Berlin. Viele Zeichnungen intimer Momente, Rat und Hinweise auf Beratungsstellen: Eine neue Aufklärungsseite richtet sich auch an Flüchtlinge.

Wie wichtig Beckenbodenmuskeln für guten Sex sind, warum man sich trotz einer Beziehung in eine andere Person verliebt oder wer bei sexueller Belästigung helfen kann: Mit Antworten auf solche Fragen richtet sich ein neues Online-Portal vor allem, aber nicht nur an Flüchtlinge. Denn auch auf Deutsch klärt die Homepage „Zanzu“ über Körper und Sexualität auf – in insgesamt 13 Sprachen sowie in Wort und Bild. Der Hintergrund: In vielen Ländern wird Sexualkunde nicht unterrichtet – oder Sex ist gar ein Tabu-Thema.

„Zanzu“ ist ein Angebot der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Ein nationales und internationales Beratungsgremium, in dem auch die WHO vertreten war, begleitete das Projekt. Allerdings bereitete die Seite nach Veröffentlichung der Adresse in Medien immer wieder Probleme, war offenbar unter der Last vieler Besucher ganz oder teilweise nicht erreichbar. Entsprechend wird darüber gelästert:

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Unter der belgischen Adresse zanzu.be/de anstelle der deutschen mit .de-Endung war die Seite aber problemlos erreichbar. Das belgische Expertenzentrum für sexuelle Gesundheit „Sensoa“ hatte das Projekt ursprünglich ins Leben gerufen.

Die Ladezeit ist aber nicht die einzige Kritik an dem Portal. Das Portal queer.de lobt das Angebot grundsätzlich als gelungen, hat aber festgestellt, dass das Wort „schwul“ nicht einmal auftaucht. Die Begriffe Homosexuelle und Lesben würden dagegen genannt. Fundamentalistische christliche Seiten kritisieren die expliziten Darstellungen.

Originaltext zum Thema Vorspiel:
Originaltext zum Thema Vorspiel: "Sex beginnt häufig mit Streicheln, Kuscheln, Küssen und Lecken der anderen Person und mit der Stimulation der erogenen Zonen der anderen Person. Wenn beide Partnerinnen/Partner sexuell erregt sind, möchten sie möglicherweise Geschlechtsverkehr haben." © zanzu.de/BZgA | zanzu.de/BZgA

Die AfD Bayern fasste das Portal in einem Bild zusammen mit der Botschaft „Bundesministerium verwechselt Asyl mit Sextourismus“. Fremdenfeindliche Kreise stürzen sich darauf, dass „Zanzu“ dunkelhäutige Männer beim Sex mit hellhäutigen Frauen zeige – und unterschlagen offenbar gezielt, dass es unter den vielen Piktogrammen auch viele andere Konstellationen gibt.

Bei Zweifeln an der Plattform geht auch unter, dass sie nicht als Anlaufstation und Erziehungsinstrument für surfende Flüchtlinge gedacht ist. Sie soll sich in erster Linie an Fachleute und Berater richten, die die Inhalte gezielt und je nach Anlass an die jeweiligen Personengruppen vermitteln. Christine Winkelmann, Referatsleiterin Prävention in der BZgA, sagte der Süddeutschen Zeitung: „Es wird wohl vorwiegend so sein, dass Ärzte und Mitarbeiter von Beratungsstellen die relevanten Themen dann im persönlichen Gespräch erläutern.“ Das Projekt sei auch bereits vor der Flüchtlingskrise in Angriff genommen worden.

Eine etwas andere Erwartungshaltung weckt aber Elke Ferner, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfamilienministerium: „Vor allem zu uns geflüchtete Menschen, die noch nicht lange in Deutschland leben, erhalten hier einen diskreten und direkten Zugang zu Wissen in diesem Bereich.“ Zudem bietet die Seite Menschen, die nicht lesen können, die Möglichkeit, sich Inhalte durch einen Klick vorlesen zu lassen.

Nutzer können sich auf der Seite auch informieren, welche Rechte und Gesetze in Deutschland gelten, wie das Gesundheitssystem funktioniert und wo es Beratungsstellen gibt. (dpa/law)