Wismar. Linken-Politiker Julian K. (18) wurde nach eigenen Angaben Opfer rechter Gewalttäter. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft – gegen K.

Was dem Schweriner Nachwuchspolitiker widerfahren sein soll, klingt brutal: Drei Täter, der Kleidung nach zu urteilen dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnen, hätten den 18-jährige Julian K.mit einem Messer angegriffen und verletzt. Die Tat hatte K., jüngstes Vorstandsmitglied des Schweriner Kreistages, einen Tag nach der vermeintlichen Attacke über das Internet bei der Polizei angezeigt. Doch sind K.s Angaben stimmig? Staatsanwaltschaft und Staatsschutz finden: nein. Sie gehen davon aus, dass K. die Tat erfunden hat. Nun ermitteln sie gegen den jungen Lokalpolitiker.

Bisherigen Ermittlungen zufolge habe der Nachwuchspolitiker sich wahrscheinlich selbst Verletzungen zugefügt, teilte die Staatsanwaltschaft Schwerin am Montag mit. Die „Art der Verletzungen seien nicht mit dem behaupteten Verlauf des Überfalles in Übereinstimmung zu bringen“, laute demnach das Ergebnis der Gerichtsmediziner und Gutachter. Den Mantel, den K. zum vermeintlichen Tatzeitpunkt getragen habe und der bei dem Angriff beschädigt worden sei, konnte der Politiker bei der Polizei zudem nicht vorlegen. Er sei ihm gestohlen worden.

Die Linke verurteilte die Tat auf Facebook

Auch die Kreisfraktion der Linken Schwerin hatte auf Facebook von dem Vorfall berichtet. Ärzte hätten bei K. demnach 17 Stichverletzungen gezählt und behandelt. Auf Anfrage hatte der Linken-Kreisvorsitzende Peter Brill unserer Redaktion gesagt: „Die Täter haben ihn als schwule Kommunistensau und als Zecke beschimpft.“ Auch Dietmar Bartsch, Fraktionschef der Linken im Bundestag, hatte die vermeintliche Tat auf Facebook verurteilt.

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Die Polizei Rostock hatte am Mittwoch bestätigt, dass K. Anzeige erstattet habe. Allerdings sei sie erst am Dienstagnachmittag vergangener Woche schriftlich eingegangen, sagte Polizeisprecherin Isabel Wenzel, also erste einen Tag nach der vermeintlichen Tat. Schon damals war aufgefallen, dass die Angaben aus der Anzeige und die Schilderungen der Facebook-Mitteilung der Partei nicht übereinstimmten. K. war für die Polizei anfangs nicht zu erreichen.

Bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe

Täuscht jemand eine Straftat vor, drohen ihm Geldstrafen oder eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren, heißt es in der Mitteilung der Staatsanwaltschaft. Sie weist jedoch ausdrücklich auf die Unschuldsvermutung hin.

In einer früheren Version dieses Artikels haben wir darüber berichtet, dass der Linken-Politiker Julian K. von drei Tätern angegriffen worden und durch die Messerattacke verletzt worden sei. Nach der Mitteilung der Staatsanwaltschaft und den darin beschriebenen neuen Entwicklungen haben wir frühere Version korrigiert.