Rom. Möglicherweise Hunderte Flüchtlinge sollen bereits am Samstag im Mittelmeer ertrunken sein. Das Hilfswerk UNHCR bestätigte Berichte.

Bei einer der schlimmsten Flüchtlingstragödien der vergangenen Jahre sind im Mittelmeer möglicherweise bis zu 500 Menschen ertrunken. Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR bestätigte am Mittwoch unter Berufung auf Augenzeugen seit Tagen kursierende Berichte, wonach zwischen Libyen und Italien ein Schiff mit Hunderten Migranten untergegangen sei. Die Organisation hatte in der griechischen Stadt Kalamata mit 41 Überlebenden gesprochen. Demnach soll sich das Unglück in der vergangenen Woche ereignet haben.

Bereits am Montag waren Berichte über die erneute Katastrophe aufgetaucht, allerdings hatten zunächst weder die Küstenwache Italiens oder Griechenlands noch Hilfsorganisationen den Schiffbruch bestätigen können. Am Dienstag gelang es nun UNHCR-Mitarbeitern in Kalamata mit Überlebenden zu sprechen und Informationen zu sammeln. Demnach könnte es sich „um eine der schlimmsten Flüchtlingstragödien der letzten zwölf Monate handeln“, hieß es in einer Mitteilung.

Flüchtlinge sollten auf anderes Schiff umsteigen – das sank

Die Überlebenden, die auf einem anderen Boot unterwegs waren, waren den Erzählungen nach in der vergangenen Woche vom libyschen Tobruk aus auf einem etwa 30 Meter langen Holzboot in Richtung Italien aufgebrochen. Insgesamt sollen 100 bis 200 Menschen an Bord gewesen sein. „Nach einiger Zeit auf See sollten sie auf ein größeres Schiff umsteigen, auf dem bereits andere Menschen waren“, sagte UNHCR-Sprecherin Barabara Molinario der Deutschen Presse-Agentur. „Das andere Boot war jedoch völlig überfüllt und ist während des Umsteigens gekentert.“

Dabei seien nach Aussage der Interviewten bis zu 500 Menschen ertrunken. Die 41 Augenzeugen – 37 Männer, drei Frauen und ein dreijähriges Kind aus Somalia, Äthiopien, Ägypten und dem Sudan – überlebten nur, weil sie noch nicht auf das andere Boot umgestiegen waren oder zu dem kleineren Boot zurückschwammen. Anschließend trieben sie nach UNHCR-Angaben mehrere Tage auf See, bevor ein Handelsschiff sie rettete und am Samstag nach Griechenland brachte.

Wo sich das Unglück ereignete, ist unklar

Wo das größere Schiff gestartet war, woher die Opfer stammten und wo genau sich das Unglück ereignet hatte, blieb zunächst unklar. Bei gutem Wetter wagen derzeit viele Flüchtlinge die gefährliche Überfahrt über das Mittelmeer von Nordafrika nach Italien. Immer wieder kommt es dabei zu Katastrophen, wenn voll besetzte Schiffe auf hoher See kentern und die Menschen an Bord ertrinken.

Vor fast genau einem Jahr kamen bei dem bislang wohl schlimmsten Unglück im Mittelmeer bis zu 800 Menschen ums Leben. Nach Angaben eines Überlebenden sollen sogar bis zu 950 Menschen an Bord gewesen sein. Mehr als 140 Leichen wurden bislang geborgen, 28 Menschen überlebten das Unglück. Derzeit versuchen Spezialkräfte, das Wrack, das in fast 400 Metern Tiefe liegt, zu heben. Es soll nach Augusta auf Sizilien gebracht werden, um dort die im Inneren des Schiffes eingepferchten Leichen zu bergen. Dies soll vermutlich noch vor Monatsende geschehen. (dpa)

Die Gewinnerfotos der Pulitzer-Preise

Die Nachrichtenagentur Reuters und die „New York Times“ wurden in der Kategorie „Fotografie zu aktuellen Nachrichten“ für ihre Bilder von Flüchtlingen auf dem Weg nach Europa ausgezeichnet. Der Reuters-Fotograf Yannis Behrakis und seine Kollegen haben im Sommer 2015 die Situation der Flüchtlinge dokumentiert. Auf diesem Foto sind syrische Flüchtlinge auf einem Schlauchboot in der Ägais unterwegs. Der Motor ist kaputt und sie treiben zwischen der Türkei und Griechenland.
Die Nachrichtenagentur Reuters und die „New York Times“ wurden in der Kategorie „Fotografie zu aktuellen Nachrichten“ für ihre Bilder von Flüchtlingen auf dem Weg nach Europa ausgezeichnet. Der Reuters-Fotograf Yannis Behrakis und seine Kollegen haben im Sommer 2015 die Situation der Flüchtlinge dokumentiert. Auf diesem Foto sind syrische Flüchtlinge auf einem Schlauchboot in der Ägais unterwegs. Der Motor ist kaputt und sie treiben zwischen der Türkei und Griechenland. © REUTERS | Yannis Behrakis
Ein syrischer Flüchtling auf der griechischen Insel Lesbos. Der Mann hält seine beiden Kinder über Wasser.
Ein syrischer Flüchtling auf der griechischen Insel Lesbos. Der Mann hält seine beiden Kinder über Wasser. © REUTERS | Yannis Behrakis
Die Bilder zeigen viel Leid und Verzweiflung. Diese Flüchtlinge sind in Idomeni und flehen einen mazedonischen Polizisten an, sie über die Grenze zu lassen.
Die Bilder zeigen viel Leid und Verzweiflung. Diese Flüchtlinge sind in Idomeni und flehen einen mazedonischen Polizisten an, sie über die Grenze zu lassen. © REUTERS | Yannis Behrakis
Auch Gewaltszenen sind abgebildet: Ein mazedonischer Polizist schlägt mit seinem Schlagstock auf Flüchtlinge ein.
Auch Gewaltszenen sind abgebildet: Ein mazedonischer Polizist schlägt mit seinem Schlagstock auf Flüchtlinge ein. © REUTERS | Alexandros Avramidis
Syrische Flüchtlinge suchen sich an der Grenze zwischen Griechenland und Mazedonien einen Weg durch den Matsch.
Syrische Flüchtlinge suchen sich an der Grenze zwischen Griechenland und Mazedonien einen Weg durch den Matsch. © REUTERS | Yannis Behrakis
Ein Syrer läuft bei Idomeni durch den Regen und küsst seine Tochter auf den Kopf.
Ein Syrer läuft bei Idomeni durch den Regen und küsst seine Tochter auf den Kopf. © REUTERS | Yannis Behrakis
Das ist Amoun. Die Palästinenserin ist 70 Jahre alt und blind. Sie lebte in Aleppo, bevor sie mit 40 anderen Flüchtlingen in einem Boot die griechische Insel Kos erreichte.
Das ist Amoun. Die Palästinenserin ist 70 Jahre alt und blind. Sie lebte in Aleppo, bevor sie mit 40 anderen Flüchtlingen in einem Boot die griechische Insel Kos erreichte. © REUTERS | Yannis Behrakis
Ein junger Mann aus Afghanistan sitzt in einem Bus. Er kam mit mehr als 2500 Flüchtlingen im vergangenen Oktober mit einer Fähre von Lesbos nach Piräus.
Ein junger Mann aus Afghanistan sitzt in einem Bus. Er kam mit mehr als 2500 Flüchtlingen im vergangenen Oktober mit einer Fähre von Lesbos nach Piräus. © REUTERS | Yannis Behrakis
Ihr Schlauchboot sank einige Hundert Meter vor der Küste von Lesbos: Ein Syrer mit seinem Baby in einem Rettungsring.
Ihr Schlauchboot sank einige Hundert Meter vor der Küste von Lesbos: Ein Syrer mit seinem Baby in einem Rettungsring. © REUTERS | Alkis Konstantinidis
Ein Afghane springt aus einem überfüllten Boot ans rettende Ufer.
Ein Afghane springt aus einem überfüllten Boot ans rettende Ufer. © REUTERS | Yannis Behrakis
Eine syrische Familie versucht einen Grenzzaun zwischen Serbien und Ungarn zu überwinden.
Eine syrische Familie versucht einen Grenzzaun zwischen Serbien und Ungarn zu überwinden. © REUTERS | Bernadett Szabo
Eines der Bilder ist auch aus Deutschland. In Wegscheid nahe Passau begleitet die Polizei eine Gruppe von Flüchtlingen zu einem Registrierungszentrum.
Eines der Bilder ist auch aus Deutschland. In Wegscheid nahe Passau begleitet die Polizei eine Gruppe von Flüchtlingen zu einem Registrierungszentrum. © REUTERS | Michael Dalder
Er ringt nach Luft: Ein syrischer Flüchtling wartet in der Schlange zur Registrierung auf der griechischen Insel Kos.
Er ringt nach Luft: Ein syrischer Flüchtling wartet in der Schlange zur Registrierung auf der griechischen Insel Kos. © REUTERS | Alkis Konstantinidis
Ein Polizist versucht einen Mann daran zu hindern, durch das Fenster in einen Zug zu steigen.
Ein Polizist versucht einen Mann daran zu hindern, durch das Fenster in einen Zug zu steigen. © REUTERS | Stoyan Nenov
Eine Familie wirft sich auf die Bahngleise im ungarischen Bicske, bevor sie von Polizisten in Gewahrsam genommen wird.
Eine Familie wirft sich auf die Bahngleise im ungarischen Bicske, bevor sie von Polizisten in Gewahrsam genommen wird. © REUTERS | Laszlo Balogh
Flüchtlinge auf dem Marsch durch Slowenien.
Flüchtlinge auf dem Marsch durch Slowenien. © REUTERS | Srdjan Zivulovic
Die Fotografen der „New York Times“ Daniel Etter, Sergey Ponomarev, Mauricio Lima und Tyler Hicks (von links) freuen sich über den Pulitzer-Preis.
Die Fotografen der „New York Times“ Daniel Etter, Sergey Ponomarev, Mauricio Lima und Tyler Hicks (von links) freuen sich über den Pulitzer-Preis. © REUTERS | HANDOUT
Alkis Konstantinidis (links) und Yannis Behrakis gehören zum Team der Reuters-Fotografen. Sie gewannen – zusammen mit Kollegen der „New York Times“ jetzt den Pulitzer-Preis für ihre Fotoserie über Flüchtlinge.
Alkis Konstantinidis (links) und Yannis Behrakis gehören zum Team der Reuters-Fotografen. Sie gewannen – zusammen mit Kollegen der „New York Times“ jetzt den Pulitzer-Preis für ihre Fotoserie über Flüchtlinge. © REUTERS | Elisavet Saridou
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