Duisburg. 21 Menschen starben bei der Loveparade vor fünfeinhalb Jahren. Noch immer ist unklar, ob es deshalb zu einer Gerichtsverhandlung kommt.

Im Loveparade-Strafverfahren ist auch zwei Jahre nach der Anklageerhebung weiter offen, ob es eine Gerichtsverhandlung geben wird. Das zuständige Landgericht Duisburg hat sich noch nicht festgelegt. Gerichtssprecher Matthias Breidenstein sagte, dass das Gericht aber voraussichtlich noch in diesem Frühjahr entscheiden werde.

Bei der Loveparade in Duisburg am 24. Juli 2010 war es an einer Engstelle zu einem tödlichen Gedränge gekommen. 21 Menschen starben bei dem Technofestival, mindestens 652 wurden verletzt, einige von ihnen schwer. Am 10. Februar 2014 hatte die Staatsanwaltschaft Duisburg Anklage gegen sechs Mitarbeiter der Stadt und gegen vier Mitarbeiter des Veranstalters erhoben. Ihnen werden fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen. Seitdem prüft das Landgericht im sogenannten Zwischenverfahren, ob eine Verurteilung im Hauptverfahren, der Gerichtsverhandlung, wahrscheinlich ist.

„Die Kammer muss minuziös jeden Aspekt prüfen“

Möglich seien eine Eröffnung, eine teilweise Eröffnung oder eine Nichteröffnung des Hauptverfahrens, sagte Breidenstein. Darüber entscheide die Kammer in richterlicher Unabhängigkeit. Bei einer Teil-Eröffnung würde die Anklage nur gegen einige der zehn Angeschuldigten zugelassen.

Der Sprecher begründete die lange Verfahrensdauer mit dem Umfang des Verfahrens. „Die Kammer muss minuziös jeden Aspekt prüfen.“ Die elektronische Akte habe mittlerweile ein Datenvolumen von knapp 10 Terabyte. Die sogenannte Hauptakte mit den wichtigsten Unterlagen umfasse mittlerweile über 46.700 Seiten und fülle 99 Aktenordner. Hinzu kämen mehr als 800 Ordner mit ergänzendem Aktenmaterial.

Anwalt rechnet mit Eröffnung des Verfahrens

Der Düsseldorfer Anwalt Julius Reiter geht davon aus, dass das Verfahren eröffnet wird. Reiter vertritt mit dem früheren Innenminister Gerhart Baum rund 100 Betroffene, darunter die Angehörigen von vier Todesopfern. „Ich denke, dass bei so vielen Toten und Verletzten eine Einstellung eine Katastrophe für die Justiz und für die Geschädigten und Hinterbliebenen wäre. Es ist lange genug ermittelt worden. Die gutachterlichen Stellungnahmen reichen aus, um eine Anklage zu erheben“, sagte er.

Auch die Staatsanwaltschaft Duisburg hofft, dass das Gericht bald entscheidet. „Es hat sich an der Beweislage seit Anklageerhebung nichts geändert. Aus unserer Sicht besteht weiter hinreichender Tatverdacht gegen die Angeschuldigten. Wir würden es befürworten, wenn es jetzt zügig zu einer Eröffnung des Hauptverfahrens kommen würde“, sagte Staatsanwältin Anna Christiana Weiler.

Prozess soll Tragödie aufarbeiten

Der Ombudsmann der Stadt Duisburg für die Opfer der Loveparade, Pfarrer Jürgen Widera, sagte, dass ein Prozess für viele Angehörige und Verletzte wichtig sei. Der Prozess sollte aufarbeiten, wie es eigentlich zu der Katastrophe kam. „Man will als Angehöriger wissen: Was ist da eigentlich genau passiert? Sonst findet man keine Ruhe.“

Auch NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) hatte sich jüngst zur langen Verfahrensdauer geäußert­ und um Verständnis geworben. In einem Interview der „Rheinischen Post“ sagte er: „Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass die Menschen wissen wollen, wer dafür gegebenenfalls rechtlich verantwortlich ist. Aber es handelt sich um ein Verfahren, dessen Ausmaß und Umfang nicht alltäglich ist.“ (dpa)