Mexiko-Stadt . Der mexikanische Großganove und Drogenboss klagt über Haftbedingungen in Mexiko. In den USA hofft er nun auf eine bessere Behandlung.

Schlafentzug, ständige Überwachung, kaum Tageslicht, kaum Besuch – Joaquín „El Chapo“ Guzmán erlebt in diesen Wochen, was mexikanischer Knast für einen Schwerverbrecher bedeutet. Vorbei sind die Zeiten, als die Gefängnisaufenthalte für den Chef des Sinaloa-Kartells Hotelbesuchen glichen: mit Essen nach Wahl, Partys, Drogen und Prostituierten.

Nach seiner erneuten Festnahme Anfang des Jahres werden gegen Mexikos Großganoven Guzmán alle zulässigen und auch manch unzulässigen Härten des mexikanischen Strafvollzugs angewandt. Er wird alle vier Stunden geweckt, angeblich, um zu sehen, ob er noch lebt, er kann nicht mal seine Notdurft ungestört verrichten, wird dauernd in andere Zellen verlegt und ständig von abgerichteten Hunden bewacht, die auch sein Essen vorkosten.

Seine Frau Emma Coronel beschwerte sich in einem TV-Interview, ihr Gatte werde gefoltert: „Die Regierung rächt sich an ihm für seine Flucht, die sie der Lächerlichkeit preisgegeben hat.“

Der Anwalt des Drogenbosses spricht von Folter

Nun hat der 58 Jahre alte Drogenboss, der unter Bluthochdruck leidet, offenbar genug: Er wolle in die USA ausgewiesen werden, so schnell wie möglich, sagte sein Anwalt José Refugio Rodríguez einem mexikanischen Radiosender. „Es ist eine Verzweiflungshandlung meines Mandanten.“ Ein Mensch, der diesen Konditionen unterworfen sei, tue alles, um da herauszukommen. „Er will, dass diese Folter aufhört“, sagte der Anwalt. „Er ist niedergeschlagen, gedemütigt vom mexikanischen System.“

Er habe Guzmán zu Beginn der Woche im Hochsicherheitsgefängnis Altiplano besuchen können und dabei den Auftrag erhalten, mit der US-Regierung einen Deal zu suchen, so der Anwalt weiter. Ziel sei eine Strafminderung und die Unterbringung in einer Haftanstalt, wo er nicht drakonischen Strafvollzugsmethoden unterworfen ist.

„Guzmán ist sogar bereit, sich in allen Punkten für schuldig zu erklären.“ Bislang hatte er mit allen Rechtsmitteln versucht, seine Auslieferung in die Vereinigten Staaten hinauszuzögern.

Offenheit aus den USA

Die US-Justiz wirft Guzmán unter anderem Mord, Drogenhandel, Bildung einer kriminellen Vereinigung sowie Geldwäsche vor. Sie hat längst Auslieferungsantrag gestellt. Guzmán dürfte also in den USA mit seinem Wunsch auf sehr offene Ohren stoßen.

Und auch die mexikanische Regierung hat deutlich gemacht, dass sie ihren gefährlichsten Verbrecher lieber heute als morgen überstellen möchte. Die Angst vor einer dritten Flucht und der damit verbundenen Demütigung der Regierung wiegen schwerer als der Nationalstolz.

Allerdings verhandelt die US-Justiz gewöhnlich nicht über Deals mit Verbrechern, bevor sie überstellt werden. Erst nach einer Auslieferung sind Absprachen möglich. Das Auslieferungsverfahren dürfte nach Einschätzung des Anwalts mindestens zwei Monate dauern.

Die mexikanische Regierung hatte zuvor erklärt, der Auslieferungsprozess könne fünf bis sechs Jahre in Anspruch nehmen.

Guzmán wurde nach der Flucht geschnappt

Guzmán war am 8. Januar geschnappt worden, nachdem er sechs Monate zuvor aus einem Hochsicherheitsgefängnis getürmt war – durch einen anderthalb Kilometer langen Tunnel, der vom Bad seiner Zelle in ein Haus jenseits der Gefängnismauern führte.

Guzmán war der meistgesuchte Drogenboss der Welt. Sein Sinaloa-Kartell gilt als eine der weltweit fünf mächtigsten Verbrecherorganisationen.