Islamabad. Die Suche nach dem Wrack von MH 370 läuft immer noch. Doch nicht nur die Suche, auch die juristische Aufarbeitung scheint schwierig.

Zwei Jahre nach dem spurlosen Verschwinden der Boeing 777 von Malaysia Airlines MH 370 am 8. März 2014 mit 239 Menschen an Bord lag bis Mittwoch die einzige konkrete Spur in einem streng abgeschirmten Labor in der südfranzösischen Stadt Toulouse. Experten untersuchen dort seit Juli des vergangenen Jahres die Steuerklappe, die Tausende Kilometer von der vermutlichen Absturzstelle im Indischen Ozean entfernt mit Muscheln bewachsen an einem Strand der Tropeninsel La Réunion gefunden wurde.

„Wir müssen unbedingt wissen, ob das Wrackteil in der Luft abgetrennt wurde oder beim Aufprall“, sagt Don Exner, der mit der Gruppe MH 370 auf eigene Faust nach einer Erklärung für das mysteriöse Verschwinden der Boeing 777 sucht. Aber die französischen Behörden schweigen. Die Hoffnungen der Angehörigen auf Erklärungen ruht deshalb auf einem Bericht der Regierung von Malaysia, der zum zweiten Jahrestag fällig ist. Die Erfahrung seit dem mysteriösen Verschwinden zeigen: Die Regierung in Kuala Lumpur schweigt lieber als sich zu offenbaren.

Seit Mittwoch versetzt ein neuer Fund die Experten in Aufregung: An der Küste des südostafrikanischen Landes Mosambik war ein Flugzeugtrümmerteil angeschwemmt worden, das offenbar zu einer Boeing 777 gehört haben könnte. Sollte es von der verschollenen Maschine stammen, wäre auch dieses Wrackteil von der Strömung tausende Kilometer weit getrieben worden. Es soll schnellstmöglich von Fachleuten in Australien untersucht werden.

Ermittler plagen schlaflose Nächte

Flug MH 370 war kurz nach dem Start auf dem Weg von Kuala Lumpur verschwunden. Erst Wochen später entdeckten Fachleute, dass die Boeing 777 wahrscheinlich in den Weiten des Indischen Ozeans abgestürzt war. In Australien leidet Martin Dolan, der Chef von des „Australian Transport Safety Bureau“ (ASTB), nach fast zwei Jahren erfolgloser Suche an schlaflosen Nächten. „Ich liege manchmal wach und überlege, ob wir wirklich alles richtig machen“, sagt er.

Unter seiner Aufsicht wurden bislang 75 Prozent des 120.000 Quadratkilometer großen, zerklüfteten Meeresbodens im Indischen Ozean abgesucht, in dem das Wrack des Flugzeugs vermutet wird. Die Schiffe fanden unbekannte Schiffswracks, aber keine Spur des Flugzeugs. „Je weniger Suchgebiet übrig bleibt, umso wahrscheinlicher wird es, dass wir die Boeing finden“, macht Dolan sich selbst Mut. Im Juni oder Juli wollen die Behörden die Suche einstellen.

Juristische Aufarbeitung so schwer wie die Wrack-Suche

Während das Mysterium im Indischen Ozean weiter besteht, tobt zwei Jahre nach dem Verschwinden die juristische Schlacht um Entschädigung. Im Zentrum stehen neben Malaysias Regierung in Kuala Lumpur die deutsche Allianz-Versicherung und der aus Bergisch Gladbach bei Köln stammende Christoph Müller.

Der Manager, der zuvor die irische Fluglinie Air Lingus sanierte, soll Malaysia Airlines vor dem Untergang retten. Unter seiner Führung wurde ein Drittel aller Mitarbeiter entlassen, um die Fluggesellschaft, deren Flug MH 17 wenige Monate nach dem MH 370-Desaster im Jahr 2014 über der Ukraine abgeschossen wurde, aus der Verlustzone zu holen.

Die Regierung in Kuala Lumpur überführte Malaysia Airlines (MAS) in eine Privatgesellschaft mit dem Namen Malaysia Airlines Berhad und unterstellte die aufgelöste Fluglinie dem Verwalter Mohammed Faiz Azmi ein. „Es gibt keinen Grund zu der Sorge“, behauptet er, „die Angehörigen würden nicht entschädigt. Dafür kommt die Versicherung auf.“

Deutsche Versicherung soll statt Unternehmen zahlen

Die deutsche Allianz soll zahlen, nachdem Malaysia Airlines aus Furcht vor hohen Entschädigungssummen ausgeblutet wurde. Voice 370, eine Interessengemeinschaft der Opferangehörigen, glaubt, ein am 20. Februar erlassenes Gesetz diene nur dazu, die alte Malaysia Airlines in „eine leere Hülle ohne Geld und Besitz“ zu verwandeln, während Manager Müller die neue Malaysia Airlines Berhad in ein profitables Unternehmen verwandelt. „Neben der kriminellen Nachlässigkeit und dem hinhaltenden Widerstand verhindert Malaysias Regierung nun auch Schadenersatz für die Familien“, sagt Sarah Bajc, deren Partner Philip Wood an Bord von MH 370 war.

Voice 370 fuhr kurz vor dem zweiten Jahrestag schweres Geschütz auf. „Wir sind empört über das Verhalten der Regierung von Malaysia, die mit einem Parlamentsbeschluss unsere Rechte aufgehoben hat und uns Zugang zu Gerechtigkeit verweigert, um private Unternehmen zu schützen.“ Laut dem am 20. Februar verabschiedeten Gesetz müssen Kläger eine Genehmigung von MAS-Verwalter Azmi einholen, wenn sie neben Malaysia Airlines auch die Behörden des Landes verklagen wollen. „Wir haben schon 2015 alle möglichen Parteien angezeigt“, erklärt der malaysische Rechtsanwalt Arunan Selvaraj den Hintergrund, „dadurch sind eine Menge Sachen herausgekommen“.

Viele Angehörige der rund 150 chinesischen Passagiere von MH 370 haben sich einer Klage in den USA angeschlossen. 96 Angehörige leiteten juristische Schritte ein. 42 Familien akzeptierten die Entschädigung von etwa 160.000 US-Dollar, die von der Montreal Convention für solche Flugkatastrophen vorgesehen sind. Wer mehr will, muss laut der Konvention spätestens am 8. März 2016 vor Gericht ziehen.