Berlin. Gerüchte, Vorurteile, Ängste: Der Fall einer angeblichen Vergewaltigung zeigt, wie schnell sich gefährliche Halbwahrheiten verbreiten.

Ein hartnäckiges Gerücht um eine angebliche von Migranten verübte Vergewaltigung an einer 13-Jährigen sorgt im Netz weiterhin für Wirbel. Wegen des möglichen Streuens von Desinformation beschäftigt der Fall nun auch die Staatsanwaltschaft. Der Konstanzer Rechtsanwalt Martin Luithle hat Anzeige gegen einen russischen Journalisten erstattet, der mit seinem TV-Bericht für den größten russischen Fernsehsender „Pervij kanal“ über den angeblichen Vergewaltigungsfall berichtet hatte. Das schrieb Luithle auf Twitter. Der Vorwurf des Juristen: Der russische TV-Journalist stachele zum Hass gegen Flüchtlinge an: Volksverhetzung.

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Auf Facebook und Twitter hat die Polizei seitdem – wie nach den Übergriffen in Köln – mit unzähligen Nutzern zu kämpfen, die der Behörde Vertuschung vorwerfen. Auf Facebook schreibt ein User: „Obgleich ihr da bereits wußtet was da abgegangen ist. Ich glaub euren Erklärungen jedenfalls nix mehr. Verarscht die Gutmenschen die immer noch klatschend und teddybärwerfend ankommenden Busengrapschern an den Bahnhöfen zujubeln.“

Rechte instrumentalisieren Gerüchte

Fakt ist: Das 13 Jahre alte Mädchen aus Marzahn verschwand auf dem Weg zur Schule am Montag, 11. Januar. Am Dienstag tauchte es wieder auf. „Um die Persönlichkeitsrechte des Mädchens zu wahren, werden keine näheren Angaben zu dem Thema gemacht“, heißt es in einer Mitteilung der Polizei. Und: „Die Ermittlungen des Fachkommissariats des Landeskriminalamtes ergaben zudem, dass die 13-Jährige (...) auch nicht vergewaltigt wurde.“

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Der Beitrag des russischen TV-Korrespondenten zeichnet ein anderes Bild: Der Journalist spricht darin mit einer Frau, die als Tante des Mädchens eingeführt wird. Sie berichtet aufgelöst von ihrer Nichte. Das Mädchen sei der Leichtgläubigkeit zum Opfer gefallen und auf dem Schulweg bei einem Ausländer ins Auto gestiegen, in dem weitere Männer saßen. Nach 30 Stunden Pein hätten die Entführer die 13-Jährige vergewaltigt und geschlagen auf die Straße geworfen.

Laut der Boulevardzeitung „BZ“ hat das LKA ein ärztliches Gutachten erstellt, das diesen Vorwurf entkräftet. Die rechtsextremistische NPD schlachtete die Geschichte für ihre Zwecke aus. Auf einer NPD-Veranstaltung vor wenigen Tagen in Marzahn hetzten Sprecher gegen die Polizei, die den Fall vertuschen würde. Angefeuert von den Gerüchten trugen rund 250 Menschen ihren Hass und Frust nicht nur ins Netz – sondern auch auf die Straße.