Köln. Nach den Silvester-Übergriffen in Köln steht ein Mann wegen sexueller Nötigung vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft rudert aber zurück.

Nach den massiven Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht in Köln hat am Freitag der erste Prozess wegen versuchter sexueller Nötigung begonnen. Angeklagt ist ein 26-jähriger Algerier. Er soll zu einer Gruppe von etwa zehn Männern gehört haben, die eine Frau im Hauptbahnhof umzingelt, begrapscht und bestohlen haben sollen. Die Staatsanwaltschaft ließ jedoch den Haupttatvorwurf schnell fallen.

Das 54 Jahre alte Opfer schilderte in der Verhandlung, wie es sich plötzlich von Männern umkreist fand. „Ich habe das als sehr bedrohlich empfunden.“ Überall an ihr seien fremde Hände gewesen, sagte die Frau. Später bei der Polizei hatte sie den 26-Jährigen anhand eines Fotos „mit 70-prozentiger Wahrscheinlichkeit“ identifiziert. Doch als sie den Mann in der Verhandlung sah, kam er ihr nicht bekannt vor. Dennoch forderte die Staatsanwaltschaft für den Algerier eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten wegen Hehlerei und versuchten Diebstahls.

Laut Anklage haben mehrere Täter das Opfer zwei bis drei Minuten lang „in sexueller Motivation“ unter anderem am Gesäß angefasst. In dem Getümmel soll der 26-Jährige der Frau das Handy aus der Tasche gezogen haben. Deshalb ist er auch wegen Raubes angeklagt. Nach Angaben seines Verteidigers bestreitet er die Vorwürfe.

Silvesternacht: Von 1170 Anzeigen 492 wegen Sexualstraftaten

In dem Prozess vor dem Kölner Amtsgericht muss sich auch der Bruder des 26-Jährigen wegen Raubes und versuchten Diebstahls verantworten. Der 23-Jährige soll ebenfalls einer Frau das Handy gestohlen haben, als sie von mehreren Tätern umstellt wurde.

In der Silvesternacht hatten Gruppen von Männern – nach Zeugenaussagen vor allem mit nordafrikanischem oder arabischem Aussehen – Frauen am Kölner Hauptbahnhof eingekreist, bedrängt und bestohlen.

Bei der Kölner Staatsanwaltschaft sind wegen der Übergriffe knapp 1170 Anzeigen eingegangen, 492 davon wegen einer Sexualstraftat. Neun Männer wurden bislang unter anderem wegen Diebstahls verurteilt. (dpa)