Berlin/Los Angeles. Die Gala wird lange dauern, wie immer. Es wird großartige Kleider zu sehen geben und eine Menge seltsame dazu, ein paar Dankesreden werden in Erinnerung bleiben, andere nicht so sehr. Und am Ende werden viele Schauspieler und Regisseure, Kostümbildner und Filmschaffende ganz allgemein ein bisschen glücklicher sein als vorher.
Zum 88. Mal werden an diesem Sonntag (Ortszeit) im Dolby Theatre in Los Angeles die Academy Awards verliehen, die für viele einfach nur die Oscars sind. Warum die goldene Statue so heißt? Und wer sie jetzt endlich auch mal verdient hätte? Die wichtigsten Informationen finden Sie hier:
Warum heißt die Trophäe Oscar?
Offiziell heißt die Auszeichnung Academy Award of Merit (Verdienstpreis der Akademie), aber der Spitzname Oscar hat sich längst durchgesetzt. Schon seit den 30er-Jahren wird er verwendet, seit 1979 ist die Bezeichnung auch markenrechtlich geschützt.
Wie die Trophäe zu ihrem Namen kam, ist allerdings nicht eindeutig überliefert. Es gibt mehrere Mythen. Eine mögliche Geschichte zur Namensgebung ist folgende: Margaret Herrick, die ehemalige Bibliothekarin der Academy of Motion Picture Arts and Sciences, die die Auszeichnungen vergibt, soll bei dem Blick auf das goldene Männchen gesagt haben: „Der sieht ja aus wie mein Onkel Oscar!“ Angeblich hat aber auch Schauspielerin Bette Davis gesagt, die Figur erinnere sie an den Hintern ihres Mannes Harmon Oscar Nelson. Zudem soll Walt Disney den Namen aufgeschnappt und ihn für den offiziellen gehalten haben – und sich 1932 dann in seiner Dankesrede auch „für den Oscar“ bedankt haben.
Es gibt auch eine Legende, was das Modell für die Statue betrifft: Der spanische Regisseur und Schauspieler Emilio Fernández soll aus Geldmangel für den Designer Cedric Gibbons posiert haben – nackt. Einen Beleg dafür gibt es aber nicht.
Was gibt es sonst noch über den Oscar zu sagen?
Der Oscar ist ein kleiner Ritter mit Schwert, der auf einer Filmrolle als Sockel steht. Die Academy Awards sind die begehrtesten Preise im Filmgeschäft. Die Auszeichnung gibt es seit dem 12. Februar 1929. Der damalige Präsident der MGM Studios, Louis B. Mayer, hat sie initiiert. Acht Jahre zuvor waren zum ersten Mal die Photoplay Awards verliehen worden. Sie gelten als erste Filmpreise der Welt.
In diesem Jahr werden zum ersten mal neue Statuen vergeben. Die Academy hatte Mitte Februar verkündet, dass von nun an eine Firma im Bundesstaat New York die Oscars herstellen wird – nach dem exakten Vorbild der bronzenen Original-Trophäe aus dem Jahr 1929. George Stanley hatte sie nach der Skizze von Gibbons gefertigt. Neu ist nicht die Größe (knapp 35 Zentimeter) und auch nicht das Gewicht (knapp vier Kilogramm) – dafür aber das Material. Statt einer vergoldeten Mischung aus Nickel, Kupfer und Silber wird der Oscar künftig aus Bronze sein, überzogen mit einer Schicht aus 24-karatigem Gold. Der reine Materialwert der Figur dürfte bei einigen Hundert Dollar liegen – der gefühlte Wert für die Gewinner ist aber um ein Tausendfaches höher. Wer den Oscar gewinnt, braucht sich um die nächsten Engagements in der Regel keine Sorgen mehr zu machen. Vom Ansehen in der Branche ganz zu schweigen.
Bis zur offiziellen Verkündung am Gala-Abend sind die Namen der Sieger nur ganz wenigen Menschen bekannt. Damit die Überraschung bis zum Ende gewahrt wird, werden die Namen erst nach der Verleihung auf dem Sockel der Statue angebracht.
Welche Kategorien sind am wichtigsten?
Auch wenn die Trophäe in insgesamt mehr als 30 Kategorien verliehen wird, so werden vor allem die Gewinner der Hauptkategorien mit besonderer Spannung erwartet. Wer wird der beste Hauptdarsteller und wer die beste Hauptdarstellerin? Welcher Regisseur war der beste und wer hat das beste Drehbuch geschrieben? Und natürlich: Welcher Film gewinnt? Wie jedes Jahr wird auch dieses Mal der Sieger in dieser Kategorie erst ganz am Ende verkündet. Nominiert sind diese acht Filme:
- „The Big Short“
- „Bridge of Spies - Der Unterhändler“
- „Brooklyn – Eine Liebe zwischen zwei Welten“
- „Mad Max: Fury Road“
- „Der Marsianer – Rettet Mark Watney“
- „The Revenant – Der Rückkehrer“
- „Raum“
- „Spotlight“
Mit insgesamt zwölf Nominierungen ist „The Revenant“ der Favorit bei der diesjährigen Verleihung. „Mad Max: Fury Road“ kann zehn Mal hoffen, „Der Marsianer – Rettet Mark Watney“ sieben Mal.
Könnte einer der Oscars auch nach Deutschland gehen?
Ja, Patrick Vollraths „Alles wird gut“ ist in der Kategorie Kurzspielfilm nominiert. Die deutsch-österreichische Co-Produktion über den Versuch eines Vaters, die von ihm getrennt lebende Tochter nach Manila zu entführen, ist Vollraths Abschlussarbeit an der Filmakademie in Wien und gewann bereits zahlreiche Preise, darunter den Studentenoscar und den österreichischen Filmpreis. Der Kurzfilm ist aber nicht die einzige Chance auf eine Trophäe für Deutschland. Der Berliner Filmausstatter Bernhard Henrich ist für die Ausstattung von „Bridge of Spies“ für den Oscar in der Kategorie „Bestes Szenenbild“ nominiert. Der deutsche Oscar-Vorschlag „Im Labyrinth des Schweigens“ hat es nicht in die Auswahl für den besten nicht-englischsprachigen Film geschafft.
Wem wünscht man den Oscar dieses Jahr besonders?
Ganz klar: Leonardo DiCaprio. Der Schauspieler war vor dieser Nominierung schon vier Mal nominiert – als bester Hauptdarsteller, bester Nebendarsteller und als Produzent – und ging bislang immer leer aus. Das letzte Mal klappte es 2014 mit „The Wolf of Wall Street“ nicht, zuvor war er bereits für „Blood Diamond“ (2007), „Aviator“ (2005) und „Gilbert Grape – Irgendwo in Iowa“ (1994) nominiert. Nun hat er eine neue Chance. Eine recht gute sogar, wenn man den Experten glaubt. Für seine Rolle in „The Revenant“ ist er wieder als bester Hauptdarsteller nominiert, und mit dem Golden Globe im Rücken könnte es dieses Mal klappen. Das wünschen ihm laut einer YouGov-Umfrage auch 56 Prozent der Deutschen. Wenn am Ende doch nichts daraus wird, hat DiCaprio immer noch Peter O’Toole als Trost. Der 2013 verstorbene britisch-irische Schauspieler war zwischen 1962 und 2006 acht Mal für den Oscar als bester Hauptdarsteller nominiert – gewonnen hat er keinen einzigen.
Wer hat bisher am meisten abgeräumt?
Mit 59 Nominierungen in allen möglichen Kategorien ist Walt Disney klarer Rekordhalter. Immerhin 22 Mal bekam der Zeichentrick-Filmproduzent den Oscar auch.
So viele Trophäen räumte der Film „Titanic“ nicht ab, aber immerhin elf Oscars gingen an das Drama mit Leonardo DiCaprio und Kate Winslet im Jahr 1998. Nur zwei andere Filme gewannen so viele Auszeichnungen und stehen damit neben „Titanic“ an der Spitze der Oscar-Charts: „Ben Hur“ im Jahr 1960 und „Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs“ 2014. Zehn Trophäen gingen 1962 an „Westside Story“, neun gewannen das Musical „Gigi“ Ende der 50er, „Der letzte Kaiser“ (1988) und „Der englische Patient“ (1997).
Bei den Schauspielern steht Katharine Hepburn ganz oben auf der Liste: Sie gewann insgesamt vier Oscars. Daniel Day-Lewis bekam immerhin drei Auszeichnungen – damit hat er bei den Männern die Nase vorn.
Wer kam bisher zu oft zu kurz?
Auf der Nominierungsliste bei den Frauen ungeschlagen an der Spitze: Meryl Streep. Die Schauspielerin war bisher 19 Mal nominiert – gewonnen hat sie den Oscar drei Mal: 1980 für „Kramer gegen Kramer“, 1983 für „Sophies Entscheidung“ und 2012 für ihre Rolle als Margaret Thatcher in „Die eiserne Lady“. Bei den Männern liegt Jack Nicholson vorn, er war insgesamt 12 Mal nominiert, drei Oscars hat er bekommen. 1976 gewann er für seine Rolle in „Einer flog über das Kuckucksnest“, 1983 für „Zeit der Zärtlichkeit“ und einige Jahre später für „Besser geht’s nicht“ (1998).
Welche Filme können überhaupt ins Rennen gehen?
Um für einen Oscar nominiert zu werden, muss ein Film im Vorjahr der Verleihung an mindestens sieben Tagen in einem kommerziellen Kino im Umkreis von Los Angeles gelaufen sein. Zudem muss der Film mindestens 40 Minuten lang und in einem bestimmten Filmformat gedreht worden sein. Sonderregeln gelten für die Nominierten in den Kategorien fremdsprachiger Film, Kurzfilm und auch Dokumentation.
Wer entscheidet darüber, wer den Oscar gewinnt?
Verliehen werden die Preise von der Academy of Motion Picture Arts and Sciences, einer ehrenamtlichen Organisation. Zu ihr gehören etwa 6000 Personen, die in der Film-Branche arbeiten. Wer einen Oscar gewinnt, wird automatisch in die Academy aufgenommen. Es ist nicht offiziell bekannt, wie die Academy zusammengesetzt ist. Die „L.A. Times“ ermittelte im Jahr 2012, 94 Prozent der Mitglieder seien weiß, drei Viertel (77 Prozent) männlich – und das Durchschnittsalter liege bei 62 Jahren. Die Tatsache, dass weiße Männer dort in der Überzahl sind, gilt als Indiz dafür, dass Minderheiten weniger Chancen auf die Filmtrophäe haben.
Über was redet man vor der Verleihung?
Einen Skandal gibt es schon, noch bevor die Verleihung überhaupt begonnen hat: Weil das zweite Jahr in Folge kein schwarzer Künstler und keine schwarze Künstlerin in den Hauptkategorien nominiert sind, haben einige Gäste angekündigt, die Vergabe der Oscars zu boykottieren. Darunter sind der schwarze Regisseur Spike Lee und die schwarze Schauspielerin Jada Pinkett Smith. Smiths Ehemann, der Schauspieler Will Smith, bleibt aus Solidarität auch zu Hause.
Unter dem Hashtag #OscarsSoWhite hatte es nach der Bekanntgabe der Nominierungen Mitte Januar großen Protest in den sozialen Netzwerken, vor allem auf Twitter, gegeben. Darauf hat die Academy inzwischen reagiert: Sie will die Zahl der Frauen und Angehörigen von Minderheiten unter ihren Mitgliedern bis zum Jahr 2020 verdoppeln.
Und dann wäre da noch die Sache mit den Dankesreden. Weil die Danksagungen in der Vergangenheit oft zu lang und zu unerträglich für alle Beteiligten waren – von der Verbalattacke des Regisseurs Michael Moore gegen George W. Bush bis hin zu schluchzenden Aussetzern von Schauspielerin Gwyneth Paltrow und der peinlichen Selbstbeweihräucherung von Regisseur James Cameron – gibt es jetzt neue Regeln. Länger als 45 Sekunden darf das Dankeschön nicht dauern. Zudem müssen die Stars zum ersten Mal schon vor der Verleihung eine Liste mit all den Namen abgeben, bei denen sie sich bedanken wollen. Die Genannten sollen dann auf den Bildschirmen zu lesen sein – und die Gewinner müssen sie nicht mehr vorlesen. Immerhin, so die Begründung der Academy, hätten schon zu viele Oscar-Gewinner die eigene Familie oder wichtige Weggefährten im Eifer vergessen.
Was es sonst noch Skurriles zu erzählen gibt
Für den Fall, dass einer der Gewinner irgendwann mal Geldsorgen hat und beabsichtigt, den Oscar gegen Bares einzutauschen, hat die Academy vorgesorgt. Den Gewinnern und ihren Erben ist es seit 1950 untersagt, die Trophäe zu verkaufen, ohne sie zuvor der Academy für den symbolischen Betrag von einem US-Dollar angeboten zu haben. Dazu müssen die Sieger sogar einen Vertrag unterschreiben. Wer sich weigert, bekommt den Oscar nicht ausgehändigt. Einige Trophäen wurden für hohe sechsstellige Beträge versteigert. Die Erben von Orson Welles etwa haben den Oscar, den Welles 1941 für „Citizen Kane“ gewann, für knapp 900.000 Dollar verkauft.
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