Simbach/Hamminkeln/Braunsbach. Die Zahl der Unwetter-Toten ist auf sieben gestiegen. In Bayern und NRW atmen die Menschen etwas durch. Doch es drohen neue Gewitter.

Mindestens sieben Tote, mehrere Vermisste und Millionenschäden in Bayern: Zwei Tage nach der Flutwelle vom Mittwoch wird das ganze Ausmaß der Katastrophe klar. Orte wie Simbach am Inn und Triftern sind in weiten Teilen verwüstet, viele Häuser stehen immer noch unter Wasser. Allein im Landkreis Rottal-Inn geht der Schaden in den dreistelligen Millionenbereich.

Unter den Toten sind auch drei Frauen im Alter von 28, 56 und 78 Jahren. Es handele sich um Tochter, Mutter und Großmutter, berichtete die Polizei. Die vierte Tote ist eine 80-Jährige. Ihr Haus in Untertürken wurde von der Gewalt der Wassermassen zum Einsturz gebracht. Die Leiche der Frau wurde einige Kilometer weiter in Julbach in einem Bachbett entdeckt. Am Donnerstag fanden Taucher die Leiche eines 75-Jährigen in seinem Haus in Simbach, am Abend wurde dann in dem Ort auch die Leiche eines 65-Jährigen geborgen.

Taucher suchen weiter in Häusern nach Vermissten

Das siebte Opfer ist ein Mann, der eine Herzattacke erlitten habe, sagte ein Sprecher des Landratsamts Rottal-Inn am Freitag. Der etwa 80-Jährige sei ins Krankenhaus nach Eggenfelden gebracht worden, wo es eine Spezialstation für Herzerkrankungen gebe. Dort sei der Mann gestorben.

Taucher hatten am Freitag zunächst noch nach einem vermissten Ehepaar in Simbach gesucht. Später teilte die Polizei mit, der 81 Jahre alte Mann und seine 77-jährige Frau seien „unversehrt ausfindig gemacht“ worden. Unklar war, unter welchen Umständen sie gefunden wurden.

Der Keller des betroffenen Wohnhauses steht nach Angaben eines Sprechers noch unter Wasser. Der 81 Jahre alte Mann und seine 77-jährige Frau waren am Donnerstag als vermisst gemeldet worden.

Katastrophenalarm: Land unter in Bayern

Simbach am Inn hat es besonders hart getroffen. Anwohner beseitigen am Donnerstag den Schlamm von den Straßen.
Simbach am Inn hat es besonders hart getroffen. Anwohner beseitigen am Donnerstag den Schlamm von den Straßen. © dpa | Sven Hoppe
Die Schäden sind enorm und liegen Schätzungen zufolge mindestens im zweistelligen Millionenbereich.
Die Schäden sind enorm und liegen Schätzungen zufolge mindestens im zweistelligen Millionenbereich. © dpa | Tobias Hase
Die bayerische Landesregierung hat finanzielle Hilfen versprochen.
Die bayerische Landesregierung hat finanzielle Hilfen versprochen. © dpa | Tobias Hase
Das Wasser steht in vielen Wohnungen, Keller sind überflutet.
Das Wasser steht in vielen Wohnungen, Keller sind überflutet. © dpa | Tobias Hase
Auch Triftern, rund 20 Kilometer von Simbach entfernt, ist von den Wassermassen verwüstet worden. Hildegard Hitzlinger steht in ihrer vom Hochwasser zerstörten Schneiderei.
Auch Triftern, rund 20 Kilometer von Simbach entfernt, ist von den Wassermassen verwüstet worden. Hildegard Hitzlinger steht in ihrer vom Hochwasser zerstörten Schneiderei. © dpa | Armin Weigel
Nur mit Gummistiefeln können die Menschen in Simbach ihre Häuser verlassen.
Nur mit Gummistiefeln können die Menschen in Simbach ihre Häuser verlassen. © dpa | Tobias Hase
Feuerwehrleute begutachten die Schäden. Straßen wurden weggespült.
Feuerwehrleute begutachten die Schäden. Straßen wurden weggespült. © dpa | Tobias Hase
Kleidung, Bücher und Schuhe: Der auf die Straße gespülte Hausrat versinkt im Schlamm
Kleidung, Bücher und Schuhe: Der auf die Straße gespülte Hausrat versinkt im Schlamm © dpa | Sven Hoppe
Überall ist Schlamm, der wohl erst nach und nach geräumt werden kann.
Überall ist Schlamm, der wohl erst nach und nach geräumt werden kann. © dpa | Wolfram Zummach
Zumindest den Schlamm in ihren Wohnhäusern versuchen die Betroffenen wegzuschippen.
Zumindest den Schlamm in ihren Wohnhäusern versuchen die Betroffenen wegzuschippen. © REUTERS | MICHAELA REHLE
Am Donnerstag ist der Niederrhein stark von Unwettern betroffen. Die Wolkenwalze einer Tiefdruckfront zieht über Xanten hinweg.
Am Donnerstag ist der Niederrhein stark von Unwettern betroffen. Die Wolkenwalze einer Tiefdruckfront zieht über Xanten hinweg. © dpa | Arnulf Stoffel
Auch in Düsseldorf kämpften die Menschen mit den Wassermassen. Ein Tunnel der Autobahn A 46 musste nach starken Regenfällen gesperrt werden.
Auch in Düsseldorf kämpften die Menschen mit den Wassermassen. Ein Tunnel der Autobahn A 46 musste nach starken Regenfällen gesperrt werden. © dpa | David Young
Wassermassen wälzten sich am Mittwoch durch den niederbayerischen Ort Simbach.
Wassermassen wälzten sich am Mittwoch durch den niederbayerischen Ort Simbach. © dpa | Walter Geiring
Autos wurden von der Gewalt der Wassermassen verschluckt.
Autos wurden von der Gewalt der Wassermassen verschluckt. © dpa | Manfred Fesl
Eine Person wird von einem Dach in Triftern gerettet. Bis in den frühen Morgen sind die Hubschrauber unterwegs.
Eine Person wird von einem Dach in Triftern gerettet. Bis in den frühen Morgen sind die Hubschrauber unterwegs. © dpa | Armin Weigel
Der Kirchturm inmitten des überfluteten Ortskerns von Triftern.
Der Kirchturm inmitten des überfluteten Ortskerns von Triftern. © dpa | Armin Weigel
Hinterlassenschaften einer verheerenden Flut mitten in Simbach am Inn.
Hinterlassenschaften einer verheerenden Flut mitten in Simbach am Inn. © dpa | Daniel Scharinger
Das Wasser war sehr schnell gestiegen und dann aber trotz anhaltenden Regens wieder gefallen.
Das Wasser war sehr schnell gestiegen und dann aber trotz anhaltenden Regens wieder gefallen. © dpa | Tobias Hase
Helfer aus der Umgebung wurden für den Einsatz zusammengezogen.
Helfer aus der Umgebung wurden für den Einsatz zusammengezogen. © dpa | Tobias Haase
Das Unwetter traf die Menschen völlig unvorbereitet. Auch Wetterexperten zeigten sich überrascht.
Das Unwetter traf die Menschen völlig unvorbereitet. Auch Wetterexperten zeigten sich überrascht. © dpa | Armin Weigel
Zum Teil meterhoch stand das Wasser am Mittwoch auf den Straßen. Meteorologen erwarteten weitere Regenfälle.
Zum Teil meterhoch stand das Wasser am Mittwoch auf den Straßen. Meteorologen erwarteten weitere Regenfälle. © dpa | Armin Weigel
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Am Niederrhein scheinen die Deiche zu halten

Im Hochwassergebiet am Niederrhein halten die Deiche auch nach den erneuten schweren Regenfällen. Die Stadt Hamminkeln und das benachbarte, schon zum Münsterland zählende Isselburg blieben von den Fluten verschont. Der starke Regen hatte den Wasserstand des kleinen Flüsschens Issel von sonst einem halben Meter auf zwei Meter steigen lassen.

Die Lage habe sich in der Nacht zum Freitag entspannt, teilte der Krisenstab in Hamminkeln mit. Der Wasserstand der Issel am Pegel Dämmerwald sei auf einen Meter gesunken. 600 Helfer waren dort im Einsatz. 68.000 Sandsäcke wurden verbaut, weitere 35.000 lagen als Reserve bereit. Auch der Bürgermeister von Isselburg war in der Nacht zum Freitag „vorsichtig optimistisch“, wie ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur aus dem Hochwassergebiet berichtete.

Simbach von oben: Die Flut im Überblick

Das Wasser steht zwischen den Häusern in Simbach am Inn.
Das Wasser steht zwischen den Häusern in Simbach am Inn. © dpa | Tobias Hase
Die Fluten waren innerhalb weniger Minuten stark gestiegen.
Die Fluten waren innerhalb weniger Minuten stark gestiegen. © dpa | Tobias Hase
Im nahen Untertürken ist dieses Haus völlig zerstört worden.
Im nahen Untertürken ist dieses Haus völlig zerstört worden. © dpa | Tobias Hase
Der Ortskern von Triftern. Etwas mehr als 4000 Menschen leben in der kleinen Gemeinde unweit des Zusammenflusses von Inn und Salzach.
Der Ortskern von Triftern. Etwas mehr als 4000 Menschen leben in der kleinen Gemeinde unweit des Zusammenflusses von Inn und Salzach. © dpa | Tobias Hase
Mit einem solchen Hochwasser hat in Simbach niemand gerechnet.
Mit einem solchen Hochwasser hat in Simbach niemand gerechnet. © dpa
In einem überschwemmten Haus in Simbach haben Taucher drei Leichen gefunden, Großmutter, Mutter und Tochter starben in den Wassermassen.
In einem überschwemmten Haus in Simbach haben Taucher drei Leichen gefunden, Großmutter, Mutter und Tochter starben in den Wassermassen. © dpa
1500 Euro Soforthilfe hat das Land Betroffenen in Aussicht gestellt.
1500 Euro Soforthilfe hat das Land Betroffenen in Aussicht gestellt. © dpa | Tobias Hase
Autos liegen auf ihren Dächern, Straßenlaternen sind umgeknickt wie Strohhalme, Läden und Wohnhäuser sind nur noch Trümmer.
Autos liegen auf ihren Dächern, Straßenlaternen sind umgeknickt wie Strohhalme, Läden und Wohnhäuser sind nur noch Trümmer. © dpa
Trümmer und Holz haben sich mitten in Simbach gesammelt.
Trümmer und Holz haben sich mitten in Simbach gesammelt. © dpa | Tobias Hase
Viel Holz vor der Hütte – aber zum Lachen ist den Bewohnern sicher nicht.
Viel Holz vor der Hütte – aber zum Lachen ist den Bewohnern sicher nicht. © dpa
 Eine unterspülte Brücke. An anderer Stelle ...
Eine unterspülte Brücke. An anderer Stelle ... © dpa
... ist eine Straße weggespült worden.
... ist eine Straße weggespült worden. © dpa
Schlamm rundum: Häuser außerhalb der Ortslage von Simbach.
Schlamm rundum: Häuser außerhalb der Ortslage von Simbach. © dpa | Tobias Hase
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Zwei Männer vom Blitz getroffen

Bei einem Gewitter in Krefeld ebenfalls in Nordrhein-Westfalen wurden zwei Männer vom Blitz getroffen und schwer verletzt. Sie kamen am Donnerstagabend ins Krankenhaus, wie die Feuerwehr mitteilte. Regen und Sturm hielten die Rettungskräfte mehrere Stunden in Atem. Sie pumpten vollgelaufene Keller leer, beseitigten umgeknickte Bäume und befestigten lose Teile an einer Baustelle.

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnte am Freitagmorgen vor übertriebenem Optimismus. „Es kommen neue Niederschläge nach Deutschland, die auch wieder Unwetterpotenzial haben“, sagte ein Sprecher. Wo die Unwetter genau zu erwarten sind, konnte der Meteorologe zunächst nicht sagen.

Versicherer: 450 Millionen Euro Schaden durch Sturmtief „Elvira“

Das Sturmtief „Elvira“, das in der Nacht zu Montag vor allem über dem Norden und Osten Baden-Württembergs wütete, wird die deutschen Versicherer nach eigener Schätzung voraussichtlich fast eine halbe Milliarde Euro kosten. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) schätzt die Kosten auf rund 450 Millionen Euro, wie er am Freitag in Berlin mitteilte.

Neben den Kosten für versicherte Häuser und den Hausrat umfasse diese Summe auch Schäden von Gewerbebetrieben und an kaskoversicherten Autos. Besonders betroffen war das 900-Einwohner-Dorf Braunsbach bei Schwäbisch Hall, das von einer Geröll- und Schlammlawine zerstört wurde. In den GDV-Zahlen noch nicht enthalten sind die Unwetterschäden der darauffolgenden Tage, etwa in Niederbayern und Nordrhein-Westfalen. (dpa)