Schwäbisch Gmünd/Braunsbach. Gewitter und Starkregen haben in Deutschland für schwere Zerstörung gesorgt. Vier Menschen starben. Die Aufräumarbeiten haben begonnen.

Vier Menschen sterben, Rettungswagen treiben wie Spielzeug durch die Straßen, Ortschaften bleiben von Schlamm und Geröll verwüstet zurück: Das ist die Bilanz nach den schweren Unwettern in Süddeutschland. Am schlimmsten traf es den Nordosten Baden-Württembergs.

In Schwäbisch Gmünd steht Oguzhan T. am Ufer der Rems, jenem kleinen Fluss, der jetzt ein reißender brauner Strom ist. Er zeigt auf ein Bündel Schuhe. Damit hatte das Unglück begonnen: mit Schuhen im Fluss. „Wir saßen hier abends, haben geraucht und Red Bull getrunken und plötzlich schwammen hier Tennisschläger, T-Shirts und Schuhe vorbei.“ Ein Freund rief an und sagte, dass die Scheibe beim „Sport-Schoell“ zerborsten sei. Da war es kurz vor 22 Uhr. „Ich hab noch Anil gesehen und seinen Cousin“, sagt er, „die wollten da auch hin, es war ja nicht weit.“ Als Oguzhan beim Sportgeschäft ankam, wurde Anil B. gerade von den Wassermassen weggezogen. „So etwas habe ich noch nie gesehen, das war kein reißender Strom, nicht so wie heute, das waren viele einzelne Strudel, Anil hatte gar keine Chance gegen das Wasser“, sagt er.

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Leichen konnten erst am nächsten Tag geborgen werden

Der Auszubildende Anil B. wurde laut Informationen der Rettungskräfte bei einer Unterführung am Bahnhof in einen offenen Gully gerissen. Die Feuerwehr versuchte, den 21 Jahre alten Mann zu retten. Dabei kam ein 38-jähriger Feuerwehrmann ums Leben. Ein Sicherheitsseil, das seine Kollegen für ihn gespannt hatten, riss, er wurde in das gleiche Loch gezogen.

Schwere Schäden durch Sturmtief „Elvira“

Schwere Unwetter haben am Sonntagabend und in der Nacht zum Montag in Süddeutschland gewütet.
Schwere Unwetter haben am Sonntagabend und in der Nacht zum Montag in Süddeutschland gewütet. © REUTERS | KAI PFAFFENBACH
Mehrere Menschen kamen dabei ums Leben.
Mehrere Menschen kamen dabei ums Leben. © dpa | Christoph Schmidt
Schwer betroffen war der 900-Einwohner-Ort Braunsbach (Baden-Württemberg), ...
Schwer betroffen war der 900-Einwohner-Ort Braunsbach (Baden-Württemberg), ... © dpa | Christoph Schmidt
... ,der von einer Lawine von Schutt ...
... ,der von einer Lawine von Schutt ... © REUTERS | KAI PFAFFENBACH
... und Geröll heimgesucht wurde.
... und Geröll heimgesucht wurde. © dpa | Marijan Murat
Vom Unwetter gezeichnete Landschaft in und um Braunsbach.
Vom Unwetter gezeichnete Landschaft in und um Braunsbach. © dpa | Christoph Schmidt
Veranschaulichung der am schlimmsten von den Überschwemmungen betroffenen Orte in Süddeutschland.
Veranschaulichung der am schlimmsten von den Überschwemmungen betroffenen Orte in Süddeutschland. © dpa-infografik | dpa-infografik GmbH
Tote und zahlreiche von Überschwemmungen gezeichnete Ortschaften: Das ist die Bilanz der Unwetternacht im Süden Deutschlands.
Tote und zahlreiche von Überschwemmungen gezeichnete Ortschaften: Das ist die Bilanz der Unwetternacht im Süden Deutschlands. © dpa | Franziska Kraufmann
Viele Autos wurden in Braunsbach ...
Viele Autos wurden in Braunsbach ... © dpa | Marijan Murat
... von den Geröllmassen eingeschlossen.
... von den Geröllmassen eingeschlossen. © dpa | Marijan Murat
Die Spuren der Zerstörung ...
Die Spuren der Zerstörung ... © dpa | Franziska Kraufmann
... ziehen sich wie eine Schneise durch die Ortschaften – nicht nur wie hier in Braunsbach.
... ziehen sich wie eine Schneise durch die Ortschaften – nicht nur wie hier in Braunsbach. © dpa | Franziska Kraufmann
Schutt und Geröll überall. Durch den heftigen Regen sind zwei kleine Bäche über die Ufer getreten, Häuser und Autos wurden beschädigt.
Schutt und Geröll überall. Durch den heftigen Regen sind zwei kleine Bäche über die Ufer getreten, Häuser und Autos wurden beschädigt. © dpa | Franziska Kraufmann
Braunsbach ist kaum mehr wiederzuerkennen.
Braunsbach ist kaum mehr wiederzuerkennen. © dpa | Franziska Kraufmann
Rund um Braunsbach kam es zu zahlreichen Feuerwehr-Einsätzen.
Rund um Braunsbach kam es zu zahlreichen Feuerwehr-Einsätzen. © dpa | Franziska Kraufmann
Feuerwehrleute beim Einsatz in der Ortsmitte von Braunsbach.
Feuerwehrleute beim Einsatz in der Ortsmitte von Braunsbach. © dpa | Franziska Kraufmann
Sie kämpfen sich durch Schlamm und Wasser auf einer Überfluteten Straße, um zu den Häusern auf der gegenüberliegenden Seite zu gelangen.
Sie kämpfen sich durch Schlamm und Wasser auf einer Überfluteten Straße, um zu den Häusern auf der gegenüberliegenden Seite zu gelangen. © dpa | Franziska Kraufmann
Wucht der Wassermassen: Zwei Autos wurden in Braunsbach an eine Hauswand gespült.
Wucht der Wassermassen: Zwei Autos wurden in Braunsbach an eine Hauswand gespült. © dpa | Franziska Kraufmann
Auch die Hausfassade und die großen Fenster wurden schwer beschädigt.
Auch die Hausfassade und die großen Fenster wurden schwer beschädigt. © dpa | Franziska Kraufmann
Auch in anderen Orten in Baden-Württemberg sind schwere Schäden entstanden. Die Landstraße zwischen Biberach und Ringschnait wurde unterspült; die Fahrbahn ist unpassierbar.
Auch in anderen Orten in Baden-Württemberg sind schwere Schäden entstanden. Die Landstraße zwischen Biberach und Ringschnait wurde unterspült; die Fahrbahn ist unpassierbar. © dpa | Thomas Warnack
Dunkle Gewitterwolken zogen am Sonntagabend auch über Straubing (Bayern).
Dunkle Gewitterwolken zogen am Sonntagabend auch über Straubing (Bayern). © dpa | Armin Weigel
Im thüringischen Ilmenau pumpen Feuerwehrleute die Wassermassen ab. An vielen Orten der Universitätsstadt sorgten Niederschläge mit Gewitter und Hagel für Überschwemmungen.
Im thüringischen Ilmenau pumpen Feuerwehrleute die Wassermassen ab. An vielen Orten der Universitätsstadt sorgten Niederschläge mit Gewitter und Hagel für Überschwemmungen. © dpa | arifoto UG
Sintflutartige Regengüsse erreichten große Teile Süddeutschlands. Bei einer Bahnhofsunterführung in Schwäbisch Gmünd (Baden-Württemberg) sind zwei Menschen ums Leben gekommen, darunter ein Feuerwehrmann. Laut ersten Ermittlungen wollte der Feuerwehrmann die in Not geratene Person retten und war selbst von den Fluten mitgerissen worden.
Sintflutartige Regengüsse erreichten große Teile Süddeutschlands. Bei einer Bahnhofsunterführung in Schwäbisch Gmünd (Baden-Württemberg) sind zwei Menschen ums Leben gekommen, darunter ein Feuerwehrmann. Laut ersten Ermittlungen wollte der Feuerwehrmann die in Not geratene Person retten und war selbst von den Fluten mitgerissen worden. © dpa | Jan-Philipp Strobel
In Schwäbisch Gmünd saugen Feuerwehrmänner Wasser und Schlamm aus einer Unterführung. Nach den starken Regenfällen ...
In Schwäbisch Gmünd saugen Feuerwehrmänner Wasser und Schlamm aus einer Unterführung. Nach den starken Regenfällen ... © dpa | Sven Friebe
... wurden zahlreiche Unterführungen und Straßen überschwemmt.
... wurden zahlreiche Unterführungen und Straßen überschwemmt. © dpa | Sven Friebe
Feuerwehrmänner im Einsatz in einer überschwemmten Unterführung in Schwäbisch Gmünd.
Feuerwehrmänner im Einsatz in einer überschwemmten Unterführung in Schwäbisch Gmünd. © dpa | Sven Friebe
Aus der vollgelaufenen Unterführung wird ein Auto geborgen.
Aus der vollgelaufenen Unterführung wird ein Auto geborgen. © dpa | Sven Friebe
Mehrere Straßen in Schwäbisch Gmünd wurden bei dem Unwetter überschwemmt.
Mehrere Straßen in Schwäbisch Gmünd wurden bei dem Unwetter überschwemmt. © dpa | Jonas Heilgeist
Auch in Bayern hat „Elvira“ gewütet. Das Sturmtief hinterließ nicht nur Schlamm und Überschwemmungen, sondern auch große Hagelkörner, wie hier in Ansbach.
Auch in Bayern hat „Elvira“ gewütet. Das Sturmtief hinterließ nicht nur Schlamm und Überschwemmungen, sondern auch große Hagelkörner, wie hier in Ansbach. © dpa | Mathias Neigenfind
Das Erzgebirge wurde zudem von einem schweren Hagelunwetter heimgesucht.
Das Erzgebirge wurde zudem von einem schweren Hagelunwetter heimgesucht. © dpa | Bernd März
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„Die Rettungsarbeiten waren durch das Wetter so gefährlich, dass wir erst am nächsten Mittag die Leichen bergen konnten“, sagt Markus Herrmann von der Stadt Schwäbisch Gmünd. Mehr als 650 Einsatzkräfte seien allein in dieser Nacht im Einsatz gewesen. „Unsere Nachbargemeinden sind ganz unkompliziert sofort eingesprungen.“

Innerhalb von zwölf Stunden fiel in Baden-Württemberg sowie in Bayern so viel Regen wie sonst innerhalb von mehreren Wochen oder sogar Monaten: rund hundert Liter pro Quadratmeter. In Weißbach im Hohenlohekreis starb ein 62 Jahre alter Mann in einem überfluteten Keller. Bei Schorndorf suchte ein 13 Jahre altes Mädchen unter einer Eisenbahnbrücke Schutz vor dem Regen, sie wurde von einem Intercity erfasst und getötet. Ein Freund, der die 13-Jährige begleitete, überlebte. Er steht unter Schock.

Erdrutsche blockierten Straßen

Am Montagmorgen bot sich vielerorts ein Bild der Verwüstung. Besonders schwer wurde der kleine Ort Braunsbach im Norden von Baden-Württemberg getroffen. Zwei Bäche verwandelten sich in einen reißenden Strom und rissen alles mit. Baumstämme wurden durch die Straßen gespült, Autos an Hauswände gedrückt oder von Schlamm und Geröll verschüttet.

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Auch in Thüringen, Hessen und Bayern richtete die Gewitterfront große Schäden an. Im mittelfränkischen Flachslanden bei Ansbach liefen Keller voll, Erdrutsche blockierten Straßen. Ein Feuerwehrmann berichtet: „Das ist ein Ort der Verwüstung.“ Die Wassermassen hätten Autos mitgerissen, Verkehrsschilder seien wie Streichhölzer umgeknickt.

Auch die Anwohner im Zentrum von Schwäbisch Gmünd mussten ihre Keller auspumpen. Karin Werner hat kaum geschlafen: „Wir haben den ganzen Abend Schlamm geschaufelt“, sagt sie, „und ich hab mich schon geärgert, dass die Straßen voller Schaulustiger waren, die lieber ein Handyvideo drehen wollten.“ Da wusste sie noch nichts von dem Unglück mit zwei Toten, nur wenige Hundert Meter von ihrer Haustür entfernt.

520 Menschen in Sicherheit gebracht

Oguzhan T. steht an der Unglücksstelle, schaut auf seinem Handy Facebook-Fotos von Anil B. an. Dann zeigt er auf einen Baum. „Dort, wo die Rinde abgerieben ist, dort war das Seil“, sagt er. Rund 20 bis 30 Feuerwehrmänner hätten daran gezogen, um ihren Kameraden zu sichern. Dann sei es gerissen.

Für vier Menschen kam in dieser Nacht jede Hilfe zu spät. Am Montagabend aber teilte Thomas Strobl, Innenminister von Baden-Württemberg, mit, dass Helfer in den betroffenen Gebieten 42 Menschen aus lebensgefährlichen Situationen gerettet haben. Insgesamt hätten Polizei und Feuerwehr 520 Menschen in Sicherheit gebracht.

Am Mittwoch soll ein neues Tief von Osten in Deutschland eintreffen. Der Deutsche Wetterdienst rechnet dann wieder mit mehr Niederschlag und neuen Gewittern – das Unwetterpotenzial werde aber wohl voraussichtlich nicht mehr so hoch sein wie am Sonntag.