Detmold. Für Beihilfe zum Mord in mindestens 100.000 Fällen soll ein Ex-Auschwitz-Wachmann sechs Jahre ins Gefängnis. Er wusste vom Massenmord.

Im Detmolder Auschwitz-Prozess fordert die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren für den angeklagten ehemaligen SS-Wachmann Reinhold Hanning. Der 94-Jährige habe sich der Beihilfe zum Mord an mindestens 100.000 Häftlingen schuldig gemacht, sagte Oberstaatsanwalt Andreas Brendel am Freitag.

„Der Angeklagte hat am Vernichtungszweck des Lagers mitgewirkt“, sagte Brendel in seinem Plädoyer. In Auschwitz habe es Massenerschießungen, Hungertod und die massenhafte Vergasung von Häftlingen gegeben. Insgesamt waren im Vernichtungslager der Nationalsozialisten 1,1 Millionen Menschen umgebracht worden, vor allem Juden. „Wir sind es den Opfern schuldig, die Verbrechen auch heute noch zu verfolgen“, betonte Brendel.

Plädoyers der Nebenkläger in kommenden Wochen

Hanning hatte im Prozess zugegeben, Mitglied der SS-Wachmannschaft in Auschwitz gewesen zu sein und vom Massenmord gewusst zu haben. Brendel betonte, es habe zur Aufgabe der Wachleute gehört, dass Häftlinge nicht lebend das Lager verließen.

Staatsanwalt Andreas Brendel fordert sechs Jahre Haft für den Angeklagten.
Staatsanwalt Andreas Brendel fordert sechs Jahre Haft für den Angeklagten. © dpa | Bernd Thissen

Zu dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft war es am Detmolder Landgericht überraschend noch am 15. Verhandlungstag gekommen, nachdem die Kammer einen Befangenheitsantrag aus den Reihen der Nebenkläger zurückgewiesen hatte. Damit hatten sich die Nebenkläger gegen die Entscheidung des Gerichts gewehrt, einen aus den USA angereisten Lager-Überlebenden nicht als Zeugen zu hören.

In der kommenden Woche sollen die Plädoyers der Nebenkläger beginnen. Abschließend ist die Verteidigung an der Reihe. (dpa)