London/Amsterdam. Europas Königshäuser fürchten heute wie nie zuvor um ihre Sicherheit und schirmen sich ab. Dabei ist Bürgernähe ihr höchstes Gebot.

Für einen Jungen namens George, der in Großbritannien aufwächst, sind die Kameras, die um seinen Sandkasten hängen, nicht einmal einen Blick nach oben wert. 20 an der Zahl sollen es sein. Aufgestellt um die Montessori-Kita des zweijährigen Prinzen im beschaulichen südenglischen Amner Hall, wie britische Medien gerne berichten. Seine Nanny Maria Teresa Borrallo spricht vier Sprachen, beherrscht Kampfkunst, und über seinem Haus besteht eine Flugverbotszone.

Das alles ist nichts Außergewöhnliches, sondern sind nur die militärischen Vorschriften und Sicherheitsstandards, wie sie in vielen europäischen Königshäusern derzeit vorherrschen. In Zeiten von internationalem Terror und digitaler Mediennutzung bangen die alteingesessenen Monarchien um ihre Kinder. Noch nie in der Geschichte war das Sicherheitsnetz, was die kleinen Royals umgab, so engmaschig, noch nie allerdings waren ihre Eltern so sehr darum bemüht, sich bescheiden zu geben.

Brief mit Appell an die Moral der Medien

„Die Queen besuchte in ihrer Kindheit und Jugend die Palastschule, doch das ist ein Zustand, zu dem die britische Monarchie nicht zurückkehren möchte. Heute möchte man sich bürgernah präsentieren“, erklärt Rolf Seelmann-Eggebert unserer Redaktion. Man sei allerdings bei Scotland Yard immer darauf bedacht gewesen, so der ARD-Adelsexperte, dass der Aufwand und die Kosten für die Sicherheit der Royals nie öffentlich gemacht werden.

Im Alltag äußert sich diese Diskrepanz zwischen Nähe und Distanz zum Volk immer wieder in irrsinnigen Widersprüchen. So ist Herzogin Kate (34) darauf bedacht, ihre einjährige Tochter Prinzessin Charlotte in der immer nahezu identischen Strickjacke zum Babykleid zu präsentieren, was der Daily-Mail-Kolumnistin Siofra Brennan auffiel. Ein inoffizielles Foto von Kates Tochter kann allerdings zum Eklat werden. So geschehen kurz nach ihrer Geburt, als der Kensington Palast in einem historisch einmaligem Vorgang in einem Brief an die Moral der Medien appellierte.

Máximas Wachsystem wird zum Politikum

Gleich Taten, statt geschriebener Worte lassen dagegen Alexander Willem (49) und seine Frau Máxima (44), das Königspaar der Niederlande, walten. Seit 2009 am Nationalfeiertag ein unmittelbares Attentat auf die royale Familie vereitelt werden konnte, zog das Königspaar Konsequenzen. Fast 60 Millionen Euro lassen sich Máxima und Alexander Willem den Umbau ihres künftigen Wohnsitzes, des Schlosses Huis ten Bosch, kosten – Geld, das vor allem in die Sicherheitssysteme der Anlage sickert, wie niederländische Medien berichten.

Bis zum Umzug 2018 gilt höchste Geheimhaltungsstufe. Und auch im Urlaub sorgt Máxima, die in ständiger Sorge um die Sicherheit ihrer Töchter Amalia (12), Alexia (10) und Ariane (9) ist, für Aufregung im Volk. Als Máxima das Nachbargrundstück ihrer Sommerresidenz an der griechischen Peloponnes aus Sicherheitsgründen für eine halbe Millionen Pacht auf 30 Jahre gleich mit mietete, platzte dem Chef der linksliberalen Koalitionspartei D66 Alexander Pechtold der Kragen. Natürlich müsse man das Königspaar schützen, aber dies ginge deutlich zu weit, sagte der Politiker dem Sender RTL Nieuws. Schon jetzt fahren die drei Töchter des niederländischen Königspaares in gepanzerter Limousine zur Schule. Und das ist wohl nur das, was von außen sichtbar ist.

Wachmann vor der Schule

Wie streng die Sicherheitsvorkehrungen um die Königskinder nämlich tatsächlich sind, tritt immer dann zutage, wenn ein ungeplanter Zwischenfall passiert. Wie im Januar dieses Jahres, als die norwegische Königstochter Ingrid Alexandra (12) miterleben musste, wie ihr Leibwächter aus Versehen in seinem Wachhäuschen einen Schuss abfeuerte. Der Mann, der zu den Schulzeiten von König Haakons (42) und Mette Marits (42) Tochter in dem extra errichteten Häuschen vor der internationalen Schule sitzt, wurde suspendiert. Wie lange die Prinzessin weiter die öffentliche Schule besuchen darf, sei laut des norwegischen Senders NRK seitdem fraglich.

Mit der gewünschten Bürgernähe und Bescheidenheit in europäischen Krisenzeiten hat das alles nichts mehr zu tun. ARD-Reporter Rolf Seelmann-Eggebert macht sich zumindest, was das britische Königshaus angeht, keine Sorgen. „William und Harry mussten zu ihren Zeiten schon wesentlich weniger repräsentieren und bei offiziellen Terminen zugegen sein als ihr Vater Charles. Das wird sich in der Generation von George wohl steigern“, sagt der Royal-Kenner.

George werde wohl auch mit seinen bürgerlichen Großeltern mehr Zeit verbringen, was sein Weltbild anders prägen werde. Zuletzt plauderte auch der ehemalige Küchenchef des britischen Palastes, Darren McGrady, in der „Britweek“ aus: „Wenn ich eine Sache an William und Kate auszusetzen hätte, dann, dass sie für Royals zu normal sind.“ Für die Bodenständigkeit ihrer Kinder George und Charlotte lässt das hoffen.