Berlin. Am Freitag hielten Fans die Streichung von Böhmermanns „Schmähkritik“-Gedicht noch für einen Aprilscherz. Doch das ZDF machte ernst.

Sorgt sich der Sender ZDFneo um Qualitätsstandards oder ist alles nur ein elaborierter Aprilscherz Marke Böhmermann? Das fragten sich die Fans der Satiresendung „Neo Magazin Royale“ am Freitag. Mittlerweile ist klar: Das ZDF hat die Folge von Donnerstag nicht nur aus der Mediathek entfernt, sondern tatsächlich auch bei der Wiederholung in der Nacht zu Samstag eine Passage gestrichen. Moderator Jan Böhmermann hatte in einem Beitrag ein „Schmähkritik“-Gedicht über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan vorgetragen. Im Netz wurde die Streichung wild diskutiert – und Jan Böhmermann hat es mit seinem „Neo Magazin Royale“ mal wieder in die Schlagzeilen geschafft.

Die Entscheidung, die Passage nicht mehr zu zeigen, begründete ZDFneo auf Facebook damit, dass Böhmermanns Beitrag „nicht den Ansprüchen, die das ZDF an die Qualität von Satiresendungen stellt“ entspreche. Und das ZDF twitterte gar eine Stellungnahme seines Programmdirektors Dr. Norbert Himmler.

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„Wir sind bekannt dafür, dass wir bei unseren Satire-Formaten breite Schultern haben und den Protagonisten große Freiräume geben. Aber es gibt auch Grenzen der Ironie und der Satire. In diesem Fall wurde sie klar überschritten“, verteidigt er darin den Schritt des ZDF. Die Passage sei in Absprache mit Böhmermann aus der Sendung genommen worden.

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Obszön, beleidigend, verunglimpfend – solche Schmähkritik ist nicht erlaubt

Die Kritik betrifft ein Schmähgedicht über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, mit dem Böhmermann angeblich dem türkischen Präsidenten den Unterschied zwischen erlaubter Satire und nicht erlaubter Schmähkritik erläutern wollte. „Sackdoof, feige und verklemmt, ist Erdogan der Präsident“, beginnt das Gedicht im Vergleich zu den folgenden Versen noch relativ harmlos. Der Rest: obszön, beleidigend, verunglimpfend – und absolut nicht zitierbar. Während Böhmermann das Gedicht vorträgt, weist er immer wieder darauf hin, dass diese Art von Schmähkritik auch in Deutschland nicht erlaubt sei.

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Der Entertainer hatte mit seinem Beitrag auf den Eklat um einen satirischen Song über Erdogans Umgang mit kritischen Journalisten in der NDR-Sendung „extra 3“ reagiert. Die türkische Regierung hatte nach der Ausstrahlung den deutschen Botschafter einbestellt, Diplomaten verlangten die Löschung des Videos. Auf seiner Facebook-Seite kommentierte Böhmermann die Entscheidung des ZDF: „Ich denke, wir haben heute am 1. April 2016 gemeinsam mit dem ZDF eindrucksvoll gezeigt, wo die Grenze der Satire bei uns in Deutschland ist. Endlich!“

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In der Nacht zum Samstag war in der Wiederholung der Sendung weiterhin ein Erdogan-Foto im Hintergrund zu sehen, auch der Titel lautete nach wie vor „Böhmerwie, Böhmerwo, Böhmermann“, eine Anspielung auf den „extra 3“-Beitrag „Erdowie, Erdowo, Erdowan“ – nur der Beitrag mit dem Gedicht fehlte. Unklar ist, inwieweit Böhmermann mit der Provokation genau das erreichen wollte, was dann eingetreten ist. „Was könnte da jetzt passieren?“ fragte er nach dem Vorlesen des Gedichts bei der Erstausstrahlung. Sein Partner Jan Kabelka mutmaßte: „Unter Umständen nimmt man’s aus der Mediathek.“ So kam es dann auch.

Facebook-Nutzer glaubten bis zuletzt an Aprilscherz

Unter einem Facebook-Post, in dem ZDFneo darüber informiert hatte, dass die Passage aus der Sendung entfernt werde, hatten die Facebook-Fans noch diskutiert, ob es sich um eine ernst gemeinte Information handele oder nicht. „Ist das nun ein Aprilscherz oder habt ihr Angst vor den Klagen, die da folgen könnten bzw. werden? Ich hätt’s drin gelassen“, schreibt ein Nutzer. „Jetzt löst euren doofen Aprilscherz auf und stellt die Sendung wieder in die Mediathek – das nervt“, fordert ein anderer. Und auch später, nach der Stellungnahme des ZDF, hielten manche Facebook-Nutzer noch an der Aprilscherz-Theorie fest. Unter Jan Böhmermanns Beitrag schrieb ein Fan: „Ich glaub’ hier keinem irgendwas, bevor nicht Samstag ist.“

Andere zeigten sich enttäuscht vom ZDF. „So schnell wird aus dem Zweiten das Letzte ...“, beklagt sich jemand und ein anderer kommentiert resigniert: „Satire darf alles ... außer beim ZDF.“

Ursprünglich sollte die „Neo Magazin Royale“-Folge am Freitag um 0 Uhr wiederholt werden. Wegen der Programmänderung im Zusammenhang mit dem Tod von Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher wurde die nun gekürzte Wiederholung auf 1.15 Uhr verschoben. (mit dpa)