Berlin/Los Angeles. Will Smith und viele andere Schauspieler wollen die Oscar-Verleihung boykottieren. Jetzt reagiert die Film-Akademie mit neuen Regeln.

Nach scharfer Kritik an der „Academy of Motion Pictures“ hat die Oscar-Akademie nun reagiert: Sie erwäge, die Regeln zu ändern und zugunsten einer größeren Vielfalt die Zahl der schwarzen Jury-Mitglieder und die der für den Oscar nominierten schwarzen Schauspieler zu erhöhen, berichtete die „LA Times“.

Die geplanten „radikalen Änderungen“ würden das Wahl-Prozedere, den Prozess der Mitgliederrekrutierung und die Organisationsstrukturen betreffen, hieß es auch in der „New York Times“. Bis 2020 soll die Hälfte der rund 7000 Mitglieder der Organisation aus Frauen und Minderheiten bestehen, kündigte demnach das Führungsgremium der Akademie an. Das bisherige lebenslange Stimmrecht soll auf zehn Jahre beschränkt werden. Eine Verlängerung ist nur dann möglich, wenn das Mitglied weiterhin aktiv im Filmgeschäft tätig ist, hieß es in einer Mitteilung.

Der Film-Akademie war vorgeworfen worden, seit zwei Jahren ausschließlich weiße Schauspieler für den Oscar nominiert zu haben. Einer der prominenten Kritiker war der schwarze Schauspieler Will Smith. Er hatte angekündigt, die Oscar-Verleihung zu boykottieren.

Will Smith wird nicht zur Oscar-Verleihung gehen

Seine Hauptrolle in dem neuen Film „Erschütternde Wahrheit“ habe wirklich nichts mit seinem Oscar-Boykott zu tun. Will Smith wird ebenso wie seine Frau Jada Pinkett-Smith nicht zur Verleihung am 28. Februar gehen. „Wir fühlen uns dabei nicht wohl“, sagte er dem Sender ABC. Es sei ungerecht, dass kein Schwarzer nominiert sei. Und er wolle die Show nicht einmal im Fernsehen anschauen, weil er seinen Kindern das nicht zumuten wolle.

Die Kampagne #OscarSoWhite will auf fehlende Diversität in Film und Fernsehen aufmerksam machen. Anlass für #OscarSoWhite war, dass in diesem Jahr alle der nominierten 20 Schauspieler weiß sind – wie auch bereits im vergangenen Jahr.

Schwarze machen 12,6 Prozent der US-Bevölkerung aus, zehn Prozent der Oscarnominierungen seit 2000 gingen an sie, errechnete das Magazin „The Economist“. Schlechter sieht es bei den Lateinamerikanern aus: 16 Prozent der US-Bevölkerung haben eine lateinamerikanische Herkunft, aber nur drei Prozent der Nominierungen seit dem Jahr 2000 sind auch an sie gegangen. Nur 1 Prozent waren Künstler mit asiatischem Hintergrund.

Jada Pinkett Smith startete den Boykott

Zuerst hatte Schauspielerin Jada Pinkett-Smith zum Boykott aufgerufen, dann Regisseur Spike Lee. Immer mehr Kollegen folgten wie Reese Witherspoon, Michael Moore oder Mark Ruffalo. George Clooney sagte der Zeitschrift „Variety“: „Wir gehen in die falsche Richtung.“ Vor zehn Jahren habe es mehr Nominierungen für Schwarze gegeben, etwa für Don Cheadle und Morgan Freeman.

Nun wird Will Smith inzwischen Heuchelei vorgeworfen, seine TV-Tante aus der Serie „Der Prinz von Bel-Air“, Jane Hubert, ätzte: Sie finde es komisch, dass jemand Leute boykottieren wollte, mit denen er Abermillionen Dollar verdient habe. „Nur, weil du keine Nominierung bekommen hast?“, fragte Hubert. „So funktioniert das Leben nicht, Baby.“

Chris Rock soll nicht auftreten

In der hitzigen Debatte helfen Zahlen: 94 Prozent der 7000 Mitglieder der Oscar-Akademie, die über die Nominierungen abstimmt, sind weiß, 77 Prozent männlich, das Durchschnittsalter liegt bei 62, ermittelte die „Los Angeles Times“. Die Akademievorsitzende Cheryl Boone Isaacs, eine Afroamerikanerin, hatte darauf schnell Veränderungen angekündigt: „Die Akademie wird drastische Schritte unternehmen, die Zusammenstellung unserer Mitgliederschaft zu verändern. Für 2016 geht es um Inklusion in allen Facetten: Geschlecht, Abstammung, Ethnizität und sexuelle Orientierung.“

Für die Verleihungen schaut nun alles auf den afroamerikanischen Komiker Chris Rock, der die Show live moderieren wird . Rapper 50 Cent appellierte an ihn: „Chris, bitte mach die Oscar-Preise nicht. Du bist wichtig, Mann, tue es nicht.“ Andere glauben, er wird die Bühne nutzen, um Kritik zu üben. Für die TV-Quote wäre zumindest ein kleiner Eklat nicht schlecht. (diz/jkali/dpa)