähe von Seyne-les-Alpes ab und zerschellte im Gebirge. Alle 150 Menschen an Bord des Airbus A320 kamen ums Leben. © REUTERS | REUTERS / EMMANUEL FOUDROT
Am Tag nach der Katastrophe gedachten Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident François Hollande und Spaniens Premierminister Marian Rajoy in Seyne-les-Alpes der Opfer. 72 der Opfer kamen aus Deutschland, darunter...
Am Tag nach der Katastrophe gedachten Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident François Hollande und Spaniens Premierminister Marian Rajoy in Seyne-les-Alpes der Opfer. 72 der Opfer kamen aus Deutschland, darunter... © REUTERS | POOL
...16 Schülerinnen und Schüler und zwei Lehrerinnen einer Schule im nordrhein-westfälischen Haltern am See, die auf der Rückreise von einem Schüleraustausch waren. Die ganze Stadt stand unter Schock, ...
...16 Schülerinnen und Schüler und zwei Lehrerinnen einer Schule im nordrhein-westfälischen Haltern am See, die auf der Rückreise von einem Schüleraustausch waren. Die ganze Stadt stand unter Schock, ... © dpa | Marcel Kusch
... die Schülerinnen und Schüler des Joseph-König-Gymnasiums trauerten um die Toten.
... die Schülerinnen und Schüler des Joseph-König-Gymnasiums trauerten um die Toten. © dpa | Marcel Kusch
Auch 51 Spanier starben, weitere Opfer kamen aus Argentinien, den USA, Kasachstan, Australien, Großbritannien, dem Iran, Kolumbien, Venezuela, Japan, Dänemark, Belgien, Marokko, Mexiko, den Niederlanden und von der Elfenbeinküste.
Auch 51 Spanier starben, weitere Opfer kamen aus Argentinien, den USA, Kasachstan, Australien, Großbritannien, dem Iran, Kolumbien, Venezuela, Japan, Dänemark, Belgien, Marokko, Mexiko, den Niederlanden und von der Elfenbeinküste. © dpa | Diego Crespo / Spanish Govt. / H
Hunderte Helfer bargen über Wochen die sterblichen Überreste der Absturzopfer, untersuchten und sicherten die Wrackteile.
Hunderte Helfer bargen über Wochen die sterblichen Überreste der Absturzopfer, untersuchten und sicherten die Wrackteile. © REUTERS | REUTERS / GONZALO FUENTES
Zwei Tage nach dem Absturz nährte die Auswertung des Stimmenrekorders den Verdacht, dass Andreas Lubitz, Copilot auf dem Flug, den Airbus mit Absicht zum Absturz brachte. Nach und nach wurde klar, dass Lubitz das Cockpit abgeschlossen hatte, als der Pilot es kurz verlassen hatte, und ihn anschließend nicht mehr herein ließ.
Zwei Tage nach dem Absturz nährte die Auswertung des Stimmenrekorders den Verdacht, dass Andreas Lubitz, Copilot auf dem Flug, den Airbus mit Absicht zum Absturz brachte. Nach und nach wurde klar, dass Lubitz das Cockpit abgeschlossen hatte, als der Pilot es kurz verlassen hatte, und ihn anschließend nicht mehr herein ließ. © dpa | Guillaume Horcajuelo
Am 27. März berichteten Ermittler von zerrissenen Krankschreibungen des Copiloten. Auch für den Tag des Absturzes hatten sie eine Krankschreibung gefunden.
Am 27. März berichteten Ermittler von zerrissenen Krankschreibungen des Copiloten. Auch für den Tag des Absturzes hatten sie eine Krankschreibung gefunden. © Reuters | REUTERS / GONZALO FUENTES
Am 30. März, sechs Tage nach dem Absturz, wurde offiziell mitgeteilt, dass Andreas Lubitz (hier ein Bild bei einem Halbmarathon im Jahr 2009) vor Jahren als suizidgefährdet eingestuft worden und in Psychotherapie gewesen war.
Am 30. März, sechs Tage nach dem Absturz, wurde offiziell mitgeteilt, dass Andreas Lubitz (hier ein Bild bei einem Halbmarathon im Jahr 2009) vor Jahren als suizidgefährdet eingestuft worden und in Psychotherapie gewesen war. © REUTERS | REUTERS / STRINGER
Laut Lufthansa, zu der die Fluglinie Germanwings gehört, wusste die Verkehrsfliegerschule während der Ausbildung des Copiloten von seiner früheren Depression.
Laut Lufthansa, zu der die Fluglinie Germanwings gehört, wusste die Verkehrsfliegerschule während der Ausbildung des Copiloten von seiner früheren Depression. © REUTERS | REUTERS / EMMANUEL FOUDROT
Lufthansa-Chef Carsten Spohr (r.) and Germanwings-Manager Thomas Winkelmann legten am 1. April an einer Gedenkstätte für die Absturzopfer im Dorf Le Vernet Blumen nieder.
Lufthansa-Chef Carsten Spohr (r.) and Germanwings-Manager Thomas Winkelmann legten am 1. April an einer Gedenkstätte für die Absturzopfer im Dorf Le Vernet Blumen nieder. © REUTERS | REUTERS / JEAN-PAUL PELISSIER
Einsatzkräfte fanden am 2. April auch den Flugdatenschreiber des zerschellten Flugzeugs. Einen Tag später ergab die Analyse der Daten, dass Andreas Lubitz den Airbus bewusst in den Sinkflug gebracht hatte.
Einsatzkräfte fanden am 2. April auch den Flugdatenschreiber des zerschellten Flugzeugs. Einen Tag später ergab die Analyse der Daten, dass Andreas Lubitz den Airbus bewusst in den Sinkflug gebracht hatte. © dpa | Duclet Stephane
Laut Staatsanwaltschaft Düsseldorf hatte sich Lubitz im Internet über Wege der Selbsttötung und den Schutz von Cockpit-Türen informiert.
Laut Staatsanwaltschaft Düsseldorf hatte sich Lubitz im Internet über Wege der Selbsttötung und den Schutz von Cockpit-Türen informiert. © REUTERS | REUTERS / RALPH ORLOWSKI
Deutschland vereint im Schmerz: Bei einer Trauerfeier im Kölner Dom gedachten am 17. April Angehörige, Bürger und die Staatsspitze der Opfer des Germanwings-Absturzes. Die Erschütterung war auch dreieinhalb Wochen nach der Katastrophe ...
Deutschland vereint im Schmerz: Bei einer Trauerfeier im Kölner Dom gedachten am 17. April Angehörige, Bürger und die Staatsspitze der Opfer des Germanwings-Absturzes. Die Erschütterung war auch dreieinhalb Wochen nach der Katastrophe ... © dpa | Oliver Berg
...noch greifbar. „Es ist etwas zerstört worden, das in dieser Welt nicht mehr geheilt werden kann“, sagte Bundespräsident Joachim Gauck. Bei der zentralen Trauerfeier mit insgesamt 1400 Gästen versuchten Vertreter von Kirchen und Politik, den etwa 500 Angehörigen Trost zu spenden.
...noch greifbar. „Es ist etwas zerstört worden, das in dieser Welt nicht mehr geheilt werden kann“, sagte Bundespräsident Joachim Gauck. Bei der zentralen Trauerfeier mit insgesamt 1400 Gästen versuchten Vertreter von Kirchen und Politik, den etwa 500 Angehörigen Trost zu spenden. © dpa | Oliver Berg
Knapp vier Wochen nach dem Absturz hatten die Helfer alle Wrackteile geborgen. Die Lufthansa hatte eine Spezialfirma mit den Aufräumarbeiten beauftragt. Die Überreste des Flugzeugs wurden per Hubschrauber abtransportiert und zunächst in einer Halle in Seyne-les-Alpes gelagert. Am 26. Mai 2015 kamen ...
Knapp vier Wochen nach dem Absturz hatten die Helfer alle Wrackteile geborgen. Die Lufthansa hatte eine Spezialfirma mit den Aufräumarbeiten beauftragt. Die Überreste des Flugzeugs wurden per Hubschrauber abtransportiert und zunächst in einer Halle in Seyne-les-Alpes gelagert. Am 26. Mai 2015 kamen ... © REUTERS | REUTERS / ROBERT PRATTA
... Angehörige zu einer Gedenkfeier nach Le Vernet in der Nähe der Absturzstelle. Flaggen repräsentierten einige der Nationalitäten der Opfer.
... Angehörige zu einer Gedenkfeier nach Le Vernet in der Nähe der Absturzstelle. Flaggen repräsentierten einige der Nationalitäten der Opfer. © REUTERS | REUTERS / ROBERT PRATTA
Elf Wochen nach dem Absturz von Flug U49525 wurden die 18 Opfer aus Haltern am See mit einer Kolonne weißer ...
Elf Wochen nach dem Absturz von Flug U49525 wurden die 18 Opfer aus Haltern am See mit einer Kolonne weißer ... © dpa | Rolf Vennenbernd
... Leichenwagen in ihre Heimatstadt gebracht.
... Leichenwagen in ihre Heimatstadt gebracht. © dpa | Marcel Kusch
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Der 61 Jahre alte Vater aus Düsseldorf hatte vor einigen Wochen bereits den flugmedizinischen Dienst der Lufthansa und Verantwortliche des LBA angezeigt. Nachdem er die französischen Ermittlungsakten zu dem Absturz studiert habe, sei er zu der Überzeugung gelangt, dass der Copilot nach einer schon bekannten schweren Depression nicht hätte Pilot eines Verkehrsflugzeuges werden dürfen, schrieb die Zeitung.

Alle Berechtigten dürfen bald Akteneinsicht nehmen

Zum Stand des Ermittlungsverfahrens sagte Kumpa, dass die Übersetzungen der Unterlagen der französischen Ermittler inzwischen abgeschlossen seien. Derzeit würden alle Unterlagen gescannt, damit in Kürze allen Berechtigten Akteneinsicht gewährt werden könne. Wann dies genau sei, könne er aber nicht sagen.

Bei der Katastrophe in den französischen Alpen am 24. März 2015 waren alle 150 Insassen der Maschine getötet worden. (dpa)