Siegen/Brüssel. Daniel Lagneau hat das Attentat in Brüssel unverletzt überlebt. Er berichtet, wie er die Explosionen am Flughafen Zaventem erlebt hat.

Wenige Meter haben Daniel Lagneau (59) und seiner Freundin Brigitte das Leben gerettet. Er hat am Dienstagmorgen gerade am Flughafen Brüssel eingecheckt, als die Sprengsätze detonieren. Das Attentat überleben beide unverletzt. Der Belgier war 19 Jahre mit dem Belgischen Militär in Siegen stationiert und arbeitet heute für die Belgische Botschaft in Neu-Delhi. Der „Westfalenpost“ schildert er, was er am Morgen erlebt hat. Damit die Welt sieht, was geschehen ist – und auch, damit die Menschen wissen, was jetzt zu tun ist. Denn: „Wir dürfen uns nicht kaputt machen lassen von denen“, sagt der 59-Jährige.

Sein Bericht:

„Wir waren auf dem Weg nach Hause in Indien. Wir wohnen in Neu-Delhi und hatten schon für den Flug eingecheckt. Wir waren etwas früher am Flughafen als vorgesehen. Der Flughafen war noch ziemlich leer. Wir tranken gerade einen Kaffee in einem Coffeeshop. Wir saßen da und haben einen Knall gehört. Das hat mich natürlich unsicher gemacht. Die Leute sind weggerannt, dann ist der zweite, größere Sprengsatz explodiert, direkt vor meinen Augen. Wir saßen weniger als 20 Meter entfernt. Die Decke fiel herunter, die Leute rannten in Panik zum Ausgang. Wir waren natürlich erschüttert, aber ich wollte erst einmal die Lage abchecken. Wir wollten sicher gehen, dass kein Terrorist anfängt, um sich zu schießen. Wäre ein Schuss aus einer Kalaschnikow gefallen, hätte ich das als ehemaliger Soldat sofort erkannt. Ich weiß genau, wie sich der Schuss einer Kalaschnikow anhört.“

„Ich habe den riesigen Feuerball gesehen“

„Meine Frau war sehr geschockt, ich konnte sie beruhigen, dann haben wir uns ohne Hektik in Sicherheit begeben und mit tausenden Leuten auf dem Flugfeld gestanden. Erste Hilfe leisten konnte ich nicht, die Explosion verursachte eine Staubwolke, die so schwer war, dass das nicht möglich war. Bei uns in der Nähe hat es keinen erwischt, wir haben wirklich Glück gehabt. Ich habe den riesigen Feuerball gesehen. Uns ist erst bewusst geworden, was geschehen ist, als wir Fernsehbilder gesehen haben.

Nun sind wir bei den Kindern meiner Frau in Brüssel untergebracht. Wir hatten zunächst Angst, dass die Kinder uns am Flughafen Tschüss sagen wollten. Wir hatten Glück, wir wollten eine halbe Stunde später zum Flughafen fahren. Wäre das der Fall gewesen, vielleicht würden wir jetzt nicht miteinander sprechen. Dann wären wir beim Check In mittendrin gewesen. Meine Frau und ich sind jetzt dabei, uns zu erzählen, wie glücklich wir sind, noch am Leben zu sein.

Als mein Sohn anrief und fragte, ob ich mit der Zeitung sprechen will, dachte ich, wir müssen das machen. Behalte ich das für mich, ist es vielleicht schwer, das alles zu verarbeiten. Deshalb spreche ich frei heraus. Im Moment des Anschlags war ich so ruhig, wie ich das niemals erwartet hätte.“

„Warum ist uns nichts passiert?“

„Je öfter ich die Bilder sehe, desto betroffener bin ich, dass Leute Familienmitglieder verloren haben. Die Menschen laufen ins Freie. Auf dem Rollfeld versuchen sie zu verstehen, was passiert ist, und telefonieren mit ihren Angehörigen.

Die Frage, die ich mir seit heute morgen stelle, ist: Wir waren in einem Umkreis, in dem wir genauso schwer verletzt hätten werden können. Warum ist uns nichts passiert? Eine Frage, auf die wir nie eine Antwort bekommen werden.“