Triftern. Katastrophenfall in Bayern: Nach Dauerregen gibt es heftige Überschwemmungen, Menschen wurden von Hausdächern gerettet
Das Wasser kam schnell und heftig: Nach stundenlangem Dauerregen ist am Mittwoch im Südosten Bayerns Hochwasser-Katastrophenalarm ausgelöst worden. Flüsse und Bäche traten ungewöhnlich rasant über die Ufer, die Flutwelle riss Autos und Bäume mit sich. Der Landkreis Rottal-Inn in Niederbayern hat den Katastrophenfall ausgerufen. Betroffen sind die Orte Simbach am Inn, Triftern und Tann. In Simbach fanden Taucher am Mittwochabend drei Leichen in einem überschwemmten Haus, wie Polizei und Landratsamt mitteilten. Später wurde an einem Bach eine tote Frau gefunden.
In einem Mehrfamilienhaus wurden die drei Leichen entdeckt. Bewohner der oberen Stockwerke, die gerettet werden konnten, hatten auf die vermissten Bewohner im Erdgeschoss aufmerksam gemacht. Gegen 20.30 Uhr wurden die Toten von der Feuerwehr in dem überschwemmten Gebäude entdeckt. Die näheren Umstände der Todesfälle und die Identität der Opfer waren zunächst nicht bekannt.
In dem Nachbarort Julbach wurde eine Stunde später eine weitere Tote entdeckt. Die Leiche einer Frau hing über einen Baumstamm in einem Bach, berichtete die Polizei. Die Kriminalpolizei übernahm die Ermittlungen zu den Todesfällen.
Evakuierung per Hubschrauber
Am Nachmittag hatten Hubschrauber Menschen von Hausdächern gerettet. In Simbach steht das Rathaus unter Wasser, und die Polizeidienststelle musste evakuiert werden. „Da steht das Wasser meterhoch“, sagte ein Polizeisprecher. Die Polizeiinspektion ist nur noch über eine Handynummer erreichbar – aber auch das Handynetz war überlastet. In Tausenden Haushalten fiel der Strom aus.
„Es bilden sich immer wieder neue Regengebiete, die sehr, sehr langsam immer wieder über die gleichen Orte ziehen“, erklärte Meteorologe Fabian Ruhnau von Kachelmannwetter zu dem Geschehen. „Keine Entwarnung, es kommen weitere Niederschläge hinzu, es kann sich noch verschärfen.“
Hubschrauber retten eingeschlossene Menschen
„Die Situation hat sich in den letzten Stunden dramatisch zugespitzt. Der ganze Ortskern wurde von dem Altbach überspült“, sagte der Bürgermeister von Triftern, Walter Czech (CSU).
Rettungshubschrauber waren im Einsatz, um von den Wassermassen eingeschlossene Menschen zu retten. Zufahrtsstraßen und Brücken sind überschwemmt. „Es herrscht Land unter. Die Wassermassen kamen sehr schnell“, sagte Emil Bumberger von der Polizei in Pfarrkirchen. Bei Simbach wurde auch eine Straße komplett fortgespült.
Asylbewerberunterkunft eilig evakuiert
Rettungskräfte berichteten, dass Lastwagenfahrer auf der Bundesstraße 12 auf die Dächer ihrer Fahrzeuge geklettert waren, weil sie Angst hatten, von den Fluten davon geschwemmt zu werden.
In Simbach hatten die Behörden bereits am Nachmittag von dramatische Szenen berichtete. Eine Asylbewerberunterkunft in einer ehemaligen Turnhalle musste nach Auskunft des Landratsamtes Rottal-Inn geräumt werden. Die Bedeutung des Flusses Inn spiegelt sich im Wappen der Stadt: Dort spannt sich eine rote Brücke über die blauen Fluten des Stromes, die gerade dreckig-braun sind.
Nach einer großen Flutwelle ging das Wasser trotz weiterer Niederschläge zurück und gab den Blick frei auf Schäden und Zerstörung.
Unweit des Zusammenflusses von Inn und Salzach liegt der 4000-Einwohnerort Tann. Auch hier steht der Ort unter Wasser, wie Videobilder eindringlich zeigen.
Kinder vor Übernachtung in Schule
In Triftern mussten rund 250 Kinder den Tag über in der Turnhalle ausharren, in Simbach saßen 350 Schüler fest. Während die Schüler aus Simbach bis zum Abend wieder nach Hause konnten, waren in Triftern etwa 50 Kinder auch am späten Abend noch in der Mittelschule. Sie wurden von 25 Erwachsenen betreut, wie das Landratsamt mitteilte.
Neben zahlreichen Feuerwehren ist auch die Wasserwacht im Einsatz. „Alles, was wir verfügbar haben, ist im Einsatz“, hieß es vom Polizeipräsidium Niederbayern.
Polizisten waren auch von Grenzübergängen abgezogen worden. Auch auf österreichischer Seite herrsche Alarmbereitschaft. 32 Liter Regen pro Quadratmeter waren binnen sechs Stunden allein in Pfarrkirchen bei Triftern gefallen. „Das ist schon ein kräftiger Dauerregen“, sagte der Meteorologe Volker Wünsche vom Deutschen Wetterdienst (DWD). Der Bischof von Rottach-Inn, Stefan Oster, erklärte am Nachmittag: „Wir denken an alle Betroffenen, hoffen und beten, dass es weniger dramatisch bleibt als vor drei Jahren.“ (law/dpa)