Hamburg. Vollmond an Weihnachten – das wird es erst 2034 wieder geben: Über die Festtage erscheint der Erdtrabant besonders hoch und lange.

An diesem Weihnachtsfest wird ein spektakulärer Vollmond am südlichen Himmel stehen. Es sei der höchste und am längsten sichtbare Vollmond des Jahres, so Thomas Kraupe, der Direktor des Hamburger Planetariums. Das Ereignis ist äußerst selten: Zuletzt gab es 1977 einen Vollmond zu Weihnachten, das nächste Mal soll es erst im Jahr 2034 wieder soweit sein. Schon Heiligabend ist der Mond „fast voll“ und steht über dem Sternbild Orion.

„Der Blick in den Himmel ist zum Symbol geworden für tiefes Nachdenken“, sagte der Astrophysiker am Freitagabend in einem Vortrag in der Hamburger Hauptkirche St. Jacobi. Das gelte auch für den „Stern von Bethlehem“, von dem das biblische Matthäus-Evangelium berichtet und der als „Weihnachtsstern“ alljährlich immer wieder viele Menschen berührt und fasziniert. Auch in den meisten Planetarien werde die Geschichte dieses Sterns in jedem Dezember erneut durchleuchtet, sagte Kraupe in dem Vortrag über den Weihnachtsstern.

Der Weihnachtsstern hat Generationen von Astronomen beschäftigt

Grundlage ist das zweite Kapitel des Matthäus-Evangeliums. Dort heißt es, dass weise Magier aus dem Morgenland einen Stern „im Aufgang“ gesehen hätten und ihm gefolgt seien, bis sie schließlich in Bethlehem vor der Krippe standen. Dieser eher karge biblische Text wurde später in der Überlieferung ausgeschmückt. Aus den babylonischen Sterndeutern wurden Könige, aus der Anzahl der überbrachten Geschenke – Gold, Weihrauch und Myrrhe – schloss man darauf, dass es drei Könige gewesen seien. Die Dreizahl symbolisierte zugleich alle Teile der damals bekannten Welt: Europa, Asien und Afrika.

„Generationen von Astronomen haben versucht, das Rätsel dieses Sterns zu klären“, sagte Kraupe. Die zahlreichen bildhaften Darstellungen zeigten oft einen Schweifstern über dem Stall. Doch es gebe wenig Anhaltspunkte dafür, dass der Weihnachtsstern wirklich ein Komet gewesen sei. Traditionell stünden Kometen auch eher für Unheil, für Tod, Seuchen oder Katastrophen – zur Geburt eines göttlichen Kindes passten sie daher nicht.

„Auch eine Supernova, also die Explosion eines Sterns, kann man nahezu ausschließen“, sagte Kraupe. Mit den ausgefeilten Optiken heutiger Instrumente ließen sich die Reste solcher Sternenexplosionen aufspüren – riesenhafte Strukturen in den Weiten des Alls, farbigen Blüten gleich. „Doch in der fraglichen Gegend ist nichts Derartiges gefunden worden“, sagte Kraupe: „Aller Voraussicht nach war der Weihnachtsstern kein Stern.“

Seltene Planetenkonstellation könnte die biblische Geschichte erklären

Was aber dann? „Die wahrscheinlichste Erklärung ist die dreifache Begegnung der Planeten Jupiter und Saturn im Jahr Sieben vor Christus“, sagte Kraupe. Vieles deute darauf hin, dass dieses Ereignis die babylonischen Sternkundigen auf ihren Weg geführt hätte – entsprechende Notizen über diesen astronomischen Vorgang seien mittlerweile auf babylonischen Keilschrifttafeln aus der Zeit entziffert worden.

Der Planet Jupiter galt damals unter dem Namen „Marduk“ als höchste Gottheit Babylons. Der Saturn hieß „Kewan“ und war der Herrscher über Israel. Beide Planeten standen im Sternbild Fische, das Palästina symbolisierte. „Die ersten Christen haben später den Fisch als Symbol für ihren Glauben verwendet – diese ganzen Geschichten sind von kaum überbietbarer Symbolik“, so der Astrophysiker Kraupe.

Ein dreifaches Treffen von Jupiter und Saturn sei ein äußerst seltenes Ereignis und komme nur alle 750 Jahre vor. Es sei ein „scheinbares Aufeinandertreffen“, sagte Kraupe. Es entsteht dadurch, dass alle Planeten in derselben Richtung die Sonne umlaufen und die Erde die äußeren Planeten mehrfach überholt. Das führe bei bestimmten Konstellationen zu dem Eindruck, dass Jupiter und Saturn stehenbleiben und mehrfach ihre Richtung ändern. Schon der deutsche Astronom Johannes Kepler (1571-1630) habe diese Deutung des Weihnachtssterns angeboten. Himmelsunkundigen Menschen sei das Ereignis vermutlich völlig entgangen.

Für gläubige Christen mehr als ein astronomisches Phänomen

Die Datierung des „Planeten-Treffs“ auf das Jahr 7 v. Chr. sei indes kein Problem, sagte Kraupe. Die meisten Historiker seien sich einig, dass Jesus nicht im Jahr Null geboren wurde. Überdies sei der Weihnachtstermin erst im vierten Jahrhundert festgelegt worden – wegen seiner Nähe zur Wintersonnenwende und dem damals populären römischen „Fest der unbesiegbaren Sonne“ am 25. Dezember.

„Die Astronomie allein kann das Rätsel des Weihnachtssterns nicht lösen“, sagte der Planetariumsdirektor. Denn vor allem seine Deutung übersteige die Kompetenzen aller Wissenschaft. Die Berichte über den Stern seien in einer Gegend entstanden, die noch heute im Brennpunkt der Weltreligionen liegt. „Mit dem Weihnachtsstern ist den Menschen vor allem ein Licht aufgegangen“, so Kraupe. Es gelte, dieses Licht immer neu zu interpretieren – „auch als Zuversicht und Hoffnung auf eine bessere Welt auf dem gemeinsamen Planeten Erde“. (epd)