Berlin. Elena-Katherina Sohn hilft mit ihrer Agentur „Die Liebeskümmerer“ Menschen mit Trennungsschmerz. Das Angebot verzeichnet regen Zulauf.

Willkommen bei „Die Liebeskümmerer“. Die Zielgruppe: Gebrochene Herzen. Die Dienstleistung: Bester Freund und Psychologe sein. Die Öffnungszeiten: Tag und Nacht, 24 Stunden wenn es sein muss.

Das ist die Geschäftsidee von Elena-Katharina Sohn, 36, aus Berlin. Die ehemalige PR-Beraterin eröffnete die landesweit erste Agentur für Menschen mit Trennungsschmerz. Mehr als 3000 Fälle hat sie sich schon angenommen. Und die Gründerin ist sich sicher: Das ist erst der Anfang.

Lebensabschnittspartner statt lebenslange Beziehungen

In Zeiten, in denen der häufigste Haushaltstyp (37 Prozent) in Deutschland die Single-Wohnung ist und jedes Leid Potenzial hat als Marktlücke, lag die Geschäftsidee der Ex-Mitarbeiterin bei einer der größten deutschen Werbeagenturen auf der Hand.

Eine Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) belegt den Trend: Immer weniger Menschen glauben an die ganz großen Liebe: Rund 45 Prozent aller 16- bis 29-Jährigen halten eine lebenslange Beziehung nicht mehr für zeitgemäß. Stattdessen bleibt man so lange mit einem Lebensabschnittspartner zusammen, wie es eben klappt und sucht sich dann einen neuen.

Ähnlich war es bei Elena Sohn. Kurz vor ihrem 29. Geburtstag verließ sie der Mann, mit dem sie ihr Leben verbringen wollte. Das Paar wohnte gemeinsam in Berlin-Mitte. „Er kam abends nach Hause und sagte mir, dass er sich trennen möchte“, erzählte sie unserer Redaktion. „Ich war total überrumpelt und dachte erst, er veralbert mich.“ Dann habe sie seinen gepackten Koffer gesehen.

Im eigenen Schmerz kam die Geschäftsidee

Die nächsten Wochen ging es ihr elend, sie ließ sich krankschreiben. Als es nicht besser wurde, vereinbarte sie mit ihrem Chef eine Auszeit, packte ihren Hund auf den Beifahrersitz ihres Cabrios und fuhr wochenlang durch Europa. Dabei sei ihr die Idee gekommen, ihren Leidensgenossen helfen zu wollen.

Nun erklärt sie in ihrem gerade erschienenen Buch „Goodbye Herzschmerz“ (Ullstein, 240 Seiten), dass Liebeskummer ein unterschätztes Leid sei, das für manche sogar in eine existenziell bedrohlichen Lebenskrise münde oder in Depressionen führe. Das liege allerdings oft an falschen Erwartungen.

„Viele machen sich den Druck und rennen einem Ideal hinterher, dem Ziel, die einzige große Liebe zu finden, die sie endlich richtig glücklich macht. Das ist ein großes Problem.“ Mit einem Team von acht Mitarbeitern aus Psychologen und Coaches steht Elena Sohn seit fünf Jahren als Telefonseelsorge für 85 Euro die Stunde bereit.

Das Angebot werde gut angenommen – dieses Jahr will die Unternehmerin eigene Räumlichkeiten in Berlin beziehen. Und Elena Sohn ist sich sicher: Man kann Liebeskummer nicht nur bekämpfen und mildern, sondern auch verhindern.

Viele Glücksquellen statt nur einer: den Partner

„Der Schlüssel, um Liebeskummer vorzubeugen, liegt darin, mehrere, ähnlich große Glücksquellen im eigenen Leben zu haben. Gute Freunde, die Familie, einen Job, der einem Spaß macht“, sagt sie. „Ich nenne es das Glücksherz-Prinzip: Erst sich selbst glücklich zu machen und es dann in einer Beziehung zu sein. So ist man automatisch auch ein besserer Partner.“

Oft kämen Frauen zu ihr, die ihr erzählten, sie seien zehn Jahre mit einem Partner zusammen gewesen und nun getrennt. Diese sagten dann: „Dann war das eben doch nicht der Richtige.“ Elena Sohn antwortet dann: „Doch, das war der Richtige. Für diese Zeit. Jetzt eben nicht mehr“.

Frauen haben laut Sohn heutzutage einen hohen Bildungsstand, sind finanziell unabhängig. Auch für Mütter sei es heute einfacher, sich zu trennen als in den 50er-Jahren. „Wir stecken nicht mehr in Zweckgemeinschaften fest, wie es sie in den Zeiten unserer Großeltern gab“, erklärt sie.

Mit Formulierungen wie „Generation Beziehungsunfähig“ – wie aktuell Bestseller-Autor Michael Nast sie für eine selbstbezogene Gesellschaft benutzt – kann die Unternehmerin, die mittlerweile wieder in einer glücklichen Beziehung lebt, nicht viel anfangen. „Wenn das stimmt, dann finde ich das unendlich traurig.“