Rom/Berlin. Es gibt Wirbel um einen angeblichen Bargeldfund in den Diensträumen von Kardinal Gerhard Ludwig Müller. Der dementiert die Vorwürfe.

Es war eine Weihnachtsbotschaft der besonderen Art. Zwei Tage vor Heiligabend knöpfte sich der Papst seine Kardinäle vor: Die Kurie, so verkündete Franziskus den verdutzten Würdenträgern, sei von zahlreichen „Krankheiten“ befallen. An der Spitze der vatikanischen Bürokratie hätten sich „Eitelkeit“ und „Rivalität“ ausgebreitet, außerdem die Krankheit, „sich unsterblich zu fühlen“. Es gebe Symptome von „geistlichem Alzheimer“ in der Kurie. Und dann warnte Franziskus noch vor Gewinn- und Machtstreben, Gier, Doppelmoral. Der Applaus der Bischöfe für den Pontifex fiel nach der Gardinenpredigt eher knapp aus. Am nächsten Tag mussten sie in der Presse lesen, Franziskus habe ihnen eine „päpstliche Weihnachtsohrfeige“ verpasst.

Die Wutrede des Papstes liegt nun ziemlich genau ein Jahr zurück – und es scheint, als hätte sich in der Kurie seit jenem denkwürdigen Auftritt nicht sehr viel zum Besseren verändert. Denn wie die „Bild-Zeitung“ berichtet, sollen die Finanzermittler der vatikanischen Generalbuchführung bei einer Hausdurchsuchung in den Diensträumen von Kardinal Gerhard Ludwig Müller auf Anzeichen für finanzielle Unregelmäßigkeiten gestoßen sein. Der 67-jährige frühere Bischof von Regensburg ist als Chef der Glaubenskongregation einer der wichtigsten Männer im Vatikan. Auf den Posten holte ihn 2012 der damalige Papst Benedikt XVI. Müller ist aber auch einer der Protagonisten des konservativen Flügels der Kirche.

Angeblich verweigerte Müller Kooperation

Laut dem Bericht hatte sich Müller zunächst geweigert, von den Finanzkontrolleuren angeforderte Unterlagen auszuhändigen. Darauf sei die Vatikanbehörde mit mehreren Fahndern in den Diensträumen des Kardinals angerückt. Dabei hätten die Generalbuchprüfer einen überraschenden Fund gemacht: Im Schreibtisch von Müllers Verwaltungsleiter Mauro Ugolini, so „Bild“, hätten sie rund 20.000 Euro Bargeld entdeckt – versteckt hinter einer alten Dose Wiener Würstchen. Ugolini sei vorübergehend von seinem Posten suspendiert worden.

Das Geld soll aus Gebühren stammen, die der Vatikan aus seinen Bistümern weltweit beziehe – für die Untersuchung von Fällen sexuellen Missbrauchs. Nun stehe der Verdacht im Raum, Teile des Geldes seien für private und dienstliche Anschaffungen des Kardinals verwendet worden. Vatikansprecher Federico Lombardi wies gestern eine persönliche Verwicklung Müllers zurück. Er sagte, es seien vor einiger Zeit „einige Unregelmäßigkeiten“ in der Verwaltung der Glaubenskongregation festgestellt worden. Schon vor sechs Monaten seien aber die nötigen Gegenmaßnahmen getroffen worden. Kardinal Müller sei „von den Vorgängen in keiner Weise betroffen“, erklärte Lombardi.

Kardinal Müller: Es wird nicht gegen mich ermittelt

Auch Kardinal Müller selbst dementierte die Vorwürfe ebenso vehement. Es werde nicht gegen ihn ermittelt. Weder habe er das Geld für private Zwecke gebraucht noch den Einblick in die Verwaltungsunterlagen seiner Behörde verweigert. In seiner Behörde gebe es keinen Finanzskandal. Unregelmäßigkeiten in seiner Behörde seien schon vor einem halben Jahr geklärt und der frühere Buchhalter, der laut „Bild“ in den Fall verwickelt ist, sei mit einer anderen Aufgabe betraut worden, so Müller.

Die Berichte über Vorfälle in Müllers Behörde reihen sich ein in eine Serie von Skandalen und Affären, die den Vatikan seit Jahren regelmäßig erschüttern – und in denen es oft ums große Geld geht. Erst vor wenigen Wochen musste Ex-Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone einräumen, dass die Stiftung der vatikanischen Kinderklinik „Bambino Gesù“ die Renovierung seiner knapp 300 Quadratmeter Privatwohnung mitfinanziert hatte – angeblich durfte im Gegenzug die Stiftung die Räume für Werbezwecke nutzen. Bertone war als Kardinalstaatssekretär ab 2006 einer der einflussreichsten Strippenzieher hinter den Kulissen des Vatikans. 2013 wurde der heute 80-Jährige vom Papst entmachtet. Bertones Alterswohnsitz im eindrucksvollen Palazzo San Carlo, so heißt es, sei eine Konzession an einen, der die „Leichen“ in den Kellern vieler in der Kurie kenne.

Papst kämpft seit Amtsantritt gegen Korruption

Im Sommer 2013 waren der Chef der Vatikanbank und sein Vizedirektor zurückgetreten. Sie reagierten auf Korruptionsermittlungen in ihrem Haus.

Zuvor war der Buchhalter in der Vatikanverwaltung, Monsignor Nunzio Scarano, der enge Kontakte zur Bank unterhielt, festgenommen worden. Ihm wurde zur Last gelegt, Freunden bei dem Versuch geholfen zu haben, 20 Millionen Euro in bar aus der Schweiz nach Italien zu schmuggeln.

Der Papst kämpft praktisch seit seinem Amtsantritt gegen Korruption, Bestechung und dubiose Geldgeschäfte hinter den Mauern des Vatikans. Erst im Mai stoppte er die Einrichtung eines Investmentfonds der Vatikanbank. Die Bank, kurz IOR, war in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder in Zusammenhang mit Geldwäsche und anderem fragwürdigen Finanzgebaren in Verbindung gebracht worden.