München. Der Gesichtsschleier einer muslimischen Frau hat die Entscheidung eines Münchner Richters beeinflusst. Jetzt legte sie den Schleier ab.

Im Streit um ihre Vollverschleierung als Zeugin vor Gericht hat eine Muslimin nach einigem Hin und Her eingelenkt. Im Berufungsverfahren vor dem Münchner Landgericht weigerte sich die Frau am Donnerstag zunächst, ihren Gesichtsschleier abzulegen und sich auch dem Angeklagten zu zeigen. Das sei ihr aus Glaubensgründen nicht gestattet, sagte sie. Nachdem der Angeklagte ihr den Rücken zugewandt hatte, lüftete sie ihren Schleier und sagte aus. (AZ: 22 Ns 112 Js 169561/15)

Im November 2015 hatte die Frau in erster Instanz gegen den Mann ausgesagt, der sie beleidigt haben soll. Da sie sich geweigert hatte, den Schleier abzulegen, kam es zum Freispruch des Angeklagten. Der Richter begründete damals seine Entscheidung unter anderem damit, er könne die Glaubwürdigkeit der Frau nicht beurteilen.

Rechtsgelehrter: Ablegen des Gesichtsschleiers vor Gericht erlaubt

Einige Tage vor dem Berufungsverfahren am Donnerstag hatte der Anwalt der Muslimin, Heinrich Karl Haarmann, bereits angekündigt, seine Mandantin werde den Schleier nun ablegen. Sie habe eingesehen, dass es ein Fehler gewesen sei, aus religiösen Gründen ihr Gesicht nicht zu zeigen. Zuvor hatten sich die Richter der Strafkammer ein Gutachten eines saudischen Islam-Rechtsgelehrten besorgt. Der Rechtsgelehrte hatte 2011 in einem ähnlichen Fall festgestellt, dass das Ablegen des Gesichtsschleiers vor Gericht erlaubt sei.