New York. Man kann ein Suchspiel darin sehen: kaum zu erkennende Menschen vor Wundern der Welt. Die Künstlerin kritisiert so Selfietouristen.

Es sind Bilder, die faszinieren: Fotos monumentaler Architektur, in denen sich ein Mensch versteckt. Die New Yorker Künstlerin Trina Merry will mit einem durch Bemalung fast unsichtbares Model auch zum Nachdenken über den modernen Tourismus anregen. Hin, Selfie, weg, die Touristen ziehen wie ein Windhauch vorbei an Stätten großartiger Kultur. „Lost in Wonder“, Verloren im Wunder, nennt sie ihre Serie. Man muss manchmal sehr genau hinsehen, um den Mensch im Foto zu entdecken.

Große Architektur und verschwindender Mensch

Trina Merry reiste mit dem britischen Fotomodel Kyle James um die Welt. Nach Stonehenge hatte es James nicht so weit.
Trina Merry reiste mit dem britischen Fotomodel Kyle James um die Welt. Nach Stonehenge hatte es James nicht so weit. © trinamerryartist.com | Trina Merry
Das Kolosseum in Rom. Hier benötigte sie die meiste Zeit, um Kyle Jones zu bemalen.
Das Kolosseum in Rom. Hier benötigte sie die meiste Zeit, um Kyle Jones zu bemalen. © trinamerryartist.com | Trina Merry
Auf den Osterinseln ging es um mehr als um die kolossalen Steinfiguren: Trina Merry traf auch auf einen Einheimischen, der in jahrhundertealter Tradition Bodypainting mit Erdfarben betreibt.
Auf den Osterinseln ging es um mehr als um die kolossalen Steinfiguren: Trina Merry traf auch auf einen Einheimischen, der in jahrhundertealter Tradition Bodypainting mit Erdfarben betreibt. © trinamerryartist.com | Trina Merry
Die verlassene Felsenstadt Petra in Jordanien, in der Antike die Hauptstadt des Reiches der Nabatäerder.
Die verlassene Felsenstadt Petra in Jordanien, in der Antike die Hauptstadt des Reiches der Nabatäerder. © trinamerryartist.com | Trina Merry
Zwischendurch eine leichte Übung: Das Model ist gut zu erkennen vor der Stadt Machu Picchu. Die Inkas hatten sie im 15. Jahrhundert auf einem Bergrücken in 2360 Metern Höhe in Peru errichtet. Sie ist heute noch gut erhalten.
Zwischendurch eine leichte Übung: Das Model ist gut zu erkennen vor der Stadt Machu Picchu. Die Inkas hatten sie im 15. Jahrhundert auf einem Bergrücken in 2360 Metern Höhe in Peru errichtet. Sie ist heute noch gut erhalten. © trinamerryartist.com | Trina Merry
Unrat, Schutt, der durchsichtig wirkende Mensch – und die eindrucksvollen Zeugnisse ägyptischer Hochkultur. Das Werk von den Pyramiden von Gizeh.
Unrat, Schutt, der durchsichtig wirkende Mensch – und die eindrucksvollen Zeugnisse ägyptischer Hochkultur. Das Werk von den Pyramiden von Gizeh. © trinamerryartist.com | Trina Merry
Eine Kung-Fu-Pose an der chinesischen Mauer. Temperaturen unter dem Gefrierpunkt herrschten bei diesen Aufnahmen.
Eine Kung-Fu-Pose an der chinesischen Mauer. Temperaturen unter dem Gefrierpunkt herrschten bei diesen Aufnahmen. © trinamerryartist.com | Trina Merry
Und noch eine Pyramide – Chichén Itzá, Kultstätte der Mayas in Mexiko.
Und noch eine Pyramide – Chichén Itzá, Kultstätte der Mayas in Mexiko. © trinamerryartist.com | Trina Merry
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Sie ist dafür zweieinhalb Monate zu monumentalen Bauten in aller Welt gereist: Von den Osterinseln über Stonehenge bis hin zur Chinesischen Mauer. Und immer dabei das britische Model Kyle James. Sie bemalte James. In China kündigte sich bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt eine Unterkühlung bei ihm deutlich an. Für die Fotos brauchte sie maximal fünf Minuten – aber für das Bemalen zwischen einer und drei Stunden, erklärte sie unserer Redaktion. Die Künstlerin lief dabei hin und her zwischen dem Model und der Kamera, um die Perspektive immer wieder abzugleichen.

Touristen nehmen sich ihre Eindrücke

Durch den künstlerischen Prozess will sie den Stätten auch etwas geben. Die Touristen konsumierten dort nur. Das wird für sie in ihrer Muttersprache deutlich: „Take a photo“. An den Attraktionen seien Menschen massenhaft mit dieser Einstellung unterwegs, ohne den Ort, seine Geschichte und seine Kultur zu wertzuschätzen. „Wenn Menschen so für einen kurzen Moment an solche Orte reisen, dann löst das Architektur völlig von ihrem ursprünglichen Sinn und ihrer Bedeutung.“

Es sei vor allem die Generation Selfie, die keine Ehrfurcht vor den Werken habe. Die Menschen kämen mit hohen, idealisierten Erwartungen, und gingen mit ein paar Selfies, Andenken und etwas enttäuscht. Sie selbst hat sich nicht nur private Führer genommen, sie hat auch lange Zeit die Menschen beobachtet: „Sie wirkten... verloren.“ Verloren im Wunder.

Unerwartet und überraschend habe sie diese Erkenntnis getroffen, zu Beginn war ihre Reise einfach nur eine Fortsetzung ihrer Arbeit, klare Architektur mit weichen Körpern zu verbinden: Mit Bodypaintings vor Gebäuden und Silhouetten ist die Künstlerin bereits seit Jahren erfolgreich. „Diese Arbeit hat einen Herzschlag und sie atmet.“