Berlin. Ebay ist ein Supermarkt, WhatsApp eine Telefonzelle, Twitter eine Parkbank. Ein Dorf in Italien spielt Internet – nur eben ohne Netz.

Civitacampomarano hat es nicht leicht. In dem Dorf in der italienischen Region Molise, das einst immerhin mehr als 3000 Einwohner zählte, leben heute noch gerade einmal 400 Menschen. Die meisten sind jenseits der 50 und ohne Internet groß geworden, die Jüngeren hat es längst in die nächste Stadt gezogen.

Hauptattraktion ist ein mittelalterliches Schloss, Mitte Mai feiert man das Fest des Schutzpatrons Liberatore. Der Verkehr auf der nahen Strada Statale 157 ist überschaubar und Internet haben in Civitacampomarano die wenigsten. Für den Mailänder Künstler Biancoshock ist das Dorf in den Apenninen der ideale Ort.

Für ein kleines, aber feines Straßenkunstfest, mit dem sich der Ort in den letzten Jahren einen Namen gemacht hat, verwandelte Biancoshock das 520 Meter hoch in den Bergen gelegene Dorf kürzlich in ein, nun ja, real existierendes Internet. Der Künstler transportierte für alle Web-Nutzer unverzichtbare Institutionen wie Ebay, Google oder YouTube zurück ins wirkliche Leben. „Web 0.0“ nennt er sein Projekt, von dem auch ein Video existiert.

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Und das sieht dann so aus: Die Googlemail wandert in den Briefkasten aus Blech. Wer Botschaften übermitteln will, kann die grün gestrichene WhatsApp-Telefonzelle benutzen – oder den altmodischen Aushangkasten, genannt „Facebook“. Der Chat bei Twitter findet auf der Holzbank in der Ortsmitte statt. Die Dorfälteste mit ihrer Erfahrung und Lebensklugheit personifiziert das Online-Lexikon Wikipedia. Und so weiter.

Künstler erschafft ein Internet-Dorf

Der Tratsch auf der Holzbank im italienischen Civitacampomarano ersetzt den Chat bei Twitter. Mehr als 140 Zeichen zu erzählen? Auf der Bank kein Problem.
Der Tratsch auf der Holzbank im italienischen Civitacampomarano ersetzt den Chat bei Twitter. Mehr als 140 Zeichen zu erzählen? Auf der Bank kein Problem. © www.biancoshock.com | Biancoshock
Der Künstler Biancoshock hat den Ort in ein „greifbares Internet“ verwandelt. Die Dorfälteste weiß zwar nicht alles so detailliert wie Wikipedia. Aber als Quelle der Lebensweisheit ist sie unschlagbar.
Der Künstler Biancoshock hat den Ort in ein „greifbares Internet“ verwandelt. Die Dorfälteste weiß zwar nicht alles so detailliert wie Wikipedia. Aber als Quelle der Lebensweisheit ist sie unschlagbar. © www.biancoshock.com | Biancoshock
„We transfer“ – mit dem Kleinlaster dauert es vielleicht etwas länger. Aber die Fracht kommt an.
„We transfer“ – mit dem Kleinlaster dauert es vielleicht etwas länger. Aber die Fracht kommt an. © www.biancoshock.com | Biancoshock
Ebay mal nicht als virtuelles Auktionshaus, sondern als Supermarkt mit Vorhang vor der Tür.
Ebay mal nicht als virtuelles Auktionshaus, sondern als Supermarkt mit Vorhang vor der Tür. © www.biancoshock.com | Biancoshock
Telefonzelle mit Aussicht: Warum auf WhatsApp ausweichen, wenn das gute alte Festnetz solch einen Blick bietet?
Telefonzelle mit Aussicht: Warum auf WhatsApp ausweichen, wenn das gute alte Festnetz solch einen Blick bietet? © www.biancoshock.com | Biancoshock
Googlemail im „Web 0.0“: Der Briefkasten wird tatsächlich geleert. Spam bleibt die Ausnahme.
Googlemail im „Web 0.0“: Der Briefkasten wird tatsächlich geleert. Spam bleibt die Ausnahme. © www.biancoshock.com | Biancoshock
Ein lauschige Hütte fürs traute Beisammensein – wer braucht da noch Tinder?
Ein lauschige Hütte fürs traute Beisammensein – wer braucht da noch Tinder? © www.biancoshock.com | Biancoshock
Virenschutz gibt’s auch ohne Rezept – gleich in der Apotheke im Ort.
Virenschutz gibt’s auch ohne Rezept – gleich in der Apotheke im Ort. © www.biancoshock.com | Biancoshock
Internetseite bei RSS abonnieren? Warum, wenn die ausgestellte Zeitungsseite die Neuigkeiten präsentiert.
Internetseite bei RSS abonnieren? Warum, wenn die ausgestellte Zeitungsseite die Neuigkeiten präsentiert. © www.biancoshock.com | Biancoshock
Freunde finden kann man nicht nur bei Facebook, sondern auch auf dem Dorfplatz.
Freunde finden kann man nicht nur bei Facebook, sondern auch auf dem Dorfplatz. © www.biancoshock.com | Biancoshock
YouTube für alle. Schließlich gibt es ja noch das Fernsehen.
YouTube für alle. Schließlich gibt es ja noch das Fernsehen. © www.biancoshock.com | Biancoshock
Auch das ist Facebook in Civitacampomarano: der Aushang am Infokasten an der Straßenecke.
Auch das ist Facebook in Civitacampomarano: der Aushang am Infokasten an der Straßenecke. © www.biancoshock.com | Biancoshock
Google geht auch im richtigen Leben – darauf ein ganz reales Bierchen in der Dorfkneipe!
Google geht auch im richtigen Leben – darauf ein ganz reales Bierchen in der Dorfkneipe! © www.biancoshock.com | Biancoshock
Das Straßenkunstfest in Civitacampomarano hat sich in den letzten Jahren etabliert und findet immer mehr Anhänger.
Das Straßenkunstfest in Civitacampomarano hat sich in den letzten Jahren etabliert und findet immer mehr Anhänger. © www.biancoshock.com | Biancoshock
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Der Street-Art-Künstler Biancoshock, der aus seiner Person gern ein Geheimnis macht, hat es sich als Künstler zu eigen gemacht, seine Ideen und Projekte für eine begrenzte Zeit an einem klar umrissenen Ort umzusetzen – und sie dann auf Fotos, in Videos oder im Internet fortleben zu lassen. Er wolle aktuelle Lebenswirklichkeiten widerspiegeln, erzählte er dem italienischen Onlineportal „vocidicitta.it“.

Zuerst bringe er die Betrachter zum Schmunzeln und Staunen, um ihnen dann sein eigentliches Anliegen zu präsentieren. Im Falle des kleinen italienischen Ortes: Die Vereinsamung des Einzelnen in der Gesellschaft durch das unpersönliche und anonyme Internet. Einen passenderen Ort als das langsam sterbende Civitacampomarano konnte der Künstler dafür kaum finden.