Berlin/Manchester. Silvester. Wie überall trinken Menschen viel und jemand fotografiert das. Ein Bild aus Manchester schafft eine erstaunliche Karriere.

Die Straßen von Manchester sehen zu Silvester nicht großartig anders aus als in anderen europäischen Großstädten. Menschen laufen von Party zu Party, haben zu viel getrunken oder es noch vor, es ist kalt, die Polizei ist im Einsatz. Joel Goodman, der seit Jahren Straßenszenen fotografiert, ist in der Silvesternacht 2015/2016 wieder mit der Kamera unterwegs. Er soll Bilder für die Manchester Evening News machen. Eigentlich nichts Besonderes. Doch eines seiner Bilder legt im Netz gerade eine erstaunliche Karriere hin.

Der BBC-Journalist Roland Hughes twittert das Bild. Schreibt, es sehe aus wie „ein wunderschönes Gemälde“.

Zu sehen sind Polizisten, die einen Mann, der auf dem Boden liegt, aufgreifen. Die Szene wird von einer Frau im roten Kleid und mit hohen Schuhen beobachtet. Weiter hinten liegt ein Mann im blauen Anzug. Er greift nach einer Bierflasche. Dabei rutscht sein Oberteil nach oben, sodass sein nackter Bauch zu sehen ist.

Das Bild wird tausendfach geteilt. Und schon bald mischen sich unter die allgemeine Begeisterung fachkundige Kommentare. Vom perfekten „Goldenen Schnitt“ ist da die Rede. Andere wollen Parallelen zu den großen Meistern erkannt haben. Picasso. Miró. Und ist dort nicht auch Michelangelos „Erschaffung des Adam“ erkennbar? Eben.

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Jemand hat sich die Mühe gemacht, auf mehreren Punkten die Bildkomposition genau zu analysieren. Und es sieht nicht so aus, als sei das schon alles gewesen. In den Chor der begeisterten Interpreten stimmen immer mehr ein.

Der Fotograf selbst kann die Aufregung übrigens nicht verstehen. „Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort“, sagt Goodman in einem Interview mit den Manchester Evening News.

Dass so viele Menschen von seinem Bild begeistert sind, findet er toll. „Es ist unfassbar schmeichelhaft“, sagt der 39-Jährige unserer Redaktion - und kommt aus dem Lachen gar nicht mehr heraus. Wie jeder Fotograf mache er jeden Tag sehr viele Bilder. „Und dann kommt der nächste Job, und dann geht’s wieder nach Hause“, erzählt er. Damit, dass dieses eine Bild so ein Eigenleben entwickeln würde, habe er deshalb nie gerechnet. „Das ist so verrückt“.

Den Vergleich mit Michelangelo, Picasso und dem Goldenen Schnitt kann er nicht nachvollziehen. „Malerei ist ein langwieriger Prozess, eine Konstruktion. Als Fotograf geht es aber darum, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen“, erzählt er. Zum Schluss die wichtigste Frage: Hält er den Vergleich zu den großen Künstlern für gerechtfertigt? Goodman lacht schallend. „Auf keinen Fall! Wenn ich Michelangelo wäre, wäre ich erbost!“