Mexiko-Stadt. Mexiko will den Drogenboss Joaquín Guzmán an die USA ausliefern. Dort stößt das Interview, das er Sean Penn gab, auf heftige Kritik.

Zwei Tage nach der Festnahme von Joaquín „El Chapo“ Guzmán haben die mexikanischen Behörden das Auslieferungsverfahren gegen den Drogenboss offiziell eingeleitet. Mitarbeiter von Interpol Mexiko stellten am Sonntag im Hochsicherheitsgefängnis El Altiplano zwei Haftbefehle mit dem Ziel der Auslieferung an die USA zu, wie die Generalstaatsanwaltschaft mitteilte. Damit hat der Prozess formell begonnen.

In den USA liegen mehrere Haftbefehle gegen „El Chapo“ vor. Die US-Behörden werfen dem Chef des Sinaloa-Kartells unter anderem Mord, Drogenhandel, Bildung einer kriminellen Vereinigung und Geldwäsche vor. Die Antidrogenbehörde DEA hatte ein Kopfgeld von bis zu fünf Millionen US-Dollar (4,6 Millionen Euro) auf Guzmán ausgesetzt.

Nach einer Schießerei mit Elitesoldaten gefasst

Sechs Monate nach seinem spektakulären Gefängnisausbruch war „El Chapo“ am Freitag festgenommen worden. Marineinfanteristen hatten sich in der westmexikanischen Stadt Los Mochis eine heftige Schießerei mit seinen Leibwächtern geliefert und den mächtigsten Drogenhändler der Welt schließlich gefasst.

Guzmán kann nun Einspruch gegen die Auslieferung einlegen. Ein Gericht trifft daraufhin eine Entscheidung und leitet den Vorgang an das mexikanische Außenministerium weiter. Wenn das Außenamt die Auslieferung einleitet, kann „El Chapo“ noch einmal einstweiligen Rechtsschutz gegen die Überstellung beantragen. Lehnt ein Gericht den Antrag ab, ist der Weg für die Auslieferung frei.

„Hollywood-Star Sean Penn gerät unter Druck

Hollywoodstar Sean Penn gerät nach seinem Geheimtreffen mit Guzmán verstärkt unter Druck. Guzmán hatte während seiner Flucht Penn ein Interview gegeben, das am Wochenende von dem Magazin „Rolling Stone“ online veröffentlicht wurde.

Womöglich wurde seine Eitelkeit dem 58-jährigen zum Verhängnis. Generalstaatsanwältin Arely Gómez betonte nach der Festnahme, man sei ihm auf die Spur gekommen, nachdem er „Schauspielerinnen und Produzenten“ kontaktiert hatte, um einen Film über sein Leben drehen zu lassen. „Ich habe einen glaubwürdigen Hinweis erhalten, dass die DEA von unserer Reise nach Mexiko wusste“, schreibt auch Penn in dem Bericht.

Politiker fordern Herausgabe der Videoaufzeichnung

Das Interview löste eine Kontroverse aus. Mehrere mexikanische Parlamentarier forderten die Regierung von Präsident Enrique Peña Nieto auf, von den USA die Herausgabe der von Penn erhaltenen Video- und Tonbandaufzeichnungen mit den Aussagen Guzmáns zu beantragen. Es sei notwendig, zu erfahren, was genau der Drogenboss Penn und der mexikanischen Schauspielerin Kate del Castillo gesagt habe. Del Castillo hatte den Kontakt für das Interview hergestellt.

Die beiden Schauspieler seien auch Ziel von Ermittlungen der mexikanischen Generalstaatsanwaltschaft, sagte am Sonntag ein Mitarbeiter dieser Behörde. Es sei noch unklar, ob sie mit dem Treffen nicht gegen das Gesetz verstoßen hätten, erklärte der Funktionär.

In den USA reagierte der republikanische Präsidentschaftsbewerber Marco Rubio ablehnend auf das Interview. „Wenn einer von diesen amerikanischen Schauspielern, die von der Großartigkeit dieses Landes profitieren, Geld mit Hilfe unseres Systems des freien Unternehmertums gemacht haben, einen Kriminellen und Drogenboss hofieren wollen, dann haben sie ein Verfassungsrecht dazu. Ich finde es grotesk“, sagte der Senator aus Florida dem Sender ABC News.

Foto zeigt Handschlag von Penn und Guzmán

Beleg für das Treffen von Penn und Guzmán im Oktober ist ein Foto, das beide beim Handschlag zeigt. „El Chapo“ war im Juli durch einen Tunnel mit elektrischem Licht, Luftzufuhr und Schienen aus einem Hochsicherheitsgefängnis geflohen. Penn berichtet, Guzmán habe seine Ingenieure für den Tunnel zu einer dreimonatigen Fortbildung nach Deutschland geschickt. Unklar blieben Details dazu.

„Ich liefere mehr Heroin, Methamphetamin, Kokain und Marihuana als jeder andere auf der Welt. Ich habe eine Flotte von U-Booten, Flugzeugen, Lastwagen und Booten“, sagte Guzmán laut Penn bei dem siebenstündigen Geheimtreffen. Später gab er in einem Video Antworten auf weitere Fragen von Penn.

„Ich war angeekelt von seiner Prahlerei“

Ein Topmitarbeiter von US-Präsident Barack Obama zeigte sich von den Äußerungen angewidert. „Ich war angeekelt von seiner Prahlerei über eine Epidemie, die unser Land erfasst hat“, sagte der Stabschef des Weißen Hauses, Denis McDonough, dem Sender ABC mit Blick auf die vielen Heroinsüchtigen in den USA. Zugleich bezeichnete er die erneute Festnahme Guzmáns als eine „sehr gute Nachricht“.

In ländlicher Umgebung erzählt Guzmán in einer vom „Rolling Stone“ veröffentlichten, knapp dreiminütigen Videosequenz von seinem Aufstieg aus einfachen Verhältnissen zu einem der mächtigsten Drogenbosse der Welt. Wenn er nicht mehr existiere, würde der Drogenhandel genauso weitergehen, meinte Guzmán. (dpa)