Herzogenaurach. Adidas Warum sich der Großsponsor von DFB und Fifa mit Kritik zurückhält

Ob Korruptionsskandal beim Fußball-Weltverband Fifa oder Sommermärchen-Affäre beim DFB – als jahrzehntelanger Sponsor der beiden Großverbände ist Adidas ziemlich nah dran, ziemlich mittendrin. Doch der Sportartikelhersteller aus dem fränkischen Herzogenaurach schweigt größtenteils. Über die allgemeine Erwartungshaltung hinaus, „dass alle Vorgänge rund um die WM-Vergabe 2006 aufgeklärt werden“, ist wenig zu hören von dem Konzern mit den drei Streifen. Dabei ist der frühere Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus neben dem langjährigen Werbestar Franz Beckenbauer die Schlüsselfigur.

„Eine stärker aktivere Rolle wäre absolut angebracht. Der größte Teil des Geldes kommt von den Sponsoren. Nur dadurch sind die Affären möglich gewesen“, sagt Christoph Lütge, Münchner Professor für Wirtschaftsethik. Jaimie Fuller, Schweizer Mitbegründer des Bündnisses „New Fifa Now“ („Neue Fifa jetzt“), geht noch weiter. „Sie sind mehr als ein Komplize. Sie haben das Fifa-System immer gestützt und stützen es weiterhin, weil sie an der Wurzel der Sportkorruption sitzen“, wirft er Adidas & Co. vor.

Neuer Vertrag ab 2018: Nike will Adidas DFB abwerben

Zumal die ehemaligen Adidas-Chefs zurzeit kein gutes Licht auf den Konzern werfen. Horst Dassler, der 1987 gestorbene Sohn von Firmengründer Adolf „Adi“ Dassler, rief einst die Vermarktungsfirma ISL ins Leben. In einem Strafprozess gegen die ISL wurden 2008 mehrere Zahlungen an hochrangige Sportfunktionäre bekannt, unter anderem in Ämtern bei der Fifa und beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC). 138 Millionen Franken sollen zwischen 1989 und 2001 über eine Stiftung in Liechtenstein verteilt worden sein – offenbar, um sich lukrative Marketingrechte zu sichern.

Aktuell steht Hainer-Vorgänger Louis-Dreyfus im Fokus. Die Frage, wohin eine ominöse Zahlung des 2009 gestorbenen Franzosen in Höhe von 6,7 Millionen Euro genau geflossen ist, steht seit Wochen im Zentrum der DFB-WM-Fifa-Affäre und ist weiter ungeklärt.

Die Partnerschaft mit der Fifa hat Adidas erst vor zwei Jahren bis ins Jahr 2030 verlängert. Seit 1970 gibt es die Kooperation, die für die Deutschen im Wettstreit mit US-Weltmarktführer Nike ein wichtiges Pfund ist. Die Verbindungen zum DFB reichen bis zum „Wunder von Bern“, WM-Triumph 1954, zurück, als Adi Dassler Fritz Walter & Co. fürs Endspiel mit Adidas-Schuhen auskleidet.

Den Ausrüstervertrag, der noch bis 2018 läuft, möchte Hainer vorzeitig verlängern. Doch in der Vergangenheit bot stets auch Nike mit, um die Gunst der Fußball-Weltmeister. Vor zehn Jahren boten die Amerikaner 500 Millionen Euro für Trikots, Bälle, Badelatschen, Adidas bekam vom DFB jedoch für acht Jahre und 200 Millionen Euro den Zuschlag. Ab 2018 sollen nun Zahlungen von einer Milliarde Euro im Raum stehen.

Die Deutschen sind sehr markentreu

Wegen der Konkurrenz auf dem Sportartikelmarkt seien die Druckmittel eines Sponsorunternehmens begrenzt, meint Ingo Speich, Fondsmanager: „Nike steht bereit, sollte Adidas den DFB allzu stark kritisieren.“ Seit Jahren stellen Dax-Konzerne wie Adidas jedoch immer strengere Compliance-Regeln auf – Richtlinien, um Korruption und Betrug intern vorzubeugen. Eine Zwickmühle, „denn gleichzeitig ist Adidas aber offenbar in Verträgen mit Sportorganisationen, bei denen in der Vergangenheit andere Maßstäbe angelegt worden sind“, sagt Speich.

An einen Schaden für die Marke Adidas oder wegweisende Verluste im Verkaufsgeschäft glaubt Ethik-Experte Lütge dennoch nicht. Die Deutschen seien generell recht markentreu, meint er. „Und das Thema Korruption ist für Konsumenten – anders als zum Beispiel Kinderarbeit – sehr abstrakt.“ Adidas-Chef Herbert Hainer präsentierte erst jüngst wieder gute Zahlen – 12,7 Milliarden Euro Umsatz allein in den ersten neun Monaten 2015 –, und gibt sich gelassen: „Fußball ist Adidas! Adidas ist Fußball!“