Berlin. Fernsehwerbung soll künftig weniger gekennzeichnet werden. Auf Youtube fordern Kritiker hingegen eine stärkere Regulierung.

Bibi hat sich diese 250-Euro-Uhr „einfach mal gegönnt“, weil sie ja so „wunderwunderschön“ sei. In einem Video führt die erfolgreiche Youtuberin ihren hauptsächlich jugendlichen Zuschauern die Uhr vor, mit dem Hinweis auf einen Link zum Onlineshop von Amazon. „Da hat man auch echt lange was davon“, sagt Bibi im weiteren Verlauf des Videos. Und damit könnte sie auch ihren Verdienst meinen, denn an jeder über ihren Link verkauften Uhr, verdient sie mit. Während eine Bund- Länderkommission eine Lockerung bei der Fernsehwerbung fordert, setzen sich Beobachter der Youtube-Szene für strengere Werbe-Regeln im Netz ein. Dabei bestehen schon jetzt eindeutige Gesetze für die Werbemaschinerie.

Jan Böhmermann rechnet Gewinne vor

Eine beeindruckende Gebrauchsanleitung der Werbemaschinerie auf Youtube hat der ZDF-Moderator Jan Böhmermann im Februar dieses Jahres in seiner Sendung „Neomagazin Royale“ präsentiert. Der Darstellung Böhmermanns nach, versorgen Manager und Kanalnetzwerke die Produzenten der Videos mit Aufträgen von Unternehmen . Der Youtuber hält ein Produkt in die Kamera und erzählt dann, wo es dieses zu kaufen gibt. Am Beispiel der Videoproduzentin Bibi zeigt Böhmermann, was Youtuber theoretisch mit dieser Werbung verdienen können. Wenn ein Zuschauer über den Link zum Onlineshop komme und zum Beispiel die 250-Euro-Uhr dort bestelle, erhält die Youtuberin eine Provision. Für Schmuck und Uhren zahlt Amazon einem Bewerber 10 Prozent des Verkaufspreises. Wenn nun ausreichend Zuschauer die Uhr über diesen Link bestellen, könne laut Böhmermann schnell eine fünfstellige Summe zusammen.

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Sowohl Bibi wie auch die erfolgreichste deutsche Youtuberin Dagi Bee haben in der Vergangenheit auch so genannte „Haul“-Videos veröffentlicht. Kurz gesagt präsentieren die Videoproduzenten in den Videos, was sie so beim letzten Einkauf ergattert haben. Unter dem Stichwort „dm Haul“ findet man bei Youtube etwa 240.000 Videos, „Hauls“ von den Konkurrenten Rossmann oder Müller Drogerie findet man nur rund 40.000 beziehungsweise 60.000 Beiträge.

Doch es gibt auch Youtuberinnen, die ganz andere Produkte und Dienstleistungen erwähnen. Auf dem Kanal „Pelican Bay“ sieht der Zuschauer eine junge Frau, die gerne Einkäufe von Drogerieketten in die Kamera hält, in einem anderen Video präsentiert sie aber auch ihre Brüste. So spricht sie über ihre Erfahrungen mit einer Brust-OP, um gleichzeitig in der Beschreibung des Videos auf eine Düsseldorfer Schönheitsklinik zu verweisen. Auch interessant: YouTuber soll minderjährige Fans missbraucht haben

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Produkte werden auf Youtube hauptsächlich auf drei Arten präsentiert: als vorgeschalteter Werbeclip, durch so genanntes „Branded Entertainment“ (frei übersetzt: markengestützte Unterhaltung) oder durch Produktplatzierung. Während die Werbeclips vor einem Video ablaufen und klar als solche zu erkennen sind, wirken die beiden weiteren Werbeformen wesentlich subtiler. Beim Branded Marketing erstellt eine Firma einen Youtube-Kanal und lädt die Stars ein, in Videos der Firma mitzuwirken. So hat der Deodorant-Hersteller Axe etwa für ein Video die Youtuber Gronkh und Sarazar einen Clip drehen lassen. Bei Produktplatzierungen erhalten die Protagonisten der Videos Geld dafür, dass sie bestimmte Produkte im Video präsentieren oder diese rezensieren.

So viel Geld bekommen Youtuber für ein kurzes Video

Wie viel genau eine Youtuberin dafür bekommt, dass sie beispielsweise einen Lippenstift empfiehlt, ist Verhandlungssache. Insider sprechen jedoch davon, dass das Honorar in der Regel mindestens so hoch ist wie die Vergütung die Youtube ausschüttet. Für ein Video mit 500.000 Klicks kann ein Produzent konservativ geschätzt 1500-2000 Euro von der Videoplattform erwarten. Für eine Produktplatzierung müssten also auch etwa 1500 Euro gezahlt werden. Insider berichten, dass es sogar Preislisten gebe, die genau darlegen, wie viel eine Firma für eine kurze Szene mit einem Youtuber zahlen muss. Je mehr Abonnenten dieser habe, desto mehr müssten die Firmen auch zahlen.

Die Vermittler zwischen Marken und Videoproduzenten sind so genannte Netzwerke. Sie kümmern sich um die Produktion der Videos, um Auftritte und eben auch um Werbeverträge. Eines dieser Netzwerke ist Studio71, eine Tochter von ProSiebenSat1. Matthias Bolig, Pressesprecher der Sendergruppe erklärt gegenüber unserer Redaktion, wie werbliche Videos entstehen: „Marken kommen mit einer ersten Idee oder einem Konzept auf uns zu und in Workshops erarbeiten dann den konkreten Plan für eine Kampagne“. Es sei aber mittlerweile auch üblich, dass die Youtuber selbst mit Ideen für Werbung an die Netzwerke herantreten und diese dann die Marken kontaktieren. Viele Netzwerke beschäftigen deshalb auch Mitarbeiter, die sowohl eigene Videos produzieren wie auch Werbekonzepte für andere Youtuber entwickeln. Doch egal, wie der Kontakt zustande kommt, „wenn man wirbt, sollte man das offen tun“, sagt Matthias Bolig. Studio71 verfahre da genau so wie die Sender Sat.1 und ProSieben. Wenn ein Youtube-Video von einer Marke gesponsert sei, so werde dies genau so eingeblendet, wie bei „Schlag den Raab“ auf ProSieben.

Gesetze sind eindeutig

Doch längst nicht alle Netzwerke und Youtuber kennzeichnen Werbung. Dabei schreibt das Telemediengesetz eindeutig vor, dass Werbung in Internetvideos deutlich gekennzeichnet werden muss. „Ordnungswidrig handelt, wer absichtlich entgegen 36 Abs. 2 Satz 1 den Absender oder den kommerziellen Charakter der Nachricht verschleiert oder verheimlicht“, heißt es wörtlich. Gleiches gilt für Gewinnspiele, Rabatte und Geschenke. Wer gegen das Telemediengesetz in diesem Punkt verstößt, dem drohen Bußgelder von bis zu 50.000 Euro.

Obwohl die Kennzeichnung gesetzlich vorgeschrieben ist, sind nach Angaben der Landesmedienanstalten bisher keine Beschwerden bei der Behörde eingegangen, Bußgelder wurden noch nicht verhängt.

Die Behörde könnte theoretisch auch selbst aktiv werden und Bußgeldverfahren anschieben, tut dies aber nach Angaben ihres Sprechers bewusst nicht. “Wir stehen in engem Kontakt mit Youtubern wie etwa Dagi Bee“, sagt Peter Widlok von der gemeinsamen Geschäftsstelle der 14 Landesmedienanstalten. Bei vielen großen Youtubern, wie auch Sami Slimani, sei mittlerweile die Einsicht eingekehrt, dass verschleierte Werbung auch Sympathien kosten könnte. Den Landesmedienanstalten schwebt vor, dass Werbung in Zukunft stärker gekennzeichnet wird. Geht es nach den Behörden, läuft also bald ein digitales Mainzelmännchen durchs Bild und krächzt den Ausruf „Werbung!“ ins Bild. Bis es soweit ist, klären die Landesmedienanstalten aber erstmal auf. Sie setzen auf Selbstkontrolle. Sowohl einigen Youtubern, vor allem aber die Zielgruppe der großen Stars - Kinder und Jugendliche - könne nicht zwischen Werbung und redaktionellem Inhalt unterscheiden. Bei einigen Behörden, bearbeiten deshalb auch die Experten die Themen Werbung und Jugendschutz in Personalunion.

YouTuber ergreifen selbst Initiative

Einige Youtuber wie Unge und LeFloid wollen nicht warten, bis die Informationskampagne der Behörden greift oder eine Klagewelle losgeht. So hat Unge angekündigt, Videos mit Produktplatzierung oder gesponsorten Rezensionen mit der Einblendung “Dauerwerbesendung” zu kennzeichnen. In einem ersten Video über das Videospiel “Minecraft Poket Edition” hat er dies bereits getan. LeFloid distanziere sich bei der ZDF-Sendung Frontal21 von umstrittenen Werbeformen. Er selbst hatte bereits Glaubwürdigkeit bei seinen Fans eingebüßt, nachdem er für eine Chips-Marke geworben hatte. “Jeder, der Idolfunktion hat und geht auf ein solches Geschäft ein, ist in meinen Augen nicht tragbar und auch sehr dumm”, sagte der Youtuber.