Hamburg. Ein Würzburger Anwalt will Facebook wegen Volksverhetzung vor Gericht sehen. Zuerst könnte es dabei einen der Top-Manager treffen.

Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat ein Verfahren gegen den Nordeuropa-Chef von Facebook eingeleitet. Das bestätigte die Staatsanwaltschaft unserer Redaktion. Es geht um Volksverhetzung. Konkret wirft der Anwalt Chan-jo Jun aus Würzburg in einer Anzeige Facebook vor, nicht ausreichend gegen volksverhetzende Kommentare vorzugehen. Auch nach Meldungen an das Unternehmen habe dies strafrechtlich relevante Inhalte nicht von seinen Seiten gelöscht. Für dieses Versäumnis seien auch leitende Mitarbeiter verantwortlich.

In einer Anzeige hat Jun nun Martin Ott, der von Hamburg aus die nordeuropäischen Geschäfte von Facebook überwacht, für die Verfehlungen des Netzwerks verantwortlich gemacht. Die Staatsanwaltschaft Hamburg bestätigte, dass der aktuelle Fall an das Landeskriminalamt weitergeleitet wurde. „Spiegel Online“ hatte zunächst über die Ermittlungen berichtet.

Polizei prüft Hass-Kommentare

Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat nach Angaben der Pressesprecherin Nana Frombach am 28. Oktober das förmliche Verfahren eröffnet. Bisher habe die Justizbehörde allerdings nur den Vorgang aufgenommen und ihn an die Polizei weitergeleitet. Diese prüft nun einzelne Facebook-Kommentare, die der Anzeige angehängt wurden. Erst in einem zweiten Schritt würde dann geklärt, wer für die Verbreitung möglicherweise strafrechtlich relevanter Inhalte verantwortlich ist.

Martin Ott ist nicht der erste Top-Manager von Facebook, gegen den deutsche Justizbehörden ein Verfahren eingeleitet haben. Am 19. Oktober hatte die Staatsanwaltschaft Hamburg unserer Redaktion bestätigt, dass Anzeigen gegen mehrere leitende Mitarbeiter des sozialen Netzwerks eingegangen seien (Aktenzeichen 7101 Js 657/15). Unter anderem dem internationalen Finanzdirektor von Facebook Shane Crehan wurde die Verbreitung von volksverhetzerischen Inhalten vorgeworfen.

Mit Werbegeldern Volksverhetzung befördert?

Die Anzeige richtete sich allerdings hauptsächlich gegen Verantwortliche der Facebook Germany GmbH, einer Tochter des Mutterkonzerns Facebook Inc. Die Facebook Germany GmbH hat seinen Sitz in Hamburg und akquiriert von dort Werbekunden. Mit dem Eintreiben von Werbegeldern würde auch die Verbreitung volksverhetzende Inhalte ermöglicht, so die Begründung in der damaligen Anzeigen.

Der Verfasser der Anzeigen war auch damals der Würzburger Chan-jo Jun. Seinen Anzeigen hatte der Anwalt mehrere Screenshots von Kommentaren beigefügt, in denen zur Gewalt und sogar zum Mord an Flüchtlingen aufgerufen wurde. Die Beiträge waren laut Jun auch nach seiner Meldung an Facebook weiterhin in dem sozialen Netzwerk auffindbar.

Facebook weist Vorwürfe von sich

Am Abend äußerte sich auch Facebook gegenüber unserer Redaktion zu den Vorwürfen. In einer Stellungnahme einer Sprecherin hieß es: „Facebook äußert sich nicht zum Stand von etwaigen Ermittlungen, aber wir können sagen, dass die Anschuldigungen einer Grundlage entbehren und kein Verstoß gegen deutsches Recht von Facebook oder den Mitarbeitern vorliegt.“ Gleichzeitig erklärte das Unternehmen, dass Hass-Kommentare gegen die eigenen Gemeinschaftsstandards verstoßen. Auf mögliche Meldungen würde umgehend reagiert.

Ähnliche Beobachtungen wie der Anwalt Jun hatte jedoch auch unsere Redaktion gemacht, als sie Anfang September mehrere Kommentare gemeldet hatten und diese trotz der Meldung nicht entfernt wurden. Facebook hat in der Zwischenzeit angekündigt, sich solche Kommentare in Zukunft genauer anzusehen. In Deutschland arbeitet das Unternehmen nun auch stärker mit unabhängigen Organisationen zusammen, die aktiv gegen Hass im Internet vorgehen. Ein Beispiel dafür ist die Initiative „Netz gegen Nazis“.

Bei einem persönlichen Gespräch hatte Facebook-Chef Mark Zuckerberg Bundeskanzlerin Angela Merkel Ende September zugesagt, weitere Maßnahmen gegen Hass-Kommentare auf der eigenen Plattform zu ergreifen.

Update: In einer vorigen Version dieses Artikels war das Statement von Facebook noch nicht enthalten.