Utah. Alex Cooper war Mormonin. Wie die 21-Jährige von der Gemeinschaft von ihrer Homosexualität „geheilt“ werden sollte, schildert sie nun.

Die größte Kirche der Mormonen in den USA erlebt derzeit einen handfesten Skandal. Eines ihrer früheren Mitglieder hat gerade ein Buch über Praktiken, die im Namen des Glaubens verübt wurden, veröffentlicht. Und welche Welt die 21-jährige Alex Cooper in ihrem Buch „Saving Alex“ schildert, ist schockierend.

Als sie 15 Jahre alt ist, merkt das Mädchen, dass sie anders ist. Dass etwas ihre bisherige Welt erschüttern könnte. Und als sie zum ersten Mal Yvette trifft, explodieren ihre Gefühle. „Ich fühlte mich auf eine neue Art lebendig“, schreibt sie. Als sie ihren Eltern, die Familie lebt in Kalifornien, gesteht, dass sie homosexuell ist, ändert sich ihr ganzes Leben.

Misshandlung, um Homosexuelle umzudrehen

Die Eltern senden sie zu einem befreundeten Mormonenpaar nach St. George in Utah, die eine „gay conver­sion therapy“ anbieten, eine Therapie, die Homosexuelle „umdrehen“ soll. Die heute 21-Jährige erzählt, dass ihre Eltern ihr damals gesagt hätten, dass sie für einige Zeit zu ihren Großeltern gehen soll. Sie glaubte ihnen, denn sie hatte ihr Zuhause als liebevoll erlebt.

Was die Schülerin dann erlebte, lässt sich nur als Missbrauch bezeichnen. Sie berichtet davon, wie sie immer wieder einen Rucksack voll mit Steinen schleppen musste, 18 Stunden am Tag. Symbolisch für die Last, „die sie tragen muss, weil sie sich dafür entschieden hatte, lesbisch zu sein“. Einmal musste sie für Stunden stehen und dabei den Rucksack tragen.

So lange, bis sie jedes Gefühl für die Zeit verlor. Als sie versuchte „den Schmerz besser zu ertragen, indem ich mein Gewicht von einem Bein auf das andere verlagerte“, sagte das Paar zu ihr: „Deine Familie will dich nicht mehr. Gott hat keinen Plan für Menschen wie dich.“ Ein anderes Mal erlebt sie direkte Gewalt. „Ich musste mich vor ihm niederknien. Er machte eine Faust und boxte mir in den Magen. Mir blieb die Luft weg, ich fiel und schnappte nach Luft.“

Mormonische Kirche wehrt sich gegen Missbrauchsvorwürfe

Außerdem nannte das Paar sie die meiste Zeit nur „dyke“. Das Wort wird im Amerikanischen abfällig für „Lesbe“ gebraucht. Sie versucht mehrere Male wegzulaufen. Und sie versucht, sich das Leben zu nehmen. Schließlich darf das Mädchen zur Schule gehen.

Über einen anderen homosexuellen Schüler, dem sie sich anvertraut, bekommt sie Kontakt zu einem Anwalt. Gemeinsam mit dem Juristen Paul C. Burke klagt sie auf ein Leben als freier homosexueller Teenager. Ihr wird recht gegeben. Nach acht Monaten endet ihre Tortur bei dem „Therapie“-Paar.

Das Verhältnis zu ihren Eltern hat sich inzwischen wieder verbessert. Ihre Mutter hat sich bei ihr entschuldigt. Und Alex Cooper selbst schreibt in ihrem Buch, dass sie glaubt, dass ihre Eltern nur das Beste für sie wollten. Ihre Schilderungen sorgen in den USA nun für ein großes Echo.

Ehemaliger Kirchenpräsident nennt Homosexuelle „unsittliches Verhalten“

Der Sender KUTV veröffentlichte ein Statement von Eric Hawkins, Sprecher der Mormonenkirche Kirche Jesu Christi der Heiligen letzten Tage, zu der auch Alex’ Familie gehört. „Die Kirche verurteilt jede Therapie, die an Menschen Missbrauch verübt. Wir hoffen, dass diejenigen, die die komplexe Erfahrung gleichgeschlechtlicher Anziehung erleben, Mitgefühl und Verständnis von ihren Familien, professionellen Beratern und Kirchenmitgliedern erleben.“

Auf der Internetseite der Kirche findet sich hingegen eine Aussage des ehemaligen Präsidenten der Kirche, Gordon B. Hinckley, zu homosexuellen Mitgliedern der Gemeinschaft, die anders klingt: „Wir möchten diesen Menschen helfen, sie stärken und ihnen in ihren Schwierigkeiten beistehen. Aber wir können nicht schweigend zusehen, wenn sie sich unsittlich verhalten, wenn sie versuchen, für eine sogenannte gleichgeschlechtliche Ehe einzutreten, sich dafür einzusetzen und in einer solchen Beziehung zu leben.“

Der Kirche gehören 15 Millionen Mitglieder an. Alex Cooper ist ausgetreten. Inzwischen kämpft sie mit ihrem Anwalt für ein Verbot der „Conversion“-Therapie im US-Bundesstaat Utah.