London. Was es heißt, ein wahrer Royal zu sein: Zum 90. Geburtstag von Elizabeth II. erzählt ihre Familie Anekdoten – und enthüllt Einiges.

Die Frau ist ein Phänomen. Wo andere in ihrem Alter es ruhiger angehen lassen, ist sie nicht zu stoppen. Selbst mit fast 90 Jahren liebt es die Queen immer noch, sich auf einen Pferderücken zu schwingen und auszureiten. Erstaunliche Bilder von Elizabeth II. auf ihrem Pony in den Außenanlagen von Windsor Castle sind jetzt in einer neuen Dokumentation zu sehen: „Our Queen at Ninety“, die Königin mit 90 Jahren, wird vom britischen Fernsehsender ITV am Ostersonntag ausgestrahlt. Ihren Geburtstag wird sie zwar erst am 21. April begehen, aber die Briten feiern schon mal vor.

Die Sendung stellt einen Rekord auf: In keiner anderen Doku über das Leben am Hof haben sich derart viele Mitglieder der Königlichen Familie vor der Kamera geäußert. Sie haben einiges zu erzählen. Zum Beispiel, was es bedeutet, ein Royal zu sein. Oder genauer gesagt: Wie man es lernt. Denn für den Job gibt es kein Ausbildungsprogramm. Da bleibt der Queen nichts anderes übrig, als selbst den Nachwuchs zu trainieren, immerhin hat sie als längstregierender Monarch der britischen Geschichte auch die meiste Erfahrung. Schon im letzten September hatte Elizabeth den Amtsrekord ihrer Vorgängerin Queen Victoria übertroffen, die 63 Jahre und 216 Tage auf dem Thron saß. Thronfolger Prinz Charles, 67, etwa erinnert sich, wie er als Junge seine Mutter zu einem Termin begleitete und erschrocken die lange Reihe der zu begrüßenden Gäste sah: „Dieser Horror, da mitzulaufen und zu denken, wie soll ich jemals wissen, was ich den Leuten sagen soll?“ Aber die Queen machte es ihm einfach vor. „Es ist schon komisch“, sagt Charles, „doch wenn man mitläuft, lernt man es. Man eignet es sich an.“ Die Kunst des Small Talks hat er jedenfalls gemeistert.

Zum ersten Weihnachtsfest schenkte Kate der Queen eine Pastete

Auch Prinz Williams Ehefrau Kate , 34, die Herzogin von Cambridge, erinnert sich, wie ihr die Queen unter die Arme griff und das Handwerk des Repräsentierens beibrachte. Nur das Bad in der Menge muss sie noch üben. „Jeder in der Familie zieht mich auf, dass ich zu viel Zeit beim Plaudern verbringe. Da gibt es noch etwas zu lernen.“

Was schenkt man einer Frau, die schon alles hat? Und die wahrscheinlich mehr Geschenke empfangen hat als jeder andere Mensch auf dem Planeten? Als Kate, damals noch als Freundin von Prinz William (33), zum ersten Mal zur Weihnachtsfeier mit der Queen auf ihren Landsitz Sandringham eingeladen wurde, zerbrach sie sich den Kopf, was sie der Königin zum Fest mitbringen könnte. Schließlich entschied sie sich, ihr eine Chutney-Paste nach dem Rezept ihrer eigenen Großmutter zu kochen. „Ich war etwas besorgt, aber am nächsten Morgen sah ich, dass es auf dem Tisch stand. Solch eine kleine Geste hat mir sehr viel bedeutet.“

Wie schafft es die Queen, wundert sich die Doku, in ihrem vorgerückten Alter noch so rüstig zu sein? „Ich frage sie seit Jahren, was ihr Geheimnis ist“, schmunzelt Enkel Prinz Harry, 31, „aber sie will es mir nicht sagen.“ Eine riesige Stütze ist sicherlich ihr Ehemann Prinz Philip, 94. „Opa ist einfach unglaublich“, meint Prinzessin Eugenie, 26, „er ist so stark und beständig. Er war all die Jahre da. Er ist der Felsen für alle von uns.“ Philip, der in diesem Jahr 95 Jahre alt wird, dürfte der Queen tatsächlich noch etwas vormachen in Sachen Disziplin, Anspruchslosigkeit und schierem Durchhaltevermögen. „Ich muss gesehen werden, um geglaubt zu werden“, hat die Queen mehr als einmal ihren Mitarbeitern eingeschärft. Der Satz könnte als inoffizielles Motto ihrer Regentschaft dienen. Ganz vordergründig bezieht er sich auf die Repräsentationspflichten der Monarchin, auf ihre Erscheinung in der Öffentlichkeit, auf Kleiderwahl und Protokoll. Aber Elizabeth hat diesen Satz auch ihren Beratern entgegengeschleudert, als die ihr nahelegen wollten, etwas kürzerzutreten.

Trotz ihrer 90 Jahre nimmt sie noch rund 400 Termine im Jahr wahr

Die Queen weiß: Ihr Job ist es, das Volk zu treffen. Auch als fast 90-Jährige absolviert sie immer noch rund 400 Termine im Jahr. Während ihrer langen Herrschaft, so hat ihr Biograf Robert Hardman ausgerechnet, hat sie mehr als vier Millionen Menschen getroffen, und zwar persönlich, mit einem Händedruck, einem Lächeln und einem kurzen Wort.

Es ist diese unermüdliche Arbeit im Kontakt mit den Untertanen, die wohl das Fundament ihrer Beliebtheit ausmacht, und damit auch die Monarchie selbst rechtfertigt, weil sie sich unablässig mit der Basis, den Bürgern, gemein macht.