Stuttgart. Weil „Dashcams“ in Autos überwiegend Unbeteiligte filmen, sind sie umstritten. Vor Gericht können sie dennoch Beweismittel liefern.

Nach Ansicht des Oberlandesgerichtes in Stuttgart können Verkehrsteilnehmer verurteilt werden, wenn ein Video eines anderen Verkehrsteilnehmers sie überführt. Das Gericht bezieht sich in seinem Urteil auf sogenannte „Dashcams“, die auf dem Armaturenbrett von Autos montiert werden.

Der Einsatz solcher Kameras ist zwar aus Datenschutzgründen umstritten – es bestehe aber kein Verbot, auf diese Weise entstandenes Beweismaterial zu verwerten, teilte das Gericht am Mittwoch mit. (AZ: 4 Ss 543/15)

Rot-Sünder wurde bei Vergehen gefilmt

Im behandelten Fall war ein Autofahrer über eine Ampel gefahren, die bereits sechs Sekunden auf rot gestanden hatte. Das Amtsgericht Reutlingen verhängte dafür eine Geldbuße von 200 Euro und ein Fahrverbot von einem Monat. Da der Nachweis ausschließlich über die Videoaufnahmen aus der Bord-Kamera eines anderen Fahrzeugs stammte, ging der Verurteilte in die nächste Instanz. Das Oberlandesgericht Stuttgart bestätigte nun das Reutlinger Urteil.

Offen ließen die Stuttgarter Richter, ob der Einsatz der „Dashcam“ gegen das Bundesdatenschutzgesetz verstoßen hat, das die Beobachtung öffentlicher Räume mit Kameras stark reguliert. Sie wiesen darauf hin, dass das Gesetz kein Verbot der Beweisverwertung enthalte. Da das Video nicht die Privat- oder Intimsphäre des Betroffenen verletze, wiege die Verfolgung schwerer Verkehrsverstöße schwerer. Die Bußgeldbehörden könnten aber weiterhin frei entscheiden, ob sie ein auf „Dashcam“-Beweisen beruhendes Verfahren verfolgen wollten.

Erstes Urteil auf höherer Ebene

Der juristische Umgang mit dieser Art Kameras ist aus Datenschutzgründen umstritten, wie sich auch im Januar beim Deutschen Verkehrsgerichtstag zeigte. Nach Angaben des Stuttgarter Oberlandesgerichts handelt es sich bei seinem Urteil um die erste obergerichtliche Entscheidung zu dieser Frage. Das Landgericht Heilbronn hatte im vergangenen Jahr entschieden, dass solche Aufnahmen im Zivilprozess nicht als Beweismittel verwertet werden können.

Während die juristische Situation zu „Dashcams“ in Deutschland bislang unklar war, sind Aufnahmen aus den Kameras in anderen Ländern schon länger als Beweismaterial vor Gericht zugelassen – so zum Beispiel in Russland. Dort versuchen Autofahrer, sich bei fingierten Unfällen zu schützen, zudem bieten Autoversicherungen dort Rabatte für Fahrer an, die eine „Dashcam“ nutzen. Auch in Großbritannien gibt es diese Rabatte.

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Videos von besonders skurrilen oder spektakulären Unfällen sind im Internet zum Phänomen geworden. Die meisten Vorfälle stammen dabei aus genau den Ländern, in denen „Dashcams“ weitgehend erlaubt sind und deshalb von vielen Autofahrern genutzt werden.. (epd)