Washington . Warum die Schauspielerin Leah Remini nach 30 Jahren die Scientology verließ? Wegen Tom Cruise, wie sie in ihrem neuen Buch eröffnet.

Mission: Impossible. Tom Cruise feiert im nächsten Jahr ein Jubiläum, das definitiv keinen „Oscar“ bekommen wird: 30 Jahre Scientology. Im vom ehemaligen Science-Fiction-Autor L. Ron Hubbard gegründeten Psycho-Kult ist der kleinste Kassen-Magnet unter Hollywoods Giganten nach seinem Einstieg 1986 zum tief gläubigen Promi-Aushängeschild aufgestiegen. Und zur rechten Hand des als despotisch und größenwahnsinnig geltenden Sektenführers David Miscavige. So was hat Folgen.

„Wenn du Tom Cruise kritisierst, kritisierst du Scientology, du bist des Teufels“, sagt Leah Remini. Die amerikanische Schauspielerin, auch in Deutschland bekannt aus den TV-Serien „Cheers“ und „King of Queens“, hat sich vor zwei Jahren von der Sekte abgenabelt. Nicht ohne, wie andere Aussteiger vor ihr, verbrannte Erde zu hinterlassen und vor der destruktiven Glaubensgemeinschaft zu warnen. Remini geht noch einen Schritt weiter. In ihrem neuen Buch erklärt die 45-Jährige, dass sie vor allem wegen Tom Cruise gegangen ist.

Störenfried auf der Hochzeit von Katie Holmes

Wie Remini bei dem gerade für die zweite Verfilmung der Jack Reacher-Romane von Lee Child vor der Kamera stehenden Mimen in Ungnade fiel, klingt piefig und bizarr. Auf der Hochzeit des Stars mit Katie Holmes 2006 auf einem italienischen Schloss fragte die als 8-Jährige von ihrer alleinerziehenden Mutter Vicky zu Scientology geführte Remini unvermittelt nach dem Abbleiben von Shelly. Die Gattin von Scientology-Boss Miscavige gilt seit Ewigkeiten als vermisst. Sekten-Kritiker glauben, sie sei entweder eines nicht natürlichen Todes gestorben. Oder werde von der Sekte gegen ihren Willen festgehalten. Als Antwort bekam Remini ein dröhnendes „Geht Dich gar nichts an“ zu hören.

Als sie dann auch noch die Sitzordnung durcheinander brachte, um ihre Busen-Freundin Jennifer Lopez nebst Damals-Gatte Marc Anthony näher an ihren Tisch zu lotsen, war der Ofen aus. Remini wurde als Störenfried identifiziert. Beim Abschied verweigerten Holmes/Cruise den Handschlag.

Interview mit TV-Sender ABC

Der Rest riecht nach einer Mischung von Stasi und James Bond. Die frisch gebackenen Eheleute schwärzten Remini mit einem Strafzettel („Knowledge Report“) bei der obersten Heeresleitung an. Konsequenz: Remini, zu dieser Zeit in der Scientology-Hierarchie schon ein ziemlich erleuchtetes Wesen der „Operating Thetan Stufe 3“, wurde im Sekten-Hauptquartier in Clearwater/Florida zu langwierigen Psycho-Umerziehungkursen verdonnert. Es erübrigt sich zu betonen, dass Scientology sämtliche Vorwürfe zurückweist.

„In diesem Augenblick sah ich die Risse in unserer Kirche. Ich erkannt, dass Miscavige und Cruise Scientology zu Fall bringen“, sagte Remini am Freitagabend in einem seit Tagen in der Klatschpresse annoncierten Interview mit dem TV-Sender ABC.

Dessen Hauptzweck war es, Reminis in Kürze erscheinende Aussteiger-Beichte („Troublemaker: Surviving Hollywood and Scientology”) zu bewerben.

Interessantes Detail: Katie Holmes, die sich 2012 von Cruise scheiden ließ, auch um ihre gemeinsame Tochter Suri dem Zugriff der aggressiven Sekte zu entziehen, hat sich bei Remini für ihre Denunzierung aus dem Jahr 2006 entschuldigt. „Es tut mir leid, Leah aufgeregt zu haben - ich wünsche ihr nur das Beste für ihre Zukunft“, sagte sie in einer Erklärung. Es war ihr erster Kommentar über Scientology nach der Trennung von Cruise.

Auch Remini erfuhr Repressalien

In der Sache erfährt man in Reminis Rechenschaftsbericht nichts, was nicht schon (besser geschrieben und belegt) in Lawrence Wrights Standard-Werk gestanden hätte. Als der Pulitzerpreis-Träger 2013 „Im Gefängnis des Glaubens“ vorlegte, wurde zum ersten Mal bis ins Kleinste ausgeleuchtet, wie der absurde Ideologie-Gulag Scientology funktioniert. Und wie viel Wert David Miscavige darauf legt, Prominente wie Tom Cruise oder John Travolta als Megafon zu installieren, um die 75 Millionen Jahre alte Weltverbesserungsbotschaft rund um den galaktischen Herrscher Xenu trotz sinkender Mitgliedszahlen weiter im öffentlichen Bewusstsein zu halten. Wright sprach für sein Buch mit über 200 aktuellen und ehemaligen Sekten-Gängern. Der Wahnsinn, den sie schildern, das Ausmaß der Entwürdigung und Persönlichkeits-Deformation, fand erst vor kurzem in Alex Gibneys Dokumentation „Going Clear“ seine verfilmte Sprache.

Dass der Sprung in die Freiheit für Ex-Scientologen mit Repressalien verbunden ist, musste auch Leah Remini erfahren. In öffentlichen Stellungnahmen bezeichnet Scientology die Abtrünnige als „selbstsüchtige Lügnerin“. Ober-Scientologin Kirstie Alley, Schauspielerin aus der Serie „Cheers“ und einst eine gut Freundin, nennt Remini eine „abstoßende Fanatikerin“. Die aus Brooklyn stammende Künstlerin will sich davon nicht schrecken lassen. Selbstbewusst wie in ihrer Rolle an der Seite von Kevin James in „King of Queens“ sagt sie: „Ich halte nicht den Mund.“ Ganz anders Tom Cruise. Der schweigt. Was für ein schlechter Film.