Chanhassen/Berlin. Prince war ein Hochbegabter der Popmusik. Sein früher Tod schockt die Musikwelt. Der exzentrische Musikstar wurde nur 57 Jahre alt.
Er gehörte – mit Madonna und Michael Jackson – zum Dreigestirn des Superstar-Pops in den 80er-Jahren. Er sang vom lila Regen („Purple Rain“) und von weinenden Tauben („When Doves Cry“). Und er sang vom Küssen, vom Sex, immer wieder. Er war der erste Künstler, der seinen Künstlernamen, ein Markenzeichen auf dem ganzen Globus, nicht mehr tragen und künftig nur noch ein Symbol sein wollte. Er war (gefühlt) der erste, der im Radio überpiept wurde: „Sexy Motherfucker“ durfte nur „Sexy MF“ heißen. Und er war der Mann, der Rock, Funk und R&B miteinander verschmolz wie niemand anderes vor ihm. Am Donnerstag ist Prince, der Pop-Pionier, im Alter von 57 Jahren gestorben.
Prince, am 7. Juni 1958 im US-Bundesstaat Minnesota geboren als Prince Rogers Nelson, war schon einige Jahre im Geschäft, als ihn 1984 der Geniestreich „Purple Rain“ nach ganz oben katapultierte – für die Filmmusik erhielt Prince 1985 einen Oscar, Album und Single standen an der Spitze der Charts. Insgesamt sollte Prince mehr als 100 Millionen Tonträger in seiner Karriere verkaufen. Er hatte große Hits („Sign O’ the Times“, „Kiss“), beeinflusste Generationen von Musikern und galt als künstlerisches Genie – nicht nur, weil er als Multiinstrumentalist seine Songs oft alleine einspielte, sondern weil sein Verschmelzung verschiedener Einflüsse avantgardistisch und massentauglich zugleich war.
Prince ist tot – Musik-Ikone in Bildern
Paradebeispiel des um seine Integrität ringenden Künstlers
Außerdem war der nur 1,57 Meter große Musiker, der einer Künstlerfamilie entstammte, das Paradebeispiel des um seine Integrität und Freiheit ringenden Künstlers. Ende der 80er-Jahre spitzten sich die Konflikte mit der Plattenfirma zu. Sie gipfelten schließlich in der so radikalen wie mutigen Entscheidung des Musikers, fortan nicht mehr als Prince aufzutreten, sondern unter einem Namen, der kein Name mehr war, vielmehr ein unaussprechliches Zeichen. Über viele Jahre hinweg firmierte Prince anschließend wahlweise als „Symbol“ oder „TAFKAP“ – „The Artist formerly known as Prince“, der Künstler, der einst Prince genannt wurde.
Und so wurde aus einem, der auch kommerziell Maßstäbe gesetzt hatte, ein Grenzgänger, der sich das Wort „Slave“ (dt. Sklave) auf die Wange schrieb, um auf die kunstfeindlichen Versuche der Einflussnahme aufmerksam zu machen, die von der Plattenindustrie ausgingen. Durch seinen Kleidungsstil galt Prince früh als exzentrisch, und sein Verhalten war oft mindestens kapriziös: Mit den Musikern in seiner Band verstand er sich meist nicht gut. Dass er keine Haltung gehabt hätte, konnte man ihm nie vorwerfen. Sein Schaffen blieb, was die Quantität der Songs angeht, auch in den Neunzigern ertragreich. Und doch sank der Stern des Mannes, der in einer Zeit sehr berühmt war, in der an der Aufmerksamkeitsbörse noch keine Twitter- und Facebookaktien gehandelt wurden. Anders als Madonna, die sich immer wieder neu erfand, gelangen Prince über viele Jahre keine Hits mehr.
Er rannte dem Zeitgeist jedoch auch nie hinterher – eine unterschätzte Qualität.
Mit „Musicology“ lief es ab 2004 wieder besser für Prince
Ab Mitte der Nullerjahre lief es wieder besser für den Mann, den die „New York Times“ am Donnerstag in einem ersten Nachruf einen „singulären Musikstar“ nannte. „Musicology“ (erschienen 2004) und „3231“ (2006) fanden gleichermaßen bei Kritikern und Käufern Anklang. Mit Vorliebe ärgerte er weiterhin die Plattenindustrie und experimentierte als Künstler, der finanziell längst ausgesorgt hatte, mit neuen Vertriebswegen. 2007 wurde sein Album „Planet Earth“ einer Sonntagszeitung in Großbritannien kostenlos beigelegt. Auf Tour kam Prince immer wieder, aber so groß wie in den 80ern war er auch bei den Live-Auftritten nie wieder.
Wer damals jung war, dem hat Prince automatisch zumindest den Hintergrund-Soundtrack seines Lebens beschert. Wenige waren selbstbewusster als er, der 2010 behauptete, das Internet sei „total vorbei“.
Gerade erst hatte er, der einmal sagte, grundsätzlich nicht über die Vergangenheit zu reden, seine Memoiren für 2017 angekündigt.
Musikwelt trauert um eine Legende
Vergangene Woche war Prince, der sich auf einer Tourneereise befand, wegen einer schweren Grippe im Krankenhaus. Nach kurzer Zeit konnte er es wieder verlassen und ins heimische Minnesota reisen. Dort wurde er offenbar am Donnerstagfrüh Ortszeit tot aufgefunden. Seine Sprecherin bestätigte den Tod des Musikers.
In den sozialen Netzwerken herrschte wie in diesen Fällen meist purer Unglaube – „This can’t be true“, twitterte Justin Timberlake. Vor seinem Anwesen in einem Vorort seiner Geburtsstadt Minneapolis sammelten sich die Fans und weinten um diesen einzigartigen Künstler, der auf seine Weise einer der größten Selbstdarsteller war, den der Pop je hatte – ein Neuerer und eine Legende, die viel zu früh ging.