Berlin. Der „Short Message Service“ wird 20 Jahre alt. Messenger-Dienste wie WhatsApp graben der SMS langsam das Wasser ab. Eine Würdigung.

Am Anfang musste man sich kurz halten. Es hieß schließlich „Short Message Service“, kurz SMS. 160 Zeichen lang durfte sie sein. Und so kam es zu sprachlichen Merkwürdigkeiten wie „hdgdl“ („hab dich ganz doll lieb“) oder „hase“ („habe Sehnsucht“) oder wenn man sich sms-mäßig schon verquatscht hatte auch „widumihei“ („Willst du mich heiraten?“).

Diese Stilblüten sind inzwischen fast vergessen. 20 Jahre ist die Geschichte des Kurztextes schon lang und seit einigen Jahren ist auch das Zeichenzählen nicht mehr nötig. Für einige war es eine Befreiung, für manchen Empfänger eine Belästigung. Und keine Würdigung des Kurznachrichtendienstes würde ohne die Erwähnung der angetrunkenen, jämmerlichen SMS auskommen wie „Ich denke immer noch an dich“, „Komm zurück“ oder ja „Ich würde alles für dich tun“. Und manchmal wurde auch ein Schritt gegangen, der nüchtern in der Härte nicht ausgesprochen worden wäre wie „leia“ („Liebling, es ist aus“).

Noch schlimmer allerdings ist die fehlgeleitete SMS, die an einen oder eine andere hätte gehen sollen. Nach dem Eingang wurde man blass, wenn man las, was man nie vermutet hätte. Abgründe taten sich auf, wenn der Partner einem in der SMS seine Parallelwelt eröffnete und einer anderen für die letzte Nacht dankte.

2015 wurde nur ein Viertel der SMS aus dem Jahr 2012 verschickt

Bis 2012 war die SMS die Cashcow der Mobilfunkbranche. „Die SMS bringt den Mobilfunkbetreibern zwar immer noch Geld, aber die Messenger-Dienste nehmen ihnen Jahr für Jahr Erlöse ab“, beschreibt der britische Telekommunikationsberater Ovum die Lage. Allein im Jahr 2013 wuchsen die Umsatzausfälle weltweit auf 32 Milliarden Dollar. 2015 wurde nur ein Viertel der SMS aus dem Jahr 2012 verschickt. WhatsApp wickelt inzwischen 40 Milliarden Kurzmitteilungen pro Tag ab.

Angela Merkel ist wohl die bekannteste SMS-Anhängerin Deutschlands, sie sendete sogar als sie als Telefonjoker in „Wer wird Millionär“ angerufen wurde eine SMS an ihren CDU-Parteikollegen Wolfgang Bosbach. Allerdings nur Grüße, nicht die Antwort. Mehrere Hundert SMS soll sie pro Woche verschicken. Unsicherere internetabhängige Dienste wie „WhatsApp“, Threema und Co. wird sie wohl für ihre Absprachen in Sachen Karrieren, Koalition und Sprachregelungen kaum nutzen. Die Messenger-Dienste müssen sich also als Totengräber der SMS noch ein bisschen gedulden, denn einen Vorteil hat die SMS: Für die Antwort von „widumihei?“ braucht man kein WLAN, keinen Internetzugang, auch keinen Empfänger, der den gleichen Dienst hat, nur einen Telefonanschluss. ;-)