Hamburg. Die Verantwortlichen des ESC tendieren offenbar wieder dazu, das Publikum entscheiden zu lassen, wer nach Stockholm fährt.

Nach dem Debakel um die ESC-Nominierung Xavier Naidoos durch den NDR peilen die Verantwortlichen offensichtlich wieder einen Vorentscheid an. Die Tendenz gehe in der Tat dahin, zum Wettbewerb zurückzukehren und das Publikum entscheiden zu lassen, wer im nächsten Jahr nach Stockholm fährt. Das sagte der ARD-Vorsitzende und NDR-Intendant Lutz Marmor am Mittwoch in Hamburg. „Der NDR hat einen Fehler gemacht“, so Marmor. Auch er selbst habe die Wucht der Reaktionen unterschätzt.

Der ESC sei ein „fröhliches Event“, bei dem Völkerverständigung im Vordergrund stehe, sagte Marmor. Die ARD wolle nicht, dass der ESC von einer Diskussion um den Sänger überlagert werde. Er räumte ein, dass die ARD „kein gutes Bild“ abgegeben habe.

Der innerhalb der ARD für den Wettbewerb verantwortliche Norddeutsche Rundfunk (NDR) hatte in der vergangenen Woche Naidoo (44) zunächst ohne die sonst übliche Vorentscheidung als Teilnehmer für den Eurovision Song Contest (ESC) bestimmt, die Nominierung nach heftiger Kritik aber wieder zurückgezogen. Naidoo, der bei der Fußball-WM 2006 für seinen Hit „Dieser Weg“ gefeiert worden war, gilt wegen politischen Äußerungen als umstritten.

Es gab laut ARD keinen schriftlichen Vertrag

Zu finanziellen Verpflichtungen, die sich für den Sender aus der Absage an den Sänger ergeben könnten, sagte NDR-Fernsehdirektor Frank Beckmann: „Es gibt aus unserer Sicht keinen Vertrag.“ Es gebe mündliche Absprachen über Eckwerte, „aber Eckwerte sind vertraulich“. Beckmann betonte: „Wir haben keine Leistung abgerufen und es gibt keinen schriftlichen Vertrag.“

Die Naidoo-Nominierung hatte nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch innerhalb des Senders starken Protest ausgelöst. NDR-Redakteure kritisierten die Entscheidung in einem Brief. Auch ARD-Programmdirektor Volker Herres hatte dem NDR eine vorschnelle Nominierung des umstrittenen Sängers vorgeworfen. Er hätte es begrüßt, wenn die Diskussionen ARD-intern geführt worden wären. Die mangelnde Information innerhalb der ARD sah Beckmann ebenfalls kritisch und sagte: Auch der ESC-Verantwortliche Thomas Schreiber, NDR-Unterhaltungschef, bedauere das sehr. (dpa/epd)