Berlin. Der ICE feiert am Donnerstag seinen 25. Geburtstag. Künftig fährt das Paradepferd der Deutschen Bahn jedoch langsamer durchs Land.

Die Familie ist komplett in Berlin versammelt. Vom ICE 1 bis zum brandneuen ICE 4 rollen die Züge heute zur Geburtstagsfeier ein. Genau vor 25 Jahren nahm der erste Hightechzug der damaligen Bundesbahn zwischen Hamburg und München den Verkehr auf. Schnell sollte es vorangehen zwischen den deutschen Metropolen. Heute rauscht der ICE („Intercity­express“) der Deutschen Bahn mit bis zu 300 Stundenkilometern durch das Land, zwischen Frankfurt und Paris geht es sogar darüber hinaus. Wenn Bahnchef Rüdiger Grube und Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) an diesem Donnerstag feiern, wird es an Erfolgsmeldungen rund um den Superzug nicht mangeln.

In Zahlen beeindruckt die Bilanz des ICE. 216.000 Passagiere nutzen die Züge täglich. Das deutsche Hochgeschwindigkeitsnetz misst 1400 Kilometer. Seit dem ersten Start hat die Flotte auf Schienen etwa 4700-mal die Strecke zwischen Erde und Mond absolviert. Doch der Superzug steht auch für große Probleme. So fallen die Klimaanlagen gerne aus, gerade im Sommer, die Platzreservierungen werden nicht angezeigt oder die Kaffeemaschine im Bordrestaurant streikt.

Schwerer Unfall in Eschede

Untrennbar mit dem ICE verbunden ist auch das traurigste Kapitel in der Geschichte der Hochgeschwindigkeitszüge. Durch Materialermüdung am Radreifen entgleiste 1998 der ICE Wilhelm-Conrad-Röntgen bei Eschede zwischen Hamburg und Hannover. Bei dem Unglück starben 101 Menschen, 88 wurden teils schwer verletzt. Nach einem weiteren Zwischenfall am Kölner Hauptbahnhof musste die Bahn die Wartungsintervalle der Züge deutlich erhöhen. Auf dem Gleis wurde der ICE plötzlich zur Mangelware.

Das sind die vier ICE-Generationen

Mit den ICE begann fahrplanmäßig am 2. Juni 1991 die Ära der Hochgeschwindigkeitszüge in Deutschland. Wir zeigen die vier Generationen. Der begeisterte Eisenbahn-Fan Günther Voß steht am 2. Juni 1991 in Seesen (Niedersachsen) neben einem ICE der ersten Generation. Voß hat für den ersten fahrplanmäßigen Start des Inter City Express von Hamburg nach München 148 Fahrgastplätze gebucht und davon 146 zum Selbstkostenpreis angeboten. Zwei besondere Plätze nahmen er und seine Frau ein. Nach Schnupperfahrten mit den im Vergleich zu damaligen Bahnen futuristisch wirkenden Intercity-Express-Zügen begann am 2. Juni 1991 der Verkehr nach Fahrplan. Voß machte als selbsterklärter Bahntester Furore und wurde zum oft interviewten Ansprechpartner für Medien. 2013 startete er mit 74 Jahren nach eigenem Bekunden aber seinen letzten Test.
Mit den ICE begann fahrplanmäßig am 2. Juni 1991 die Ära der Hochgeschwindigkeitszüge in Deutschland. Wir zeigen die vier Generationen. Der begeisterte Eisenbahn-Fan Günther Voß steht am 2. Juni 1991 in Seesen (Niedersachsen) neben einem ICE der ersten Generation. Voß hat für den ersten fahrplanmäßigen Start des Inter City Express von Hamburg nach München 148 Fahrgastplätze gebucht und davon 146 zum Selbstkostenpreis angeboten. Zwei besondere Plätze nahmen er und seine Frau ein. Nach Schnupperfahrten mit den im Vergleich zu damaligen Bahnen futuristisch wirkenden Intercity-Express-Zügen begann am 2. Juni 1991 der Verkehr nach Fahrplan. Voß machte als selbsterklärter Bahntester Furore und wurde zum oft interviewten Ansprechpartner für Medien. 2013 startete er mit 74 Jahren nach eigenem Bekunden aber seinen letzten Test. © dpa Picture-Alliance | Hans Henning Fränkel
Mittlerweile hat die Bahn 271 der Züge in ihrer Flotte. Im Jahr 2015 waren Fahrgäste 80 Millionen Mal mit dem ICE unterwegs und reisten durchschnittlich 318 Kilometer weit. Die ICE-Familie besteht bislang aus vier Generationen. Die ICE 1 der ersten Generation fahren maximal 280 Kilometer pro Stunde. Die 59 Züge haben jeweils zwei Triebköpfe sowie zwölf Mittelwagen und sind 358 Meter lang.
Mittlerweile hat die Bahn 271 der Züge in ihrer Flotte. Im Jahr 2015 waren Fahrgäste 80 Millionen Mal mit dem ICE unterwegs und reisten durchschnittlich 318 Kilometer weit. Die ICE-Familie besteht bislang aus vier Generationen. Die ICE 1 der ersten Generation fahren maximal 280 Kilometer pro Stunde. Die 59 Züge haben jeweils zwei Triebköpfe sowie zwölf Mittelwagen und sind 358 Meter lang. © imago | STAR-MEDIA
Die ICE 2 sind seit 1996 in Betrieb und ebenfalls für Tempo 280 zugelassen. Im Fuhrpark sind 44 Züge, von denen sich je zwei zusammenkuppeln lassen. Alle wurden nach Angaben der Bahn bis zum Jahr 2013 modernisiert. Die Zuglänge beträgt 205 Meter.
Die ICE 2 sind seit 1996 in Betrieb und ebenfalls für Tempo 280 zugelassen. Im Fuhrpark sind 44 Züge, von denen sich je zwei zusammenkuppeln lassen. Alle wurden nach Angaben der Bahn bis zum Jahr 2013 modernisiert. Die Zuglänge beträgt 205 Meter. © ICE2 | Jet-Foto Krahnert
Der ICE T mit Neigetechnik ist seit 1999 in Betrieb und erreicht Tempo 230. Der Mechanismus, der die Triebfahrzeuge bei Kurvenfahrten in Schräglage bringt, ...
Der ICE T mit Neigetechnik ist seit 1999 in Betrieb und erreicht Tempo 230. Der Mechanismus, der die Triebfahrzeuge bei Kurvenfahrten in Schräglage bringt, ... © Deutsche Bahn AG | Uwe Miehte
... ist aber mittlerweile in allen Zügen wegen technischer Probleme abgeschaltet.
... ist aber mittlerweile in allen Zügen wegen technischer Probleme abgeschaltet. © Deutsche Bahn AG | Uwe Miethe
Die ICE 3 kamen zur Weltausstellung Expo 2000 im niedersächsischen Hannover in die Flotte. Die schnellsten Züge der Republik sind auf eine Höchstgeschwindigkeit von 330 Kilometern pro Stunde zugelassen.
Die ICE 3 kamen zur Weltausstellung Expo 2000 im niedersächsischen Hannover in die Flotte. Die schnellsten Züge der Republik sind auf eine Höchstgeschwindigkeit von 330 Kilometern pro Stunde zugelassen. © Deutsche Bahn AG | Deutsche Bahn AG
In Deutschland brettern sie mit bis zu Tempo 300 über die Gleise. Die Bahn hat inzwischen 79 dieser Züge – mit einer Zuglänge von 200 Metern.
In Deutschland brettern sie mit bis zu Tempo 300 über die Gleise. Die Bahn hat inzwischen 79 dieser Züge – mit einer Zuglänge von 200 Metern. © Deutsche Bahn AG | Deutsche Bahn AG
Rund drei Monate nach dem 25. Geburtstag des ICE stellte die Deutsche Bahn und Vorstandsvorsitzender, Rüdiger Grube, am 14. September 2016 die vierte Generation des Hochgeschwindigkeitszugs vor. Am 10. Dezember 2017 startete der ICE 4 mit einer Zuglänge von 346 Metern nach einer einjährigen Testphase in den Regelbetrieb.
Rund drei Monate nach dem 25. Geburtstag des ICE stellte die Deutsche Bahn und Vorstandsvorsitzender, Rüdiger Grube, am 14. September 2016 die vierte Generation des Hochgeschwindigkeitszugs vor. Am 10. Dezember 2017 startete der ICE 4 mit einer Zuglänge von 346 Metern nach einer einjährigen Testphase in den Regelbetrieb. © dpa | Soeren Stache
Mit 250 km/h Spitzengeschwindigkeit ist die neueste Generation langsamer als ihr Vorgänger, verbraucht aber weniger Energie und beschleunigt schneller. Gründe sind eine verbesserte Aerodynamik und ein geringeres Gewicht. Der Antrieb ist auf sechs Wagen verteilt. Fällt eines der sechs Systeme aus, kann das Flaggschiff des DB Fernverkehrs trotzdem weiterfahren. Der ICE 4 ist auf den Strecken Hamburg – München und Hamburg – Stuttgart unterwegs.
Mit 250 km/h Spitzengeschwindigkeit ist die neueste Generation langsamer als ihr Vorgänger, verbraucht aber weniger Energie und beschleunigt schneller. Gründe sind eine verbesserte Aerodynamik und ein geringeres Gewicht. Der Antrieb ist auf sechs Wagen verteilt. Fällt eines der sechs Systeme aus, kann das Flaggschiff des DB Fernverkehrs trotzdem weiterfahren. Der ICE 4 ist auf den Strecken Hamburg – München und Hamburg – Stuttgart unterwegs. © Deutsche Bahn AG | SIEMENS
Vergleich der fünf Generationen der Hochgeschwindigkeitszüge der Deutschen Bahn.
Vergleich der fünf Generationen der Hochgeschwindigkeitszüge der Deutschen Bahn. © dpa-infografik | dpa-infografik GmbH
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Viel Kritik gab es an der Strategie der Bahn, die sich mit der Einführung der Hochgeschwindigkeitsverbindungen zwischen den großen Zentren aus der Provinz zurückzog. Mit schnellen ICE wollte der Staatskonzern dem Flugzeug Konkurrenz machen. Inzwischen hat der Bahnvorstand umgedacht. Bis 2030 sollen alle Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern wieder ins Intercity-Netz eingebunden werden. „Die neue Zukunftsplanung der Bahn geht jetzt zwar in die richtige Richtung“, sagt der Bonner Verkehrsforscher Heiner Monheim, „doch fehlt noch immer der integrale Deutschland-Takt.“ Würde es nach Monheim gehen, verkehrten die Züge in Abständen von einer halben Stunde, wie es in einigen anderen Ländern üblich ist.

Der bahnpolitische Sprecher der Grünen zieht zum Geburtstag des Schnellzugs eine ernüchternde Bilanz. „Es konnten mit dem ICE nicht mehr Fahrgäste für dem Bahnfernverkehr gewonnen werden“, sagt er. Es gebe Regionen, die seit Jahren keinen Fernzug mehr gesehen haben. „Wir brauchen eine gesetzliche Garantie für den Fernverkehr in der Fläche“, fordert er.

Schnelle Verbindungen zwischen den Städten reichen nicht aus

Tatsächlich will Bahnchef Grube mit einer Investitionsoffensive für bessere Verbindungen und Pünktlichkeit sorgen. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) ist jedoch skeptisch. „Es bleibt immer wieder nur bei Versprechen“, sagt Sprecherin Anja Smetanin. Der ICE gehört für den Verband fest zum Angebot der Bahn. Nur reichten schnelle Verbindungen zwischen den Städten alleine nicht aus. Die Reisekette müsse von Tür zu Tür besser organisiert werden, mahnt Smetanin an.

Eine Erfolgsstory ist der ICE auch aus strategischer Sicht nur zum Teil. „Er ist das Paradepferd der Bahn“, sagt der Chef der Allianz pro Schiene, Dirk Flege. Doch aus heutiger Sicht sei der Aufbau eines Hochgeschwindigkeitsnetzes verfehlt. Durch die Milliardeninvestitionen in die Schnelltrassen sei der Güterverkehr vernachlässigt worden, obwohl in dieser Sparte die meisten Probleme auftreten.

Zeit besonders schneller Züge ist vorbei

Ohnehin ist die Zeit immer schneller fahrender Züge vorbei. Die vierte Generation des ICE, der ab Herbst durch das Land rollen soll, wird mit höchstens 250 Stundenkilometern unterwegs sein. Es stehen andere Dinge im Fokus, heißt es bei der Bahn. Weniger Energieverbrauch etwa, Sicherheit, auch stabilere Klimaanlagen. Kritiker begrüßen das. „Die Bahn braucht auf einigen Strecken Hochgeschwindigkeit, aber nicht in dem Umfang, wie es in Deutschland umgesetzt ist“, sagt der Sprecher des Bündnisses Bahn für Alle, Bernhard Knierim.

Dennoch dürfte der ICE 4 zum neuen Aushängeschild der Hochgeschwindigkeitsflotte der Deutschen Bahn werden. Voraussetzung ist allerdings, dass Hersteller Siemens auch alle Züge pünktlich liefert. Damit gab es in der Vergangenheit immer wieder große Schwierigkeiten. Klappt alles, dürfen die Fahrgäste endlich auch ihre Fahrräder im Zug mitnehmen. Sehr viele Plätze gibt es dafür allerdings nicht. Sie müssen auch vor der Fahrt reserviert werden. Zudem will die Bahn auch in der zweiten Klasse einen kostenlosen Internetzugang anbieten. Bislang kommen nur die Passagiere der ersten Klasse über WLAN ins Netz.