Berlin. Die Angehörigen der Opfer des Germanwings-Absturzes warten auf Entschädigung. In den USA könnte es schon bald zu einem Prozess kommen.

Am 24. März jährt sich der absichtlich herbeigeführte Absturz einer Germanwings-Maschine in den französischen Alpen. Doch noch vor diesem Jahrestag soll Bewegung um die Forderung der Angehörigen der Opfer nach Entschädigung kommen – und zwar in den USA. „Bis Anfang Februar soll die Klageschrift fertig sein. Die Anklage-Erhebung könnte dann schon Mitte Februar erfolgen“, sagte Opferanwalt Elmar Giemulla unserer Redaktion. Die US-Justiz müsste dann entscheiden, ob die Klage zugelassen wird.

Zuvor hatten die Mandanten des Professors der Rechtswissenschaften die Beauftragung erteilt, eine Klage in den USA einzureichen. Dass Giemulla und die von ihm vertretenen 39 Familien den Weg in die Vereinigten Staaten gehen, hat mehrere Gründe.

Darum wird in den USA geklagt

Der Lufthansa-Konzern hatte den direkten Angehörigen des Absturzes 25.000 Euro Entschädigung angeboten, was die Familien jedoch ablehnten. Als Begründung war mehrfach zu hören, dass der Fall des Co-Piloten Andreas Lubitz, der das Flugzeug auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf in den Alpen bewusst abstürzen ließ, nicht mit einem normalen Autounfall zu vergleichen sei. Elmar Giemulla verweist auf die Tochter eines Unfallopfers, die nach einem Verkehrsunfall 50.000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen bekam.

Der Angehörigen-Anwalt betont immer wieder, dass es jedoch nicht nur um höhere Entschädigungen gehe. Die Verlagerung des Falles auf das US-amerikanische Justizsystem scheint für die Familien auch einen schnelleren Erfolg zu versprechen. Elmar Giemulle berichtete unserer Redaktion nach der Ankündigung einer Klage in den USA im vergangenen Jahr, dass sowohl die von ihm beauftragten Anwälte wie auch die amerikanische Gegenseite weit mehr Erfahrung in Schmerzensgeld - und Schadenersatzfällen habe als die deutschen Kollegen. Während ein erstes Treffen der amerikanischen Anwälte positive verlief, berichtet Giemulla, dass eine zweite Zusammenkunft keine Aussicht auf eine außergerichtliche Einigung erwarten ließ. Und so wird nun eine Klage angestrebt.

Warum durfte Andreas Lubitz überhaupt fliegen?

Bei der Klage in den USA soll es im Kern darum gehen, zu prüfen, warum der Co-Pilot Andreas Lubitz überhaupt am 24. März im Cockpit der Germanwings-Maschine sitzen konnte. Aufschluss darüber könnte auch seine Ausbildung geben, die er zum Teil im US-Bundesstaat Arizona absolviert hatte. Die amerikanische Luftfahrtbehörde FAA hatte im Jahr 2010 Zweifel an Lubitz’ Gesundheitszustand angemeldet, dies geht aus Dokumenten hervor, die die FAA online veröffentlichte. Erst nach einem nachgereichten Schreiben eines Arztes von Lubitz erhielt der damalige Lufthansa-Flugschüler einen Pilotenschein für die USA.

Eine telefonische Anfrage an Eurowings sowie eine schriftliche Anfrage bei einem Lufthansa-Anwalt blieben bis zum Abend unbeantwortet. Rainer Büsken, der im vergangenen Jahr Lufthansa juristisch beraten hatte, hatte jedoch in einem „Spiege“l-Interview im Juli des vergangenen Jahres den Angehörigen der Opfer davon abgeraten, in den USA zu klagen. Büsken vertrat die Meinung, dass die US-Gerichte für den Fall nicht zuständig seien und so nur unnötige Anwaltskosten auf die Mandanten zu kämen.