Hamburg. Das tropische Zika-Virus macht vielen Menschen in Brasilien Angst. Auch nach Deutschland kam das Virus schon mehrfach – durch Reisende.

Das derzeit vor allem in Brasilien grassierende Zika-Virus haben schon mehrere Reisende nach Deutschland eingeschleppt. Das Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin habe seit 2013 zehn Infektionen festgestellt, sagte der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit der Deutschen Presse-Agentur. Dabei handle es sich ausschließlich um importierte Fälle, das heißt, die Betroffenen holten sich das Virus auf einer Reise in ein tropisches Land.

Ein genaues Bild von eingeschleppten Virus-Fällen in Europa gibt es nicht, denn die Infektion ist nicht meldepflichtig. Zwar registrierte Italien schon vier Fälle, Großbritannien drei und Spanien zwei. Aber Schmidt-Chanasit meint: „Diese Zahlen sind alle nicht korrekt.“ Gute Aufzeichnungen über das Auftreten der Krankheit fehlten. Es gibt nur wenige Referenzzentren, die die Infektion diagnostizieren könnten, neben dem Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg noch das Pasteur-Institut in Paris und zwei weitere Einrichtungen in Großbritannien und den Niederlanden. Jetzt steige die Zahl der Fälle täglich, weil sich mehr Patienten untersuchen ließen und die Mediziner genauer hinschauten.

Zusammenhang mit Fehlbildung Mikrozephalie sehr wahrscheinlich

Jonas Schmidt-Chanasit, Leiter der Virusdiagnostik des Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, berichtet von zehn verifizierten Fällen von Zika-Infektionen in Deutschland. Es könnten aber auch mehr sein.
Jonas Schmidt-Chanasit, Leiter der Virusdiagnostik des Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, berichtet von zehn verifizierten Fällen von Zika-Infektionen in Deutschland. Es könnten aber auch mehr sein. © dpa | Daniel Bockwoldt

Der Erreger verursacht meist keine schwere Erkrankung. Er steht aber im Verdacht, bei Schwangeren das ungeborene Kind zu schädigen. Die Kinder kommen mit einem zu kleinen Kopf auf die Welt, was mit Fehlbildungen im Gehirn einhergeht. „Dieser Zusammenhang ist sehr wahrscheinlich“, sagte Schmidt-Chanasit. Er fügte aber hinzu: „Der endgültige Beweis steht noch aus.“

In Brasilien, das mit rund 4000 registrierten Fällen der sogenannten Mikrozephalie am stärksten betroffen ist, gebe es derzeit Fallkontrollstudien. Dabei werden Frauen mit fehlgebildeten und gesunden Kindern auf Antikörper gegen Zika-Viren getestet. Bei gestorbenen Babys und im Fruchtwasser sei das Virus bereits nachgewiesen worden. Das seien aber nur einzelne Hinweise. Für Studien müssen Hunderte Schwangere untersucht werden. „Ich denke, in einigen Wochen werden wir den endgültigen Beweis haben“, sagte der Virologe.

Noch keine Impfung oder Medikament gegen Zika-Infektion

Eine Ärztin im brasilianischen Recife mit einem an Mikrozephalie erkrankten, zwei Monate alten Baby. Der Beweis, ob das Zika-Virus die Fehlbildung des Schädels auslösen kann, steht noch aus – ist nach Experten-Meinung aber sehr wahrscheinlich.
Eine Ärztin im brasilianischen Recife mit einem an Mikrozephalie erkrankten, zwei Monate alten Baby. Der Beweis, ob das Zika-Virus die Fehlbildung des Schädels auslösen kann, steht noch aus – ist nach Experten-Meinung aber sehr wahrscheinlich. © Getty Images | Mario Tama

Missbildungen dieser Art kommen auch bei Neugeborenen in Deutschland vor. Schmidt-Chanasit hält es für denkbar, dass auch hier in einigen Fällen eine Zika-Virusinfektion die Ursache sein könnte. Das ließe sich aber nur bei einer Häufung feststellen oder bei einer sogenannten Reiseanamnese. Schmidt-Chanasit weiß von einem missgebildeten und schließlich gestorbenen Baby im US-Bundesstaat Hawaii, dessen Mutter in der Schwangerschaft in Brasilien war.

Obwohl einer der möglichen Überträger des Virus, die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus), in Südeuropa und auch in Süddeutschland vorkomme, sei bislang keine in Europa oder Deutschland erworbene Zika-Infektion bekannt. Eine Reisewarnung für Schwangere macht nach Meinung des Experten nur für Länder Sinn, in denen die Infektion in großer Zahl auftritt, wie in Brasilien und Französisch-Polynesien. Vereinzelte Fälle in Afrika oder Südostasien rechtfertigten eine solche Warnung nicht. Wenn eine werdende Mutter dennoch nach Brasilien reisen wolle, könne sie nur auf Mückenschutz achten. Eine Impfung oder ein Medikament gibt es noch nicht.

Obama ruft zu intensiverer Erforschung des Zika-Virus auf

US-Präsident Barack Obama hat bei einem Treffen mit Gesundheitsexperten zu größeren Anstrengungen bei der Erforschung des Zika-Virus aufgerufen. Man brauche eine verbesserte Diagnostik, zudem müssten Impfstoffe und Heilungsansätze entwickelt werden, sagte Obama nach dem Treffen am Dienstag (Ortszeit) laut Angaben des Weißen Hauses. Alle Amerikaner müssten sich über das Virus sowie über Möglichkeiten informieren können und wissen, wie sie sich vor einer Infektion schützen könnten. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat diese Woche vor einer Ausbreitung des Virus auf dem gesamten amerikanischen Kontinent gewarnt.

Im Kampf gegen die Verbreitung will die brasilianische Regierung bis zu 220.000 Soldaten einsetzen. Wie Gesundheitsminister Marcelo Castro mitteilte, sollen am 13. Februar die Soldaten in betroffenen Gebieten von Haus zu Haus gehen, und bei der Bekämpfung der Moskitoart helfen. Die Aedes-Mückenart überträgt auch Dengue und Gelbfieber.

Erster Fall in Dänemark: Tourist mit Zika-Virus infiziert

Auch in Dänemark ist das Virus jetzt erstmals bei einem Patienten entdeckt worden. Der Däne habe sich bei einer Reise nach Süd- und Lateinamerika mit dem Erreger angesteckt und danach über Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen geklagt, teilte das Universitätskrankenhaus in Aarhus mit. Eine Untersuchung habe die Infektion am Dienstagabend bestätigt. Der Patient werde ambulant behandelt. „Sein Zustand ist gut“, hieß es. (dpa)