Paris. Drei Wochen sind seit den Terrorangriffen mit 130 Toten in Paris vergangenen. Am Freitag will das erste Anschlagsziel wieder öffnen.

An den Abenden, obwohl schon Dezember, ist es in Paris immer noch mild. Nicht mehr so frühlingshaft warm wie an jenem 13. November, an den sich hier jeder erinnert. Aber immer noch so, dass man draußen sitzen kann. Wenn die Heizpilze funktionieren, halten manche es vor den Bars und Cafés bis nach Mitternacht aus. In den Straßen rund um den Place de la République jedenfalls sind einige Tische auch zu dieser Stunde noch besetzt.

So ist es hier, das Leben. Oder kürzer: C’est la vie. An diesem Freitag, nach drei Wochen Pause, soll das Leben nun auch wieder ins „Café Bonne Bière“ zurückkehren, das „Café zum Guten Bier“. Das Haus an der Ecke Rue du Faubourg du Temple und Rue de la Fontaine au Roi ist von den Terror-Zielen das erste, das jetzt wieder aufmachen will.

Von den sechs Anschlagsorten, an denen 130 Menschen starben, ist dies vielleicht der am wenigsten bekannte. Auch wenn zu diesem Café zahlreiche Trauernde kommen, ist es kein Vergleich zum Bataclan, wo neben den Touristen auch einige Prominente hinpilgerten. Wegen des Klimagipfels tauchten dort zuletzt auch Staats- und Regierungschefs zu den ungewöhnlichsten Tages- und Nachtzeiten auf. US-Präsident Barack Obama legte nachts um 0.40 Uhr seine Blumen nieder.

Unmengen an Blumen liegen vor dem Café

Aber an jenem Freitag, den 13., fielen auch im „BB“ fünf Gäste einem der islamistischen Terrorkommandos zum Opfer. Auf dem Trottoir liegen auch hier Unmengen an Blumen. Und auch hierhin kommen jeden Tag noch Tausende. Um zu schauen, um zu trauern und auch, um ihre Handyfotos zu machen. Der Patron, Jean-Luc Gasse, hat deshalb mit sich gerungen, ob er schon wieder öffnen soll.

„Aber irgendwann ist es dann doch so weit“, sagt er. „Das Leben muss weitergehen. Jetzt erst recht.“ Im Moment versperren hinter den Glasscheiben allerdings noch Spanplatten den Blick ins Innere. Einige Scheiben mussten ausgewechselt werden, weil sie aus den Kalaschnikows Kugeln abbekamen. Auch drinnen ließ der Geschäftsführer manches ändern, nicht nur wegen der Einschusslöcher. „Wir haben einige Arbeiten machen lassen“, sagt Gasse. „Auch aus psychologischen Gründen.“

Die Kosten – auch für den Ausfall in den geschlossenen Wochen – übernimmt wohl die Versicherung. Was mit den Blumen und den anderen Trauerbekundungen passiert, muss noch geklärt werden. „Da haben auch die Familien der Opfer ihr Wort“, verspricht Gasse. Auch die Entscheidung, ob im „Bonne Bière“ künftig eine Tafel an den 13. November erinnert, steht noch aus. „Aber geöffnet ist ab Freitag wieder, auf jeden Fall“, sagt der Patron.

„Vive la France!“

An den anderen Orten des Geschehens ist man noch nicht so weit, auch wenn es dort nicht viel anders aussieht als vor dem „Bonne Bière“: ein Meer von Blumen, Fotos der Opfer, französische Fahnen, kleine Eiffeltürme und handgeschriebene Botschaften. Die meisten Besucher stehen einfach nur da. Es gibt aber auch Leute, die Selfies machen. Reden wollen nicht einmal die.

Am Restaurant „Le Petit Cambodge“, fünf Gehminuten weiter, hängt ein Brief an die Attentäter, der die Stimmung vieler wiedergibt: „Ihr wolltet uns Angst machen. Wir gehen aus, wir essen, wir trinken, wir leben! Ihr wolltet uns auseinanderdividieren. Ihr habt uns geeint! Ihr wolltet uns zeigen, wie groß Euer Gott ist. Ihr habt uns bewiesen, dass es ihn überhaupt nicht gibt! Alles in allem: Ihr seid komplett im Unrecht! Und feige seid Ihr dazu! Vive la France!“

Bis das „Petit Cambodge“, wo 15 Menschen starben, wieder öffnet, wird es noch Wochen dauern. Ziel ist Mitte Januar. Auf der Facebook-Seite heißt es: „Das „Petit Cambodge“ wird wieder öffnen. Weil für jeden von uns das Leben weitergehen muss, aber auch aus Respekt vor den Kunden, die an jedem Abend im Restaurant waren. Geschlossen zu bleiben hieße, sich geschlagen zu geben und den anderen einen Sieg zu überlassen, den es niemals geben wird.“

Konzerthalle Bataclan hofft auf Wiedereröffnung

Für die Pariser geht es jetzt darum, sich von ihrem alten Leben möglichst viel zurückzuholen. Auch wenn klar ist, dass dies dauern wird. Es ist nicht mehr wie in den ersten Tagen, als sich viele nicht mehr aus den Wohnungen wagten. Aber immer noch, so schätzt der Hotel- und Gaststättenverband UMIH, haben Hotels und Restaurants bis zu 40 Prozent weniger Besucher.

Im „Carillon“ und im „Belle Èquipe“, zwei weiteren Zielen, wird es wohl ebenfalls Januar, bis wieder geöffnet wird. Im Bataclan, mit 90 Toten der schlimmste Ort von allen, wird es wohl am längsten dauern. Hier ist das Aufgebot an Sicherheitskräften noch enorm. An den Türen klebt weiter das Siegel der Polizei. „Wir hoffen inständig auf (eine Wiedereröffnung) Ende 2016“, sagte Mit-Inhaber Olivier Poubelle der Tageszeitung „Le Monde“.

Es gibt auch schon eine Idee, wer dann am ersten Abend spielen soll: die Eagles of Death Metal, genau wie am 13. November. Dazu passt, dass über dem Eingang in großen Lettern steht: „Wir präsentieren: Eagles of Death Metal“. Es ist noch die alte Tafel. Seit dem Abend der Anschläge hat sie niemand abgehängt. (dpa)