Paris. Der Terroranschlag während ihres Auftritts im „Bataclan“ schockierte die Welt. Nun sind die Eagles of Death Metal zurück in Paris.

Rot-Weiß-Blau – die Gitarre, zu der Leadsänger Jesse Hughes für die letzte Zugabe griff, trug die Farben der französischen Nationalflagge. „Ich liebe euch verdammt noch mal alle!“, rief Hughes nach dem Abschluss-Song in den Saal und umarmte einen neben der ersten Zuschauerreihe im Rollstuhl sitzenden Fan. Der minutenlange, tosende Applaus des wie ein Mann aufgesprungenen Publikums trieb dem Rocker nicht zum ersten Mal an diesem Dienstagabend die Tränen in die Augen.

Das Konzert, welches die US-Rockband Eagles of Death Metal Dienstagabend in der berühmten Music Hall Olympia gab, wird in die Annalen der Seinemetropole eingehen. Wegen der zahlreichen Gefühlsausbrüche, die es freisetzte, und wegen seines Symbolwertes. Diesen Auftritt hatten die Eagles unbedingt absolvieren wollen, weil sie überzeugt waren, ihn ihren Pariser Fans zu schulden. Schon zwei Wochen, nachdem islamistische Terroristen am 13. November ihr Konzert in der Pariser Konzerthalle Bataclan stürmten und 90 Menschen töteten (mehr als 300 wurden zum Teil sehr schwer verletzt), hatte Jesse Hughs erklärt: „Ich will unser Pariser Konzert unbedingt zu Ende spielen, um zu beweisen, dass das Leben weiter geht“.

Eagles of Death Metal zurück in Paris

Mit einem emotionalen Konzert ist die Rockband Eagles of Death Metal drei Monate nach dem Anschlag im Musikclub „Bataclan“ nach Paris zurückgekehrt.
Mit einem emotionalen Konzert ist die Rockband Eagles of Death Metal drei Monate nach dem Anschlag im Musikclub „Bataclan“ nach Paris zurückgekehrt. © dpa | Roald Berit
„Ich liebe euch verdammt noch mal alle“, rief Frontmann Jesse Hughes den Zuschauern im Konzertsaal „Olympia“ zu.
„Ich liebe euch verdammt noch mal alle“, rief Frontmann Jesse Hughes den Zuschauern im Konzertsaal „Olympia“ zu. © dpa | Christophe Petit Tesson
Unter den Gästen waren auch Überlebende der Attentate vom 13. November. Hier wird der Überlebende Christophe Fauvel vor dem Konzert interviewt. Damals hatten Islamisten beim Konzert der Band 90 Menschen ermordet.
Unter den Gästen waren auch Überlebende der Attentate vom 13. November. Hier wird der Überlebende Christophe Fauvel vor dem Konzert interviewt. Damals hatten Islamisten beim Konzert der Band 90 Menschen ermordet. © dpa | Christophe Petit Tesson
Unter tosendem Beifall betrat die Gruppe die Bühne, dazu wurde das Lied „Il est cinq heures, Paris s’éveille“ („Es ist fünf Uhr, Paris erwacht“) des Liedermachers Jacques Dutronc eingespielt – eine Referenz an die französische Hauptstadt.
Unter tosendem Beifall betrat die Gruppe die Bühne, dazu wurde das Lied „Il est cinq heures, Paris s’éveille“ („Es ist fünf Uhr, Paris erwacht“) des Liedermachers Jacques Dutronc eingespielt – eine Referenz an die französische Hauptstadt. © REUTERS | TT NEWS AGENCY
„Ich möchte einfach versuchen, das Set zu beenden, so dass alle einen Teil dieses schlimmen Zeugs hinter sich lassen und hier (im Herzen) mehr Platz für bessere Sachen schaffen können“, hatte Hughes zuvor dem französischen Sender „iTélé“ gesagt.
„Ich möchte einfach versuchen, das Set zu beenden, so dass alle einen Teil dieses schlimmen Zeugs hinter sich lassen und hier (im Herzen) mehr Platz für bessere Sachen schaffen können“, hatte Hughes zuvor dem französischen Sender „iTélé“ gesagt. © REUTERS | TT NEWS AGENCY
Mitten in ihrem ersten eigenen Song stoppte die Rockgruppe kurz für einen „Moment der Erinnerung“ an die Opfer des Anschlags. Frontmann Hughes wurde immer wieder sichtbar von seinen Gefühlen übermannt.
Mitten in ihrem ersten eigenen Song stoppte die Rockgruppe kurz für einen „Moment der Erinnerung“ an die Opfer des Anschlags. Frontmann Hughes wurde immer wieder sichtbar von seinen Gefühlen übermannt. © dpa | Jean Nicholas Guillo/Photopqr/Le
Nach den Anschlägen hatte die Band lediglich ein kurzes Comeback in Paris gefeiert, als sie bei einem U2-Konzert während der Zugabe die Bühne übernehmen durften.
Nach den Anschlägen hatte die Band lediglich ein kurzes Comeback in Paris gefeiert, als sie bei einem U2-Konzert während der Zugabe die Bühne übernehmen durften. © dpa | Roald Berit
Die Eagles of Death Metal hatten alle Besucher des blutig geendeten „Bataclan“-Konzerts zu ihrem neuen Auftritt eingeladen. Er stand unter hohen Sicherheitsvorkehrungen.
Die Eagles of Death Metal hatten alle Besucher des blutig geendeten „Bataclan“-Konzerts zu ihrem neuen Auftritt eingeladen. Er stand unter hohen Sicherheitsvorkehrungen. © REUTERS | HANDOUT
Der Bürgersteig vor dem „Olympia“ war komplett abgesperrt, Polizisten und private Sicherheitsleute kontrollierten die Besucher mehrfach, unter anderem mit Metalldetektoren. Für Überlebende und Angehörige der Opfer standen psychologische Betreuer bereit.
Der Bürgersteig vor dem „Olympia“ war komplett abgesperrt, Polizisten und private Sicherheitsleute kontrollierten die Besucher mehrfach, unter anderem mit Metalldetektoren. Für Überlebende und Angehörige der Opfer standen psychologische Betreuer bereit. © REUTERS | NTB SCANPIX
Vor dem Konzert wurde die Band bereits auf der Straße von ihren Fans willkommen geheißen.
Vor dem Konzert wurde die Band bereits auf der Straße von ihren Fans willkommen geheißen. © dpa | Christophe Petit Tesson
Die Band hatte ihre nach dem Anschlag unterbrochene Europatournee bereits am 13. Februar mit einem Konzert in Stockholm fortgesetzt. Auch Auftritte in Deutschland sind geplant, am 18. Februar ist die Band in der Münchener Tonhalle zu Gast.
Die Band hatte ihre nach dem Anschlag unterbrochene Europatournee bereits am 13. Februar mit einem Konzert in Stockholm fortgesetzt. Auch Auftritte in Deutschland sind geplant, am 18. Februar ist die Band in der Münchener Tonhalle zu Gast. © dpa | Christophe Petit Tesson
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Gastauftritt bei Pariser U2-Konzert im Dezember

Bereits im Dezember spielte die kalifornische Band einen kurzen Gastauftritt bei einem U2-Konzert in Paris, doch „ihr“ Konzert fand – unter drastischen Sicherheitsvorkehrungen – erst am Dienstag statt. Die Eagles hatten alle Fans eingeladen, die die Tragödie im Bataclan miterleben mussten. 900 folgten dem Aufruf, teils mit sehr gemischten Gefühlen. Die Mitglieder der Band bereiteten ihnen bereits zwei Stunden vor dem Konzert einen Sonderempfang. „Ich hatte Angst vor meinen Reaktionen“, gab Lydia am späten Abend zu. Aber die 27-Jährige, die bei dem Anschlag schwer verletzt wurde und immer noch an Krücken geht, musste einfach kommen, „weil ich mein Trauma überwinden und die Stücke meines Lebens wieder zusammensetzen will.“

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25 Psychologen betreuten die „Überlebenden des Bataclan“, wie sie sich selbst nennen, vor und während des Konzerts. „Für viele ist das Teil ihrer Therapie“, meinte eine der anwesenden Ärztinnen, die trotzdem die Sorge umtrieb, dass „es dafür noch zu früh sein könnte“. Aber niemand wurde Opfer eine Panikattacke. „Ich war am Anfang unheimlich nervös und habe mit den Augen immer wieder die Notausgänge gesucht“, erzählt Emmanuel (32): „Doch mit jedem Stück, das die Eagles spielten, ging es mir besser. Das Kontert war super, sehr bewegend – und es hat mir verdammt gutgetan.“

„Kiss Of The Devil“ spielten die Eagles of Death Metal nicht mehr

„Ich liebe euch verdammt noch mal alle“: Jesse Hughes und die Eagles of Death Metal am Dienstagabend in der Pariser Konzerthalle „Olympia“.
„Ich liebe euch verdammt noch mal alle“: Jesse Hughes und die Eagles of Death Metal am Dienstagabend in der Pariser Konzerthalle „Olympia“. © REUTERS | HANDOUT

Damals, am 13. November, erstickten die Terroristen den Abend im Blut, als die Eagles gerade die ersten Noten ihres Songs „Kiss Of The Devil“ anstimmten. Ein Stück, das die Band seither nicht mehr gespielt hat, auch am Dienstagabend nicht. Stattdessen sangen die Eagles zum Auftakt „Il est cinq heures, Paris s’éveille“ (Es ist fünf Uhr, Paris erwacht), eine populäre Liebeserklärung des Chansonniers Jacques Dutronc an die französische Hauptstadt. Mitten in ihrem ersten eigenen Song dann hielt die Rockband für einen Moment inne. „Wir denken an die Opfer“, sagte Hughes in die urplötzliche Stille hinein und setze nach einigen Sekunden hinzu: „Aber jetzt zurück zum Spaß!“

Und so war es. Zwei Stunden lang hielten die Eagles das Publikum mit ihrem Rock’n’Roll und ihrer ausgelassenen Bühnenshow in Atem. Um zu beweisen, dass fanatisierte Selbstmordattentäter den Spaß nicht töten können und wohl auch, um ihr eigenen im Bataclan durchlittenen Schrecken zu bannen. „Ich danke Euch allen, dass ihr gekommen seid“, rief Hughes zwischen zwei Song ins Publikum: „Ich danke Euch, denn wir brauchten Euch heute wirklich!“