Der Mann, der eine 20-Jährige am Ernst-Reuter-Platz vor einen Zug gestoßen haben soll, schweigt zur Tat. Die Familie des Opfers nimmt Abschied.

Nach dem tödlichen Angriff auf eine 20-Jährige im U-Bahnhof Ernst-Reuter-Platz in Charlottenburg schweigt der mutmaßliche Täter gegenüber den Ermittlern. Das sagte der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft Martin Steltner am Donnerstag. Der psychisch kranke Mann war am Mittwochabend in eine Klinik eingewiesen worden.

Laut Steltner war der 28-Jährige wegen Sachbeschädigung in Hamburg bereits in psychiatrischer Betreuung. Der 28-Jährige habe auch mit Drogen zu tun gehabt. Eine Blutprobe nach dem Angriff habe allerdings keine Hinweise auf Alkohol oder Drogen ergeben, hieß es.

Ein Flatterband liegt auf dem Bahnsteig, an dem die Frau starb
Ein Flatterband liegt auf dem Bahnsteig, an dem die Frau starb © Abix | Abix

Der 28-Jährige hatte die ihm unbekannte Frau am späten Dienstagabend mit voller Wucht vor einen einfahrenden Zug gestoßen. Die U-Bahn-Fahrerin hatte keine Chance mehr, noch rechtzeitig zu bremsen. Die Bahn überrollte die 20-Jährige und tötete sie. Zeugen hielten den Täter fest, bis er festgenommen werden konnte.

Zu dem Zeitpunkt befand sich der in Hamburg geborene und aufgewachsene Mann erst etwa seit zwei Stunden in Berlin. Wie die Zeitung B.Z. berichtet, sei er auf der Fahrt nach Berlin im ICE beim Schwarzfahren erwischt worden. Danach versuchte der 28-Jährige vergeblich, in einer Obdachlosenunterkunft an der Franklinstraße unterzukommen. Er sei dann zum Bahnhof Zoo geschickt worden und kam so auf den Bahnsteig der Station Ernst-Reuter-Platz. Warum er sich dort aufhielt, ist aber noch unklar.

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Bereits als Jugendlicher aufgefallen

Am Mittwochabend wurde entschieden, dass der Mann in eine psychiatrische Klinik eingeliefert werden sollte. Einem Gutachten zufolge gebe es Anhaltspunkte für eine erheblich geminderte bis aufgehobene Schuldfähigkeit, hieß es vonseiten der Staatsanwaltschaft.

Er leide an einer Erkrankung im Schizophrenie-Bereich, sagte Steltner. Nach seinen Angaben war der 28-Jährige wegen Sachbeschädigung in Hamburg bereits in psychiatrischer Betreuung.

Die Schuldfähigkeit eines Straftäters kann etwa davon abhängen, ob der Verdächtige unter einer Persönlichkeitsstörung leidet, drogen- oder alkoholabhängig ist oder womöglich Stimmen hört, wie die Berliner Psychologin Isabella Heuser erläuterte. „Auch ein psychisch Kranker kann voll schuldfähig sein, wenn er zum Beispiel aus Frust gehandelt hat.“

Am U-Bahnhof Ernst-Reuter-Platz haben mehrere Menschen Blumen niedergelegt. Die Familie hat einen Abschiedsbrief an einem Geländer im Bahnhof hinterlassen.

Die Hamburger Justizbehörde zeigte sich erschüttert. „Bisher haben wir allerdings keine ausreichend gesicherten Informationen zum mutmaßlichen Tatverdächtigen“, sagte der Leiter des Präsidialstabes der Hamburger Justizbehörde, Thomas Baehr, am Mittwochabend im „Hamburg-Journal“ des NDR Fernsehens. „Wir werden nun zunächst klären, ob und inwieweit der mutmaßliche Täter überhaupt in den letzten Jahren in Kontakt mit Hamburger Behörden gestanden hat.“

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Zeugen des Vorfalls werden gebeten, sich bei der 5. Mordkommission des Landeskriminalamtes an der Keithstraße 30 in Tiergarten unter der Telefonnummer (030) 4664 - 911 555 oder einer anderen Polizeidienststelle zu melden.