München/Nürnberg . Was nicht passt, wird passend gemacht? Eine Zeitung hat Anwälte eingeschaltet, weil die AfD eine Überschrift völlig verfremdet hat.

AfD-Vertreter werfen häufig mit „Lügenpresse“ und „Pinocchiopresse“-Vorwürfe um sich, und nun steht die „Alternative“ in sozialen Netzwerken als „Pinocchiopartei“ am Pranger: Ein Kreisverband der Partei hat einen Text der „Abendzeitung“ mit völlig veränderter Überschrift verbreitet, die Zeitung aus München hat deshalb nach ihren Angaben Juristen eingeschaltet. Aus der neuen Überschrift ergab sich ein anderer Sinn: Nach einem Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim waren die Täter nicht mehr „Jugendliche“ mit unklaren Motiven, sondern „Linksextreme“. Timo Lokoschat, stellvertretender Chefredeakteur der Zeitung, twitterte dann auch:

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In dem Text der Zeitung ging es um einen Brandanschlag mit vergleichsweise geringem Schaden. Die Zeitung hatte über die Täter im Alter zwischen 16 und 17 Jahren wörtlich berichtet: „Sie sollen keinen rechtsradikalen Hintergrund haben – im Gegenteil. Laut Polizei stammen sie aus dem bürgerlichen Milieu.“ Hinweise auf einen linksextremen Hintergrund finden sich in dem Text nicht.

Mit gefälschter Überschrift erfolgreich

Für Administratoren von Seiten auf Facebook ist es mit einem Klick auf die Überschrift eines Textes möglich, den Inhalt zu verändern – wie auch in diesem Bild zu sehen.
Für Administratoren von Seiten auf Facebook ist es mit einem Klick auf die Überschrift eines Textes möglich, den Inhalt zu verändern – wie auch in diesem Bild zu sehen. © Screenshot | Screenshot

Die AfD in Nürnberg griff den Text aber in ihrem Sinn auf und postete ihn auf Facebook mit der völlig veränderten Überschrift, zur Verstärkung bekam die Aussage noch ein Ausrufezeichen verpasst. Administratoren von Facebook-Seiten haben die Funktion, Überschriften und Bilder zu verändern. Die neue Überschrift traf offenbar einen Nerv der AfD-Anhänger: Der Text war am Dienstagmittag bereits mehr als 1300-fach geteilt worden.

Während es in den Kommentaren auch Verwunderung und deutliche Kritik an der Manipulation gibt, verteidigt der Kreisverband sein Vorgehen auch noch: Weil die Medien verschleierten, müsse man sich „selbst seinen Reim auf die Medienberichte machen und zwischen den Zeilen lesen“.

2015 hatte Pegida einmal eine Überschrift von „Spiegel Online“ völlig verdreht und den Eindruck erweckt, „Spiegel Online“ habe quasi versehentlich Klartext geschrieben und werde die Formulierung sicher schnell ändern. Medienjournalist Stefan Niggemeier, einer der schärfsten Kritiker von Verfehlungen in Medien, titelte daraufhin „Mit Lügen gegen die Lügenpresse“. (law)