Washington. Drew Barrymoore stand schon als Kind vor der Kamera. Jetzt schreibt der US-Star über die Kindheit mit einer drogensüchtigen Mutter.

Drew Barrymore war erst 14 und hatte so viel zu erzählen wie andere nicht mit 60. Begierig verschlang Amerika im Jahr 1991 in „Little Girl Lost“ („Kleines verlorenes Mädchen“) die schwindelerregende Achterbahnfahrt, die das Leben für den früheren Hollywoodkinderstar quasi ab Kreißsaal gebucht hatte. Das Buch ist längst vergriffen. Für gebrauchte Exemplare werden im Internet 50 Dollar und mehr verlangt. Ein Vierteljahrhundert später ist ein vergleichbarer Engpass nicht zu befürchten.

Selbstzweifel und Zusammenbrüche

Der gerade erschienene autobiografische Nachfolger „Wildflower“ hätte die lehrreiche Selbstreflexion einer der einflussreichsten und witzigsten Frauen im Filmgeschäft werden können. Ein Erklärstück über Unsicherheit, Selbstzweifel und Zusammenbrüche im XXL-Format. Auf dass Olive (3) und Frankie (18 Monate) später einmal besser begreifen, warum Mama so ganz anders war als andere Mütter.

Nie passte ihr biologisches Alter zur Lebenssituation. Mit sieben scheuchte Hollywood sie aus dem Kinderzimmer ins komplizierte Erwachsenwerden. Mit Mitte 20 hatte sie ihre erste Midlife-Crisis und wollte sich wieder als Kind fühlen. Erst heute, sagt Barrymore (40), „bin ich ganz bei mir“. Die „Wilden Blumen“ geben davon leider wenig preis. Und trotzdem muss man häufiger schmunzeln.

„Meine Mutter hat ihre Glaubwürdigkeit verloren, weil sie mich ins Studio 54 mitnahm (so falsch und doch so lustig), anstatt mich in die Schule zu schicken.“ Mit diesem lakonischen Satz über die partywütige Ildiko Jaid Barrymore beschrieb die in fast 50 Filmen aufgetretene Künstlerin gerade bei einer ausverkauften und ausgesprochen heiteren Lesung in Washington eine „Schlüsselsituation“ in ihrem Leben: Mit 14 wurden Drew Barrymore vor einem Richter von ihren Eltern, „die nie zur Erziehung befähigt waren“, mündig gesprochen und zur Selbstständigkeit verurteilt. Und niemand wunderte sich.

Die Mutter zog sich für den „Playboy“ aus

Vater John sedierte seine eigene Filmkarriere noch vor Drews Geburt mit allem, was man schlucken und spritzen konnte. Später wurde er gewalttätig. Über ihn sagt die Tochter heute , er sei eben ein „mystisches Wesen“ gewesen. „Halb Einhorn, halb tosender Sturm.“ Mutter Jaid, anfangs drogensüchtige Kellnerin, später ihre Managerin, fiel ebenfalls als Haltgeberin aus. „Null Verlässlichkeit, null Beständigkeit.“ Stattdessen Egozentrik im Übermaß. Nachdem Drew sich als junge Göre nackt fotografieren ließ, zog sich Mutter Jaid ebenfalls für den „Playboy“ aus.

Das Hollywoodsche war Drew Barrymore in die Wiege gelegt. Schon die Urgroßeltern schauspielerten. Ihre Taufpaten heißen Steven Spielberg und Sophia Loren. Mit zehn Monaten räkelte sie sich für einen Hundefutter-Werbeclip vor der Kamera. Dann der internationale Durchbruch: Als Rauschgoldengelchen Gertie findet Drew Barrymore mit sieben einen niedlichen Außerirdischen im Schrank, küsst „E.T.“ und verschluckt sich fast tödlich am Ruhm. Erste Zigarette mit neun. Erster Whiskey mit zehn. Mit 14 – nach zu vielen Joints und noch mehr Kokain – die erste Entziehungskur samt Selbstmordversuch. Mit 19 wird ihre erste Heirat im Nu wieder geschieden.

Ein Buch voller Kapriolen und Lebensweisheiten

Was Barrymore daraus gelernt hat? Was sie ihren Töchtern und anderen Müttern mit auf den Weg geben würde? Die „Wilden Blumen“ geben darüber so gut wie keine Auskunft. Stattdessen jede Menge Kapriolen, die als Lebensweisheit dienen sollen. So erklärt sich Drew Barrymore die häufige Unauffindbarkeit ihrer Kleidung mit einem Kleinmädchenstreich. Als Elfjährige stahl sie bei Filmarbeiten in einem Münchener Hotel aus Langeweile Hosen und Jacken anderer Hotelgäste und warf sie aus dem Fenster. „Das schlechte Karma wirkt noch immer.“ Hoffentlich nur bei Textilien. Boulevardmagazine berichteten gerade, dass Barrymores dritte Ehe – mit dem New Yorker Kunsthändler Will Kopelman – auf der Kippe steht.