Moskau. Ein Bagger zerlegt ein Flugzeug: Die Erklärung, wieso ein Video der Szene nach Jahren Furore macht, ist ein Lehrstück über das Internet.

Es wäre eine so nette Geschichte: Ein Techniker einer russischen Fluggesellschaft rächt sich auf drastische Weise für seine Entlassung. Das zumindest wird in zahlreichen Berichten auf Newsseiten in aller Welt spekuliert. Mit einem Bagger demoliert der Mann einen Jet der Airline – aus Rache, heißt es dann. Auch unsere Redaktion war dieser Geschichte kurz auf den Leim gegangen. Doch die Story geht anders, und die Rechnungen für allzu leichtfertigen Umgang mit dem Video kommen noch.

Offenbar der Tweet des Twitternutzers @OnlyinRussia hat die Berichterstattung in vielen Medien ausgelöst. Die Szene mutet nach der Beschreibung auch zu verrückt an: Ein mutmaßlicher Beschäftigter der Fluglinie UTAir schlägt immer wieder mit dem Greifarm des Baggers auf die Maschine ein, die Außenwand wird eingedrückt wie Papier. Doch ehe das Cockpit des Flugzeugs abreißt, lässt der Mann von dem Jet ab und dreht den Greifarm weg.

Die Szene, die da Furore macht, ist aber schon alt. Sie lässt sich über Jahre zurückverfolgen, immer wieder wurde sie von Nutzern in verschiedenen Netzwerken neu hochgeladen, ohne Verweis auf die vorige Quelle. Der „Daily Mirror“ landete bei einem Video aus dem Februar 2015 auf der Seite Liveleaks. „Pilot schuldet Bauarbeiter Geld“, heißt das Video dort.

In den Kommentaren finden sich auch Hinweise darauf, dass vielleicht doch nicht die ausgelebte Rache eines gefeuerten Mitarbeiters zu sehen ist. Nutzer schreiben ebenso wie aktuell im Forum von Airliners.net, es sehe mehr nach dem Verschrotten einer Maschine aus. Triebwerke fehlten bereits. Die russische Fluggesellschaft UTair hat auch seit Jahren keine Maschine vom TYP Yak-40 mehr in ihrer Flotte. Von der Wikipediaseite sind die Maschinen am 19. Mai 2011 verschwunden. Auf eine Anfrage unserer Redaktion reagierte die Gesellschaft bislang nicht.

Unsere Redaktion hat die Szene aber noch weiter zurückverfolgen können: Bereits im Juni 2011 hat dieses Video ein Nutzer auf Youtube hochgeladen – und die Rechte zur Vermarktung an die Agentur Viralhog abgetreten. Bislang hatte das Video vergleichsweise wenige Abrufe.

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Das dürfte an der ganzen Geschichte liegen, die bei Viralhog zu erfragen ist: In dem Film wird tatsächlich ein Flugzeug planmäßig verschrottet, und das im westsibirischen Tjumen. „Die Geschichte vom verärgerten Angestellten ist völlig falsch“, antwortet Viralhog auf Anfrage unserer Redaktion.

Für die Agentur könnte es aber von Vorteil sein, dass die schön absurde Geschichte sich so verbreitet hat und einige Medien das Video selbst hochgeladen haben: „Die Nutzung ohne Genehmigung ist eine illegale Copyright-Verletzung, wir verfolgen das aktiv. Viele, die es jetzt verwendet haben, zahlen dafür richtig.“ Auch die „Daily Mail“ stellt die Geschichte inzwischen anders dar, nämlich richtig.